laut.de-Biographie
Amon Amarth
Wer sich mit dem Tolkiens Klassiker "Der Herr der Ringe" etwas auskennt, wird sich vermutlich erinnern, dass Amon Amarth, der Berg des Schicksals, eine Rolle in diesem Meisterwerk spielt. Für eben diesen Namen entscheiden sich 1992 die Herren Olavi Mikkonen (Gitarre), Nico Kaukinen (Drums), Johan Hegg (Vocals), Anders Hansson (Gitarre) und der ehemalige Eternal Oath-Basser Ted Lundström im beschaulichen, südlich von Stockholm gelegenen Tumba.
Amon Amarth voran geht eine Band, die mit Scum betitelt war. Das erste Demo erblickt nie das Licht der Welt, da die Soundqualität eher den Blähungen eines Elchs entspricht. So erscheint das erste musikalische Lebenszeichen der Wikinger erst 1994. Dummerweise wird ihnen ein Jahr später das komplette Equipment aus dem Proberaum geklaut, was sich auf Dauer ziemlich schlecht macht und die Jungs dazu zwingt, sich komplett neu mit Instrumenten und Kram einzudecken.
Kaum getan, unterschreiben sie einen Vertrag für eine MCD beim in Singapur (!) ansässigem Pulverized Label und schreddern im Abyss Studio bei Peter Tägtgren (Hypocrisy, Pain) "Sorrow Through The Nine Worlds" ein. Die Scheibe erscheint 1996 und bietet netten, aber keineswegs zwingenden Death Metal. Das 'Sonnenkreuz' auf dem Cover sorgt für einige Aufregung, sieht es einem bekanntlich rassistischen Symbol doch sehr ähnlich. Doch damit hat die Band definitiv nichts am Hut.
Nico verlässt im Sommer 1996 die Band und macht Platz für Martin Lopez, der kurz vor dem Wechsel zu Metal Blade Records zur Band stößt. Das erste Album für das neue Label prügeln die Schweden im Sunlight Studio ein und nennen es "Once Sent From The Golden Hall". Da der Sound aber mehr als armselig gerät, kehren sie ins Abyss Studio zurück, um noch einmal neu abzumischen. Zusammen mit den Knarzköpfen von Deicide, Six Feet Under, Brutal Truth und Naglfar geht es quer durch Europa. Kurz nach Beendigung der Tour macht sich Anders auf und davon, aber in Johan Söderberg finden Amon Amarth schnell adäquaten Ersatz.
Doch auch Drummer Martin bleibt nicht lange dabei, er nimmt ein Angebot von Opeth wahr. Glücklicherweise steht mit Fredrik Andersson (Ex-A Canourous Quintet) schnell ein fähiger Mann auf der Matte, und es geht wieder ab ins Abyss Studio, um "The Avenger" einzuspielen. Die Scheibe ist mit knappen 35 Minuten zwar recht kurz, knüppelt in der Zeit aber mächtig auf den Punkt und sichert Amon Amarth einen Platz auf dem Wacken Open Air und eine Tour auf den X-mas Festivals 1999.
Nach einer kleineren Headliner-Tour stehen die Aufnahmen zu "The Crusher" an. Mit derselben Besetzung und demselben Produzenten gelingt wieder einmal ein großer Wurf, der es diesmal sogar auf 50 Minuten bringt. Endlich machen sie auch die USA klar und es geht, nachdem sie im August schon auf dem Milwaukee Metalfestival gespielt haben, im Frühjahr 2002 noch einmal für eine längere Tour mit Diabolic über den Teich.
Woher sie neben all den Liveauftritten die Zeit nehmen, auch noch ihre fünftes Album "Versus The World" einzuspielen, weiß keiner so genau, doch die Scheibe knüpft nahtlos an die Vorgänger an und dürfte jeden Fan von bretthartem Viking Metal mit einem Schuss Melodie aus der Seele sprechen. Von der CD erscheint auch eine Special-Viking-Edition als Doppel Digi Pack, die auf einer Extra-CD 14 zusätzliche Songs und acht Extra-Seiten im Booklet enthält. Danch folgt das Übliche: touren, touren, touren bis die Socken qualmen, was in so einem Tourbus recht schnell passieren kann. Im September 2003 sind sie mit Kreator, Vader und Nile unterwegs, und im Dezember stehen wieder die X-Mas Festivals an.
Da Amon Amarth auch diesmal kaum Zeit am heimischen Herd verbringen, entstehen die neuen Songs wiedermals komplett im Tourbus oder gar erst beim Soundcheck vor den jeweiligen Konzerten. Doch was beim Vorgänger prima funktioniert hat, lässt sich beim neuen Album nur bedingt wiederholen. Zwar sind auf "Fate Of Norns" verdammt starke Songs zu hören, jedoch gleichen sich die Tracks nicht nur wegen des allzeit gedrosselten Tempos doch zu sehr. Ein überragendes oder zumindest schnelleres Stück hätte dem Album gut getan. Wie dem auch sei, im Oktober stehen die Schweden jedenfall schon wieder mit den Labelkollegen von Impious und Disillusion auf deutschen Bühnen.
Neben ein paar Dates in Mexiko stehen den Sommer über die üblichen Festivals wie das Rock Hard Festival 2005 an, zwischen denen sie eine kleine Tour mit Cataract und Impious einschieben. Anfang 2006 ziehen sie sich wieder ins Studio zurück, um an einem neuen Album zu arbeiten. Dieses Mal vertrauen sie auf die Dienste von Produzent Jens Bogren und tüten mit ihm zusammen "With Oden On Our Side" ein. Die Scheibe erscheint Ende September, und für November stehen schon die Dates für die Europatour mit Wintersun und Týr fest.
