laut.de-Kritik
Das Leben fehlt.
Review von Paula FetzerTrotz Einbruch der Corona-Pandemie erkannte Anna Loos: "Das Leben Ist Schön". Ihr zweites Studioalbum entstand nach dem Wegfall von Touren und Fernsehdrehs. Was ihr blieb, war das Schreiben. Doch so positiv die grundlegende Message auch ist, die sie mit dem Titel vermittelt, so inhaltsleer sind ihre Texte. Es wirkt, als hätte sie die Langeweile ergriffen und sich deswegen an die Arbeit gezwungen.
Der Titeltrack untermauert diese These sogleich. Loos arbeitet mit platten Lyrics, die sie in den Strophen mit unveränderter Stimmlage vorträgt. Zeilen wie "Versuch mich wieder zu finden / Fällt mir irgendwie schwer" oder "Das Meer braucht den Mond / Der Tag braucht das Licht / Die Marmelade den Toast / Und ich brauch nur Dich / Und Du vielleicht mich" zeigen die fehlende Aussagekraft und ihre Unsicherheit. Die Gitarrenmelodie im Refrain, die sich auf wenige Noten stützt, vermittelt noch am ehesten Leichtigkeit. Das Schauspielern im Musikvideo hingegen sieht verkrampft aus.
Auf "Wenn Es So Nicht Mehr Weitergeht" traut sie sich gesanglich ebenso wenig. Erst am Ende weckt sie ihre Stimme auf, bis dahin überwiegt das Monotone. Auch wenn man nur durch das Lied skippt, hat man es schnell erfasst. Während sie in diesem Song - und später gleichermaßen in "Letzte Chance" - Silben in die Länge zieht, setzt sie im Refrain von "Schatten" auf ein ebenso auf Dauer ermüdendes Stilmittel. "Es muss nicht für immer sei-ein", "Ich will einfach nur traurig sei-ein", singt sie. Mit diesem Stück bringt sie immerhin ihre Gemütslage glaubwürdig an den Hörer. Dafür nimmt sie sich über sechs Minuten Zeit. Die spärliche Instrumentation, aus der das wohlklingende Klavier hervortritt, beweist: weniger ist manchmal mehr. Zum Schluss verdichtet sich die Begleitung und zieht das Tempo an. Loos schreit ihren Frust heraus, übersteuert dabei allerdings, etwas Postproduktion hätte gut getan.
Die Energie, die sie im Outro an den Tag legt, geht auf "Steine Auf Meinem Glück" flöten. Das Schlagzeug weicht nur in den letzten Sekunden von seinem zugewiesenen Rhythmus ab und belegt damit in der Strophe noch die dominanteste Position. Im Refrain werden ein paar lieblose Gitarrenakkorde drüber gehustet. Wie aus dem Nichts kommt sowohl Loos' Ausflug ins Englische ("Nobody's perfect, baby / Nobody's perfect, baby") als auch die elektronische Passage, in der sie zum Roboter mutiert und die gänzlich ohne geschmeidigen Übergang wieder von den ursprünglichen Bausteinen abgelöst wird.
"Mauern" kann man trotz stärkerem Einsatz der Gitarre nicht als rockig beschreiben, da diese dann doch lediglich auf Sparflamme spielt - eine vertane Chance. Bloß nicht anecken, immer schön auf bewährte Muster setzen, so das Motto. Wieso im Clip, bei dem ihr Mann Jan Josef Liefers Regie führte, eine Szene um eine öffentliche Toilette den Anfang macht und die Klammer am Ende schließt, bleibt offen.
Pseudo-Optimismus verbreitet Loos in "Regenwahrscheinlichkeit", "Sturmpiloten" und "Für Immer", denen ein Spannungsbogen fehlt. Die Augen schlägt man zum Refrain und zur Bridge auf, als die Sängerin/Schauspielerin endlich mal Kraft in die Stimme legt und die Instrumente aus ihrem Trott ausbrechen. Letzteren ist ihr Gesang in "Alles In Uns Brennt" nicht gewachsen. Ihre Frage "Haben wir etwas, das uns antreibt oder sind wir nur getrieben?" beantwortet die Dynamik: leider trifft letzteres zu.
In den 46 Minuten von "Das Leben Ist Schön" vermisst man das Leben. Anstatt die Vielseitigkeit und "Hunderttausend Farben" des Lebens mit ihrer Musik zu transportieren, weicht Loos in Plattitüden aus und verliert sich in nichtssagendem und überwiegend monotonem Deutschpop.
2 Kommentare mit einer Antwort
Endlich, Ihr zweites Studioalbum. Es entstand und was ihr blieb ist eine positive Message. Die Titel ohne Langeweile an der Arbeit. In den 46 Minuten von "Das Leben Ist Schön" erlebt man das Leben. Nie weicht Loos in Plattitüden aus oder verliert sich in nichtssagendem und überwiegend monotonem Deutschpop. Hervorragend. *****
"Jedesmal wenn wir streiten
Wird es so kompliziert
Wie ein gordischer Knoten
Den niemand kapiert
Um zu wissen wie man es löst
Muss man beide Seiten ansehen
Das Leben ist schön, schön
All die Angst is OK,
Wir schaffen das gemeinsam"
Gar keine Plattitüden, neee.
Und das Atmen fällt mir ach so schwer.
Weh mir, oh weh.
Und die Vögel singen nicht mehr.