laut.de-Kritik

Die Schweden pinkeln auf ihr Erbe.

Review von

Die Schweden von Ace Of Base waren immer mehr als nur ein "guilty pleasure" der 90er. Natürlich liegt das Erfolgsalbum "Happy Nation" mittlerweile 17 Jahre zurück, da geht so etwas freier von der Zunge. Trotzdem: Innerhalb ihres beschränkten Spektrums des synthiegestützten Dance-Pop zeigten sich die Herren und Damen nicht gerade virtuos, aber stets mit dem richtigen Riecher für eingängige Sounds.

Wenn Hits wie "Cruel Summer", "All That She Wants" oder "The Sign" längst 90er- und Bad-Taste-Parties bevölkern, ist das völlig okay. Ace Of Base sorgen immerhin weiterhin für ein Lächeln sowie betrunken-spastische Dancemoves. Fast zwei Dekaden später machen sich die Kumpel Jonas Berggren und Ulf Ekberg daran, ihr unsterbliches Erbe einzustampfen, mit Pech und Öl zu übergießen und mit brennenden Fackeln anzuzünden. Genauer gesagt vollzieht diese Gräueltat das neue Album "The Golden Ratio".

Der Titel steckt voller Ironie, bedenkt man, dass sie ihrer Vergangenheit ein uninspiriertes Machwerk aufpropfen – mit Vernunft hat das nichts mehr zu tun. Überhaupt hätten sie das Album "The Golden Shower" nennen sollen, da sie offensichtlich auf das kulturelle Erbe der Neunziger pinkeln.

Die Sängerinnen tauschte man zwar klammheimlich aus, der Ansatz bleibt aber derselbe. Hier und dort spürt man tatsächlich die Unbeschwertheit früherer Zeiten. Der ebenfalls vor Ironie strotzende Titel "Blah, Blah, Blah On The Radio" verfolgt das Erfolgsrezept von damals. Ein wenig Urlaubsfeeling ("Our tropic night will last forever") und Spielereien auf dem Synthesizer durchströmen den Titel, jedoch verhindern die Durchschnittsstimmen von Clara Hagmann und Julia Williamson eine überschwängliche Begeisterung.

Der Titeltrack "The Golden Ratio" klingt durchweg gagaesk. Als hätten schlaue Labelchefs "Pokerface" und "Bad Romance" miteinander verkocht und anschließend den wohlschmeckenden Rahm abgeschöpft. Den Rest haben sie offensichtlich nach Schweden verkauft, weshalb ich es mir jetzt anhören darf.

Für "Mr. Replay" und "Precious" haben Ekberg und Berggren den Pseudo-Reggae-Joker gezogen, der den Bogen zu ihrem ersten Nummer-1-Hit "All That She Wants" schlägt. Des Weiteren gibt es mit "Black Sea" eine nette Dance-Nummer, die wohl nicht nur dem Titel nach auch in bulgarische Bumms-Diskos passen würde. Die Balladen "Juliet" und "Who Am I" hätte man sich, wie zu erwarten war, sparen können. Dafür waren Ace Of Base noch nie bekannt - mit Recht.

Trackliste

  1. 1. All For You
  2. 2. Blah, Blah, Blah On The Radio
  3. 3. The Golden Ratio
  4. 4. Southern California
  5. 5. Told My Ma
  6. 6. Black Sea
  7. 7. One Day
  8. 8. Juliet
  9. 9. Precious
  10. 10. Vision In Blue
  11. 11. Mr. Replay
  12. 12. Who I Am
  13. 13. Doreen

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9 Kommentare

  • Vor 13 Jahren

    "Überhaupt hätten sie das Album "The Golden Shower" nennen sollen, da sie offensichtlich auf das kulturelle Erbe der Neunziger pinkeln."

    :)

  • Vor 13 Jahren

    "Der Titel steckt voller Ironie, bedenkt man, dass sie ihrer Vergangenheit ein uninspiriertes Machwerk aufpropfen ? mit Vernunft hat das nichts mehr zu tun."

    Genau so wenig wie der Titel. Nochmal "golden ratio" googlen bitte.

  • Vor 13 Jahren

    Ich hab iwie den Eindruck,dass bei den Major-Labeln die Kampfkassen für neue Talente leer sind und deswegen der alte Kram wieder rausgeholt wird.
    Das spart Geld,weil man ja nicht erst den Namen neu aufbauen muss.Mochte AOB früher schon net,darum würde ich mir garantiert auch nicht das neue Album kaufen.

  • Vor 13 Jahren

    nett geschriebener artikel, alles gesagt mit bissigem humor und der richtigen würze, trotzdem nicht unter niveau
    (sollte sich der nena-rezensent mal was abgucken von)

  • Vor 13 Jahren

    @music maker: ABBA der 90er jahre, das habe ich damals auch schon oft gehört. Beide Bands lernte ich etwa zur gleichen Zeit kennen. :D Naja, als ich letztens Werbung zum neuen Album sah, fand ich das ganz angenehm: Alte Bekannte sieht man immer ganz gerne. 90er-Jahre Mist sehe ich hinsichtlich auf meine damalige Kindheit auch eher mit einem sentimental-nostalgischen Auge. Sicherlich ist es Mist, aber damals fuhren alle drauf ab. Und man selbst fand die Musik cool...Kindheit eben. Dass AoB sich jetzt dem zeitgeist anpassen, finde ich zwar schade, auch wenn es logisch ist, schließlich geht es um Geld, aber man kann die Band ja auch einfach ignorieren. Allerdings stelle ich mir gerade vor wie die Band alternativ ein neues Album macht und genau wie damals klingt. DAS hätte sogar was gehabt. :D

  • Vor 13 Jahren

    Es wäre besser gewesen, Ace of Base ruhen zu lassen.
    Die großen Hits sind Geschichte, auch wenn ich so manchen Song heute gerne noch höre und Beautiful Life nach wie vor mein Favorit ist. Da äußert sich wohl eine gewisse Liebe zum Trash :)