laut.de-Kritik
Ein Lieder-Panoptikum mit höchstem Unterhaltungswert.
Review von Erich RenzAmanda Palmers Kunstsinn lässt sich nicht auf ein Album bannen. Er offenbart sich in einer wandernden "Pop-Up"-Ausstellung, bei der Kunstwerke gezeigt werden, die von Palmers "Theatre Is Evil" beeinflusst sind. Dazu folgen eine 18-monatige Welttournee und Videos sowie Remixes zum aktuellen Album, das über die Crowdfunding-Website Kickstarter vorfinanziert wurde.
Die beinahe 1,2 Millionen Dollar, die am Ende zusammengetragen waren, sprechen für sich und Palmers Fangemeinde, die für sie eine besonders digitale Herzenssache ist: 150.000 Facebook-Freunde, 650.000 Twitter-Follower und die legendären Palmer-Blogs – hier scheinen Künstlerin und Kunstsuchende auf Tuchfühlung zu gehen.
Das "Theatre Of Evil" kündigt sie auf deutsch an: "Meine Damen und Herren! Wie könnte ich meine Pulsadern aufschneiden, wenn ich nicht aufhören kann zu tanzen?" Palmers Punk-Cabaret steht das "Grand Theft Orchestra", ein Instrumentenallerlei aus Hörnern, Geigen, Celli und Trompeten bei.
Mit ungeschönter Brachialgewalt und spielerischer Epik bekleidet Palmer ihre Vaudeville-Show, die jeden Heller wert ist, den die 24.000 Mäzene via Schwarmfinanzierung in sie gesteckt haben. Sie ist gemacht für kleinere Singspiele ("Trout Heart Replica", "The Bed Song") und großangelegte Broadway-Inszenierungen ("Do It With A Rockstar", "Olly Olly Oxen Free").
Was Palmer mit "Theatre Is Evil" aus dem Hut zaubert, ist ein Lieder-Panoptikum mit höchstem Unterhaltungswert, in dem pure Anarchie waltet. 15 Songs, die sich in ihrem erzählerischen Aufwand zu einer unendlichen Geschichte zusammenspinnen und in ihren Harmonieschwankungen unberechenbar sind wie die Launen eines Irrwischs.
Wem das alles zu viel ist, der höre ins siebenminütige "Berlin" hinein: Es fasst die kaleidoskopischen Gesten des gesamten Albums zusammen - Klavier-Ballade, Bläser-Trauben und Rock-Megalomanie. Ja, das geht alles unter einen Hut. Nahtlos vogelwild verbunden.
11 Kommentare
Und trotzdem könnte sie sich mal die Achseln rasieren.
Der ihr Genöle war mir schon bei den Dresden Dolls zuwider. Aber hey - sie ist ein echter Artist, sie macht schließlich Nacktvideos...
Ihre Art kann ich auch nicht unbedingt gut ab. Trotzdem ist sie eine wunderbare Musikerin und vielseitige Künstlerin. Und solange sie sich nicht die Achseln rasiert und künstlerische Nacktvideos dreht, hält sie wenigstens den gemeinen Populärpöbel von ihren Konzerten fern
Auf die Platte bin ich jedenfalls sehr gespannt. Nicht all zu oft bekommt man Werke von Musikern zu hören, die genau so sind wie sie beabsichtigt waren.
Oha, das Nacktvideo so kurz vor Release - ist so ein Promo-Stunt einer Fr. Palmer würdig? Und das Achselhaare-Ding ist durch, viel wichtiger wäre es, wenn sie sich ein paar Augenbrauen wachsen lassen würde!
Achselhaare hin oder her - ich bin schwer verliebt.
@HarriVedertschi (« Achselhaare hin oder her - ich bin schwer verliebt. »):
Perverser !