Damit ist der Durchbruch letztendlich erreicht, denn alle in der Band geben nach und nach ihre Jobs auf und konzentrieren sich ausschließlich auf die Musik. Das ist auch bitter notwendig, denn die Tourneen werden immer zahlreicher und ausgedehnter. Auch auf dem amerikanischen Markt schlagen die Wikinger mächtig ein, sie kehren 2007 mehrere Male auf den US-Kontinet zurück. Odin scheint ihnen nicht mehr von der Seite zu weichen, es geht von Festival zu Festival. Ob sie diese Erfolsstory weiter fortführen können, müssen sie 2008 beweisen und legen Mitte September "Twilight Of The Thunder God" vor.
Im Interview verrät Johan mehr über die Hintergründe des Albums und freut sich schon auf die anstehende 'Unholy Alliance'-Tour mit Trivium und den allmächtigen Slayer. Auch in den USA sind sie mittlerweile gefeierte Stars, allein in Schweden will sich der Erfolg noch nicht so recht einstellen. Doch auch diese Nuss sollte mit dem Ende März 2011 erscheinenden "Surtur Rising" zu knacken sein. Zumal Amon Amarth mittlerweile auch vor Experimenten im Sound nicht mehr zurückschrecken. 2013 erscheint das neunte Album "Deceiver Of The Gods", auf dem die Schweden an die letzten Alben anknüpfen.
Amon Amarth haben sich über die Jahre zu einer echten Größe im Metal-Business entwickelt. Vorsicht also, wenn ihr Langschiffe vor euren Küsten auftauchen seht. Die Wikinger machen sich auf zu neuen Ufern. Mit "Jomsviking" lässt die Band ihr erstes richtiges Konzeptalbum zu Wasser. Den Rahmen liefert selbstverständlich nach wie vor die nordische Geschichts- und Sagenwelt. Doch um den Jomswikingern, einer legendären Söldnergruppe, Tribut zu zollen, denken sich Johan Hegg und seine Mannen (minus den 2015 geschiedenen Drummer Frederik Andersson) eine Love-Revenge-Story aus. Kampf, Blut, Tod, kein Happy End. Sogar Doro Pesch schaut vorbei. Dafür gibts Platz eins in den deutschen Albumcharts. Man braucht sich nicht zu wundern, wenn bald jemand Mythen um Amon Amarth selbst spinnt.
Tatsächlich passiert genau das ab dem Folgejahr. Zum 25. Bandjubiläum bereitet Regisseur Phil Wallis die karriereumfassende Dokumentation "The Pursuit Of Vikings: 25 Years In The Eye Of The Storm" vor. Dazu gibts Liveaufnahmen vom Summer Breeze 2017, wo die Band gleich zwei besondere Headline-Shows spielte, ein fettes Bonuspaket. Wie sagt Wacken-Gründer Thomas Jensen im Film? "Amon Amarth sind DIE Wikingerband!" Daran besteht nun wirklich kein Zweifel mehr.
Ausruhen auf den Jubiläumslorbeeren kommt für die Schweden aber nicht in Frage. Schon im Mai 2019, kurz bevor sie Slayer auf deren Abschiedstournee durch die USA begleiten, entfesseln Amon Amarth "Berserker", das erste Studioalbum mit dem neuen Schlagzeuger Jocke Wallgren an den Kesseln. Statt ein weiteres Konzeptalbum zu schreiben, besinnt sich die Band wieder darauf, historische Stoffe und Wikinger-Legenden zu verarbeiten. "Meine Ideen stammen aus allen möglichen Bereichen, es sind Themen aus der Geschichte oder der Mythologie", erklärt Johan. "Manchmal hast du aber auch plötzlich einen Gedanken im Kopf, hinter dem es keine größere Bedeutung gibt – oft ist es einfach nur ein großartiger Metal-Text, der zu einem großartigen Metal-Song passt. Und das hier sind verdammt großartige Metal-Songs!"
Beispiel gefällig? Im Titeltrack geht es um den Beserker der Schlacht von Stamford Bridge: "Die Wikinger schickten einen einzelnen Krieger aus, der auf der Brücke die gesamte englische Armee in Schach halten sollte, die aus zirka 15.000 Männern bestand. Man sagt, dass dieser Typ, bewaffnet mit einer Dänenaxt, vierzig bis siebzig Gegner tötete, bis es letztendlich gelang, ihn zu überwältigen. Und das nur, indem sie vier Soldaten auf einem Floß ausschickten, die ihn von unten mit Speeren töteten! Es ist also die perfekte Geschichte für einen großartigen Metal-Song."
"Berserker" markiert für Amon Amarth den Beginn eines neuen Kapitels. Es ist das erste Album der zweiten 25 Jahre Karriere, das erste mit neuem Line-Up und die Band ist so bekannt und erfolgreich wie nie zuvor. "Das ist für mich Amon Amarth 2.0.", sinniert ihr Frontkämpfer. "Wir haben uns den nötigen Freiraum gegönnt, um neue Aspekte unserer Musikalität auszuloten und herauszufinden, wer wir als Band sind. Wenn man zufrieden damit ist, wo man sich gerade befindet, welche Motivation gibt es dann, den Weg fortzusetzen? Wir wollen immer wieder Ideen entwickeln und neue Wege finden, größere und bessere Shows zu machen. Wir wollen immer wieder versuchen, jedes Detail der Band zu verbessern. Wir wollen weiterwachsen und weitermachen, solange wir die Möglichkeit dazu haben – denn das ist verdammt noch Mal der beste Job der Welt."
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