laut.de-Kritik

Die schwedischen Vorzeigewikinger plündern alle Genres.

Review von

Die schwedischen Vorzeigewikinger Amon Amarth waren einmal die Retter des kantigen Melodic Death Metal. Mit "Versus The World" hatten Rauschebart Johan Hegg und Co. ihr Pulver aber recht schnell verschossen. Es folgte gebetsmühlenartig wiederholtes Mid-Tempo statt knackigem Songwriting, Pseudo-Wikinger-Geprolle statt lehrreichem Geschichtsunterricht, Einfallslosigkeit statt Ideenreichtum.

Dass das zum Plündern ausgesegelte Flaggschiff aus Stockholm noch einmal wirklich überrascht, hätte ich nicht mehr gedacht. Doch wenn der 08/15 Melo-Death Opener "War Of The Gods" samt seinen Maidenesken Soloeinlagen erst einmal durch die Gehörgänge gerauscht ist, entfachen Amon Amarth auf "Surtur Rising" einen Akustiksturm der Sonderklasse. "Tock's Taunt" überzeugt mit den bandtypischen Gitarren-Hooks, beherbergt zig Tempowechsel, integriert einen geruhsamen Akustikteil und galoppiert zwischenzeitlich so feurig vorwärts, dass dem "The Avenger"-Maniac Tränen in den Augen stehen.

"Destroyer Of The Universe" ist eine Highspeed-Schlachtplatte sondergleichen. Die Twin-Gitarren duellieren sich hervorragend mit Fredrik Anderssons Doublebass-Geknüppel und Johan Heggs variabler Vokal-Leistung. Das hymnische "Slaves Of Fear" macht daraufhin einen wohltuenden Schritt zurück. Die Gitarren braten majestätisch und erhaben über dem rhythmischen Schlagzeug, dazu gesellt sich auch ein pumpender Basslauf von Ted Lundström. Mit "Live Without Regrets" wickelt sich das Nordland-Kommando wieder in trockene Tücher und klingt etwas zu hitverdächtig und austauschbar. Wikinger-Bubblegum-Metal eben.

Die absolute Sensation gelingt den Söhnen Odins aber mit dem zähflüssigen "The Last Stand Of Frej", auf dem sie die sicheren Pfade des kommerziellen Viking Metal verlassen und sich in einer unerwarteten Doom-Elegie suhlen. Entgegen der üblichen Bandphilosophie gehen die Jungs bewusst progressiv und dissonant vor und erinnern weitläufig sogar an die viel zu früh verstorbene Legende Quorthon und dessen unvergessliches Projekt Bathory.

"For Victory Or Death" klingt wieder stark nach Schema F, neben den typischen Mitgröl-Refrains überrascht vor allem das zuckersüße Keyboard-Geklimper, das dem Song viel von seinem Drive und seiner Ernsthaftigkeit nimmt. Auf "Wrath Of The Norsemen" verstrickt sich das Quintett wieder in purem Minimalismus. Ein treibender, eher unaufgeregter Rhythmus mit tiefer gelegten Hegg-Vocals und einem herrlich todmetallischen Mittelteil, der leider viel zu kurz ausfällt.

Auch in das kompromisslose und aggressive "A Beast Am I", das am Ende mit einem beruhigenden Akustikpart ausgefadet wird, sickert wieder Variabilität ein. Mit dem abschließenden "Doom Over Dead Man" beschreiten Amon Amarth noch einmal unentdeckte Pfade. Von Streichern unterstützt und in voller Absicht auf Epik getrimmt, steigt auch Johan Hegg auf Halbgas um, um den langjährigen Fan endgültig zu paralysieren. Wir bedanken uns bei der Band für die ungewohnte Diversität und den Mut, endlich aus dem gängigen Songwriting-Schemata ausgebrochen zu sein.

Trackliste

  1. 1. War Of The Gods
  2. 2. Tock's Taunt - Loke's Treachery Part II
  3. 3. Destroyer Of The Universe
  4. 4. Slaves Of Fear
  5. 5. Live Without Regrets
  6. 6. The Last Stand Of Frej
  7. 7. For Victory Or Death
  8. 8. Wrath Of The Norsemen
  9. 9. A Beast Am I
  10. 10. Doom Over Dead Man

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10 Kommentare

  • Vor 13 Jahren

    Ganz Nett, aber im Vergleich zu 'Once Sent From the Golden Hall' halt irgendwie langweilig.

  • Vor 13 Jahren

    Diese Kritik vertritt ziemlich genau das Gegenteil meiner Meinung. Für mich eine (im Vergleich zu den letzten beiden Alben) recht durchwachsene Scheibe, bei der man mit einigen Lieder erst so richtig warm werden muss. Speziell "The Last Stand of Frej" und "Doom over Dead Man" finde ich überhaupt nicht gelungen, dafür rockt der Opener ordentlich ab und auch Destroyer of the Universe gefällt mit sehr. Vielleicht ist das Album wirklich eher etwas für die Fans der älteren Alben, von denen ich noch nicht allzuviel mitbekommen habe.

  • Vor 13 Jahren

    4/5 Sterne geht klar. Die beiden Vorgänger-Alben waren definitiv sehr viel besser, als der Autor hier darlegt.

    Aus meiner Sicht ist das einzige Problem an Amon Amarth, dass sie nie wieder an die Härte in Kombination mit absolut genialen Melodien von "The Avenger" herangekommen sind. Trotzdem: Absolut geniale Band und gute aktuelle Scheibe. Mein Highlight ist aktuell "Töck"s Taunt", doch auch die Vorab-Single "War Of The Gods" rockt derbe und wird hier zu Unrecht geschmäht.