laut.de-Kritik

Die Pop-Ikone mit der unvergleichlichen Stimme feiert ihr Comeback.

Review von

Als bekennender 80er-Fan war ich freudig erregt, als ich die Kunde von einem neuen Alison Moyet-Album vernahm. Erinnerte ich mich doch sofort an Nummern wie "Invisible" oder "Is This Love?" - unvergessliche Popsongs aus jener Dekade. "Hometime" heißt Alisons fünfte Soloplatte und sofort fühle ich mich der Musik heimatlich verbunden und assoziiere die alten Zeiten. Also nichts wie rein mit dem Silberling in den CD-Spieler.

Doch bereits nach den ersten Klängen vom Opener "Yesterday's Flame" bin ich etwas enttäuscht. Statt der erwarteten Popmusik mit Mitsing-Garantie nach dem zweiten Refrain bekommen meine Ohren eine schwer zugängliche Nummer zwischen Chill und Jazz zu hören. Nächster Versuch: "Should I Feel That It's Over" heißt die Nummer, Eine sehr schöne, getragene Pop-Ballade, die geradezu nach der ersten Singleauskopplung schreit, und große Lust auf "More" macht. Nach Verzehr der übrigen Songs legt sich die erste Begeisterung aber wieder.

Zu deutlich ist für meinen Geschmack die Handschrift der Produzenten The Insects, die durch ihre Zusammenarbeit mit Massive Attack und Goldfrapp bekannt wurden. Stücke wie das sehr chillig wirkende "Ski" oder der jazzige Titelsong "Hometime", der stark an die Zeiten von "That Old Devil Called Love" erinnert, als Alison mit der Jazz-Band von John Altman durch die Gegend tourte, sind es dann, die mich von der Platte Abstand nehmen lassen. Das endgültige Aus jedoch erfährt die Scheibe nach dem letzten Track. Das auf französisch in bester Chanson-Manier vorgetragene "Si Tu Ne Me Reviens Pas" wirkt in diesem Kontext überaus befremdlich.

Ohne 80er-Brille zeichnet sich allerdings ein anderes Bild. Denn das Album besticht zum einen durch seine musikalische Abwechslung und Eigenheit, die jeden der Songs zu einem auditiven Erlebnis macht. Die Pop-Ikone Alison Moyet, die mit Yazoo einst die Dance-Musik revolutionierte und auf eine nunmehr 20-jährige Karriere zurück blickt, lässt sich nicht in eine musikalische Schublade stecken, aus der sie bei jeder Neuveröffentlichung einfach heraushüpft. Diese Frau hat es auch nicht nötig, nach achtjähriger Abstinenz ein Mainstream-Album auf den Markt zu werfen, das alle lieben und keinem weh tut. Nein, diese Frau hat viele Facetten und Gesichter, die eines entsprechenden musikalischen Ausdrucks bedürfen.

So mischen sich auf "Hometime" verschiedene Elemente von Pop über Blues bis Jazz und von Chill bis Chanson und das Album erscheint trotzdem oder gerade deswegen als ein äußerst homogenes Werk. Zudem ist da die unvergleichliche Stimme Alison Moyets, die jedes Stück zu einem Ohrenschmaus macht - so sinnlich wie auf "Bilan" war sie noch nie zu hören. Alison Moyet in Höchstform. So entscheidet nun, ob ihr Brillenträger seid oder nicht.

Trackliste

  1. 1. Yesterday's Flame
  2. 2. Should I Feel That It's Over
  3. 3. More
  4. 4. Hometime
  5. 5. Mary, Don't Keep Me Waiting
  6. 6. Say It
  7. 7. Ski
  8. 8. If You Don't Come Back To Me
  9. 9. Do You Ever Wonder
  10. 10. The Train I Ride
  11. 11. You Don't Have To Go
  12. 12. Bilan
  13. 13. Si Tu Ne Me Reviens Pas

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