laut.de-Kritik
Der Ex-187er vernachlässigt konsequent seine Stärken.
Review von Dominik LippeAchtVier sitzt der Schalk im Nacken. Schon beim letzten Album "Der Alte Achti, Vol. 1" zog er Hans Albers grüßend mit MC Bomber eine Runde um den Pudding. So viel schelmische Selbstironie erscheint innerhalb seines leicht reizbaren früheren Kollektivs 187 Strassenbande unvorstellbar. In Zusammenarbeit mit Warner gilt es für den Steuerfreimoney-Chef nun, seine Qualitäten in die Waagschale zu werfen. Doch während er in der Promophase stets als Schlawiner vom Dienst in Erscheinung trat, fehlt es "Hyperaktiv" an Humor und Leichtigkeit.
Dabei stimmen eigentlich die Anlagen des Hamburgers. Er verfügt über eine durchaus angenehme Stimme, die auch auf Albumlänge kaum Nervpotenzial bietet. Auf Songs wie "Schepper Eine Kiste" zeigt er zudem hörbares Vergnügen daran, über die düsteren Instrumentals zu flowen. Gerade bei Live-Auftritten dürfte sich diese Freude leicht auf das versammelte Publikum übertragen lassen. Bei den Produktionen hält AchtVier es traditionell. Abgesehen von gelegentlichen Trap-Einschlägen richten sich die simplen, treibenden Beats an die Kinder der 2000er.
Das größte Manko von "Hyperaktiv" stellen die Texte dar. So liefert er mit den ersten Versen von "No Remorse" den schwächsten Album-Einstieg seit Langem ab: "Geh' mal weg mit dein' Dialekt. Rap mal nicht von Ghetto, warum bist du überhaupt so fett?" Derartige zusammenhang- wie witzlose Zeilen präsentiert AchtVier zuhauf. Im vielversprechend betitelten "Ein Königreich Aus Dreck" geht es gleichermaßen wild durcheinander. Sprachliche Bilder und Vergleiche schweben logikfrei im luftleeren Raum: "Wie ich mich auf den Mond schieße, ist doch klar wie Kloßbrühe."
Selbst im widerspruchsanfälligen Streetrap-Genre sticht AchtVier hervor. In "Hol Mich Raus" schmachtet er über ein auf Wolke 7 schwebendes Instrumental im Murmel-Flow: "Ich bin anders als die anderen, deshalb machst du jetzt Auge. Doch kannst lange warten, ich geh' nur mit einer nach Hause." Direkt darauf folgt die Aufreißer-Nummer "Pappbecher": "Bruder, frag' mal, welche Olle heut' kann. Ruf die Heißeste an und wir schmeißen zusammen." Neben derart augenfälligen und songübergreifenden Beispielen finden sich auch innerhalb der Songs Paradoxa en masse.
Zumindest lässt sich anhand von "Pappbecher" konstatieren, dass AchtVier hervorragend mit Nate57 harmoniert. Auch mit Kool Savas vollführt er eine angriffslustige "Rolle Über Hip Hop". Für den ebenfalls gerne deftig auftischenden Kollegen reanimiert der Berliner zwischen Beate Uhse und blutenden Ani seine Pornorap-Persona: "Wir gegen sie ist wie Bukkake gegen zartes Schmusen." Im Bezug auf Savas wirkt das inhaltlich zwar furchtbar antiquiert, doch zumindest erscheint es lobenswert, dass er auch in Gastparts seine Zeilen mit Durchschlagskraft durch den Takt schießt.
Ruhiger geht es in "Kommissar" zu, der für das Falco-Tribut "Sterben Um Zu Leben" etwas verspätet erscheint. Während AchtVier mit seinen Freunden unschuldig wie die Heilige Maria nur entspannt Musik hören möchte, nimmt ihn die Staatsgewalt unrechtmäßig ins Visier: "Alle flippen hier gleich aus, ihr habt die Hand an der Kanone. Keine Drogen weit und breit, doch die Hälfte liegt am Boden." Als diplomierter Küchenpsychologe hat er dafür auch eine Erklärung parat: "Du fühlst dich stark, denn zu Hause hat die Frau das Sagen. So 'ne fette Schwabbelbacke mit dick Hautausschlag."
Wie seine Ex-Kollegen auf "Sampler 4" vollführt er schließlich im "Outro" eine Vollbremsung, um damit die verbliebene innere Logik aus den Angeln zu heben. Der Gründer von Steuerfreimoney verflucht nicht nur das kapitalistische System, sondern bietet zur Akustikgitarre friedfertigen und reflektierten, aber auch kulturpessimistischen Real Talk: "Wofür gibt's denn bitte Hip-Hop? Geht's um Kunst und Kultur, interessiert dich alles nicht, denn du bist autotuneverseucht." Trotz Karrierepotenzials vernachlässigt AchtVier mit witzlosen Beiträgen somit konsequent seine Stärken.
4 Kommentare mit einer Antwort
ich verweise noch einmal auf das großartige mr rap vs achti inti
https://www.youtube.com/watch?v=QFOoF4Thlfg
achti scheint tatsächlich der sympathischte aus seiner alten gang zu sein. ich mag den ♥
und ich finde den antistressball in der Hyperaktiv-Box = bester Boxinhalt aller zeiten
Ich mag den muthafucka ja gern
https://youtu.be/KjNW1k3Ay4M
Es geht immer nur um Knete haben, nichts andres gelernt
Denn das Leben ist kein Tanzverein – John Travolta
♥
Besoffen nenn ich ihn gern ACHTBIER
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"Geh' mal weg mit dein' Dialekt. Rap mal nicht von Ghetto, warum bist du überhaupt so fett?"
Ist jawohl mla locker beste Line 2019 bisher. ahahah. so gut. ♥