laut.de-Kritik
Zurecht an der Spitze der Weltmusik-Charts.
Review von Kai KoppNoch vor dem offiziellen Erscheinungstermin steigt "Ma Yela" auf Platz eins der europäischen Weltmusikcharts. Wie ist das möglich? Die Antwort kennt der für Deutschland zuständige Promoter seines Labels: "Das Panel, welches die Charts per Voting jeden Monat neu bestimmt, ist mit Journalisten aus dem In- und Ausland bestückt. Da das Album seit einigen Monaten als Import zu haben ist, kann es vorkommen, dass etwas auf Rang eins klettert, was in Deutschland noch gar nicht erhältlich ist." Aha!
Das wäre geklärt! Kommen wir also zum wichtigeren Teil, der Musik des laut Daily Telegraph "One of the year’s most hotly anticipated world music albums." Akli D.s zweites Machwerk verschmilzt Afro, Reggae, Chaâbi Music, Maghreb Folk, Blues, Gypsy-Jazz und Gnawa-Musik. Alles klar? Wenn nein, bitte in der Bio nachlesen, was es mit Chaâbi, Maghreb und Gnawa auf sich hat. Gehen wir einfach mal davon aus, dass es Akli D. hervorragend gelingt, europäische Hörgewohnheiten mit den Musiktraditionen seines Herkunftslandes Algerien zu verweben.
Diese Kunst beherrscht auch sein Worldmusic-Kollege Manu Chao. Beide lernen sich auf einem Festival kennen, bei dem Chao das Potential des Kabylen erkennt. Er bietet ihm an "Ma Yela" zu produzieren und verpasst dem farbenfrohen Album einen ausgewogenen Gesamtsound, der alle Ansprüche europäischer Ohren erfüllt.
Der Opener des Albums, "Salam", betört ab der ersten Note mit seinem lässig-shuffelnden Groove, der wohlig-warmen Streicher-Hookline, dem Ohrwurmrefrain und den französischen Strophen-Raps. "C. Facile" hüpft deutlich beschwingter durchs Zimmer. Der fröhliche musikalische Ausdruck steht eigentlich im Widerspruch zur textlichen Aussage, die die Umstände der Entwurzelung Akli D.s von seiner Heimat und des Lebens im Exil beschreiben. Eigentlich! Denn Akli D. ist für die lebensbejahende Art bekannt, seine biografischen Erlebnisse in Worte zu packen. Latin-Anleihen paaren sich hier mit Elementen der Zigeunermusik. Gypsy-Jazz eben und ein Tribut an alle Nomaden dieser Welt.
"Good Morning Tchétchènia" schildert den Krieg aus der Sicht eines tschetschenischen Kindes, das den Horror um sich herum nicht begreift. Er versteht es eben, ein schweres Thema leicht zu transportieren. "Ar Paris" ist die vertonte Liebeserklärung von Akli D. an seine Wahlheimat. Gekonnt packt er seine Zuneigung für den Ort an dem er seinen Frieden fand in lyrische Worte. Nicht umsonst haftet ihm der Titel "der kabylische Poet" an.
"Malik" erzählt, auf der Basis eines relaxten Reggae-Beats, die Geschichte von Malik Oussekine, einem pazifistischen Student, der bei Demonstrationen 1986 durch die Polizei getötet wurde. Die traurig-schöne Ausdruck von "Malik" unterstreicht abermals Akli D.s Fähigkeit, dem Leid etwas Schönes gegenüber zu setzen, das es ermöglicht, das Erlebte zu verarbeiten. Er verurteilt nicht, sondern unterstreicht, dass man aus der Geschichte lernen muss.
Fazit: "Ma Yela" hat seinen Platz an der Spitze der Weltmusik-Charts wahrlich verdient. Endlich kann man sich auch in Deutschland von den Geschichten und Liedern des Wahl-Parisers Mut machen lassen. Denn: Wer keinen Mut zum Träumen hat, hat keine Kraft zu kämpfen.