laut.de-Kritik
Selbst für Julia Engelmann-Fans unerträglich.
Review von Toni HennigEnde des letzten Jahres gaben Silly bekannt, ohne ihre Sängerin Anna Loos auf Tour zu gehen. Stattdessen präsentierte man als Ersatz Julia Neigel und Anna R. von Rosenstolz. Ob Loos zu den Ost-Rockern aus Berlin zurückkehrt, bleibt offen. Dafür legt sie nun mit "Werkzeugkasten" ihr Debüt als Solokünstlerin vor.
"Es gab schon länger Sachen in meinem Kopf, die raus wollten, jedoch nicht unbedingt zu Silly gepasst hätten", erzählte sie kürzlich dem Berliner Kurier, und ergänzt: "Da die Band nicht vorhatte, an einem neuen Silly-Werk zu arbeiten, war Zeit für meine Vision." Trotzdem hörten sich die ersten Songs, die sie für die Platte geschrieben habe, "sehr 'sillyesk'" an. Insgesamt dreißig spielte sie zuerst ihrem Ehemann Jan Josef Liefers und den beiden gemeinsamen Töchtern vor, was zu unterschiedlichen Reaktionen führte. Zwölf landeten nun auf der Scheibe.
So zeigt sich die Sängerin in "Startschuss" zwar selbstbewusst, doch auch Selbstmitleid schwingt in den Zeilen mit, wenn es in Richtung Band heißt: "Meine Leichtigkeit, meine verrückten Ideen, werden für mich zum Problem." Im weiteren Verlauf trieft es sogar aus allen Poren, obwohl sich Loos hier und da als fürsorgliche und bisweilen kämpferische Frau präsentiert, die entweder eine schnelle Lösung auf Lager hat oder sich in ihr Märchenschloss zurückzieht. Dazu führt zumeist eine Piano- oder Gitarreneinleitung auf die falsche Fährte, denn so gut wie fast jeder Track zielt auf einem kraftvollen Power-Refrain Marke Rosenstolz, oftmals mit schwelgerischen Streichern unterlegt.
Textlich widmet sich Anna auf "Werkzeugkasten" vorwiegend der Beziehungspflege. Es geht darum, dem Alltag für wenige Augenblicke zu entfliehen ("Mut Von Helden"), füreinander da zu sein ("Deine Mitte", "Wenn Du Mich Suchst") und sich zu vergegenwärtigen, was man aneinander hat ("Wie Beim Ersten Mal"). So weit, so nett.
Dennoch dürften selbst die hartgesottensten Julia Engelmann-Fans unweigerlich an ihre Grenzen stoßen, wenn uns die mittlerweile 48-Jährige in "Kaputt" mit unerträglicher Penetranz eintrichtert, dass sich Selbstzweifel ("Ich will so nicht funktionieren") innerhalb kürzester Zeit aus der Welt schaffen lassen, als sei nichts gewesen ("Kannst du mich reparieren?"). Schließlich hat sie ja mit Ehemann Liefers ihren persönlichen MacGyver.
Nur bricht das behutsam aufgebaute Kartenhaus früher oder später einmal zusammen. "Und selbst mein Selbstmitleid tut mir leid", klagt Loos im Titelstück zu dramatischen Streicherteppichen. Aber auch das "kann man reparieren", denn sie hat "ein Werkzeugkasten hier", gefolgt von der hartnäckigen Bitte "Komm' doch wieder heim" - was sich ihr Ehemann kein zweites Mal sagen lässt. Friede, Freude, Eierkuchen, was dann auch die Kernaussagen der restlichen Nummern vorwegnimmt. Daher sieht Anna folgerichtig in "Was Ich Dir Noch Sagen Wollte" ein: "Die Welt dreht sich an uns vorbei." Oh ja, dieses Gefühl hat man als Hörer schon längst.
Die Berlin-Hommage "Mut Von Helden" und die Flucht-Geschichte "Paris" weisen lyrisch noch einige wenige interessante Ansätze auf. Der letztgenannte Song handelt von einem 16-jährigen Mädchen, das sich von zu Hause losreißt, um "ohne Rückfahrticket" in der Stadt, "wo die Liebe ist", einen Neuanfang zu wagen, da sie einfach "den Reset" braucht. Klingt etwas fahrig und hölzern gedichtet, lässt sich aber gut auf die eigene Geschichte der gebürtigen Brandenburgerin übertragen, als sie ein Jahr vor dem Mauerfall Reißaus in die BRD nahm und bei einer Tante in Wedel unterkam.
Letztlich folgen ihre Songs aber zu sehr dem bewährten Deutsch-Pop-Schema à la Adel Tawil, Max Giesinger und wie sie noch alle heißen. Demzufolge reimt die Musikerin "Sinn" auf "hin" oder "da" auf "nah". Das konnte sie auf den letzten beiden Silly-Alben besser. Zusätzlich versprühen das harmlose Gitarrengedudel und das Pianogeklimper etwa so viel Großstadt-Flair wie eine Vorabendserie auf RTL.
In "Wie Beim Ersten Mal" schwelgt Loos am Ende in alten Erinnerungen. Die Gefühle für ihren Ehemann flammen dadurch wieder auf. Es fühlt sich für sie – man kann es sich schon denken - "wie beim ersten Mal" an. Mit "Werkzeugkasten" tut sich Anna Loos leider keinen Gefallen, obwohl sie sich mit ihrer rauchigen Stimme von der deutschsprachigen Konkurrenz wohltuend abhebt.
4 Kommentare mit 9 Antworten
Das Cover ist furchterregend!
so siehts halt aus, als frau mit ende 40
Sehr entstellt...wie kann man sich so ablichten!
....und das nicht mal nackt!
Dieser Kommentar wurde vor 5 Jahren durch den Autor entfernt.
@tonitasten
warum löschst du denn deinen post?
ist doch ok, wenn du die früher mal für ganz fickbar gehalten hast
Wollte bloß ein Bild von Edgar Winter posten, was hier nicht richtig funktioniert. Die Ähnlichkeit ist verblüffend.
Kabelwitz und Fromm hacken schon wütende Antworten in die Tasten
Habe den Alarmknopf betätigt.
Dieser Kommentar wurde vor 5 Jahren durch den Autor entfernt.
abe im Dienstwagen zuletzt mehrfach „Kaputt“ gehört. Was für eine unglaubliche Grütze inkl. grammatikalischer Fehler.
Die einzig positive Erkenntnis an diesem Album von Anna Loos ist, dass es ein große Glück für SILLY ist, dass Anna Loos dort nicht mehr singt und textet!!!
Ein musikalischer Werkzeugkasten voller stumpfer Werkzeuge!
Eine peinliche Nummer. Die von Loos getexteten Silly Songs hatten schon eher Poesie-Album Niveau. Aber jetzt ist sie endgültig im Schlagerradio angekommen. Das war vermutlich auch das Ziel. Aua!