laut.de-Kritik

Sie kaufen sich ein Motorboot!

Review von

Danger Dans Überraschungserfolg "Das Ist Alles Von Der Kunstfreiheit Gedeckt" rettete die Antilopen Gang vor dem Ruin. Wie schön, dass die Studentenrap-Kultband ihrem Exitus ein weiteres Mal entkommen ist - und direkt an Heiligabend mit einem Sampler nachlegte. Danger Dan, Koljah und Panik Panzer bleiben Sympathieträger, die in ihren besten Momenten Leftie-Rap absurder, einschlägiger und witziger als der Rest klingen lassen. Der vorliegende Sampler gibt ihnen Raum, ohne Druck den Spaß an der Sache wiederzufinden. Trotzdem fliegen hier Formhochs und Formtiefs nah beieinander.

Richtig Freude macht zum Beispiel der Titeltrack: Mit dem euphorischen Samplebeat von 2004 steigt die Selbstbeweihräucherung, man fühlt sich in alte Posse Cut-Tage zurückversetzt, man denkt an "Gazellen Bande", aber auch ein bisschen den Pathos von "Der Goldene Presslufthammer". Vielleicht vor allem deshalb, weil die Dudes hier wahrlich klingen, als hätten sie richtig Bock zu rappen. Dan kickt die Reimketten wie ein waschechter Advanced-Rapper aus der RBA – und Koljah: Was ein Part! So wuchtig hat der Mann lange nicht gerappt, man hätte ja beinahe vergessen, was für eine Energie der am Mic haben kann, wenn er seine Texte mal ein bisschen unverkopfter schreibt.

"Weltmusik für Weltfremde" nennen sie das im Refrain, "Ich kaufe mir ein Motorboot" brüllen die Adlibs kurz davor. Das ist schweinewitzig, das ist edgy und subversiv, ohne es groß darauf anzulegen. Ähnliche Topform bringt die Zugezogen Maskulin-Kollabo "Auf Sie Mit Gebrüll" - Grim104 bringt mit "Rebellion und Subversion sind Regierungsposition'n" die aktuelle Linksrap-Paradoxie in fünf Worten auf den Punkt, über die Koljah auf "Nazis Rein" fünf Minuten mit geringerem Erkenntnisgewinn herumeiert. "Wer Hat Uns Verraten?" bietet ein paar kurze Vignetten über gescheiterte Existenzen, die so tief fielen, dass ihnen nur noch politische Mandate in der SPD blieben – klassisch – und auf "Bin Ich Erstmal Blau" rekrutieren sie die Rheinischen Frohnaturen für ein Malle-Bi-Anthem, auf dem das Bi je nach Lesart für -sexuell oder -er steht.

Es gibt also Highlights auf "Antilopen Geldwäsche", die hiermit noch nicht auserzählt sind: "Kneipenschlägerei" entlockt Danger Dan eine seiner schöneren Sadboy-Goldkehlchen-Hooks, die für mich immer dann am besten funken, wenn sie zwischen möglichst chaotische Antilopen-Parts ein bisschen vergeudet wirken. Bobby Fletcher liefert mit einem richtig soliden Flow auf "10 Von 10" Grund zur Vorfreude für sein dieses Jahr erscheinendes Koljah-Kollabotape – und NMZS mal wieder veröffentlicht zu hören, schnief, das ist schön.

Diese Highlights entstehen immer dann, wenn die Crew ein bisschen den Ernst beiseite lässt. Witzig und intelligent sind sie ja ganz von selbst, je mehr sie dies forcieren wollen, desto mehr aber leiden die anderen Qualitäten. Was dann passiert, ist, dass sich die Verkopftheit von zehn Jahren Musik als Beruf ein bisschen zu sehr zeigt. Heißt konkret: Es gibt doch Momente, da glaubt man zu hören, dass Dan lieber eine Indieband, Koljah lieber eine Taz-Kolumne und Panzer lieber eine Meme-Page hätte als ihre jeweiligen Rapkarieren.

Dass Dan jetzt rührselige Balladen mit Max Herre macht, kann man ihm schon übelnehmen. Yada, yada, erwachsen sein, Scheuklappen loswerden, aber wer ein "Tage Wie Diese" für Häuserbesetzer macht, hat am Ende trotzdem ein "Tage Wie Diese" gemacht. Panzer möchte man sein Parodie-aber-doch-nicht-Parodie-Trap-Ding ja fast verzeihen, weil er süß ist und sein bestes gibt. Die Fatoni-Kollabo "Si Claro" gerät dank schmissigen Beat auch überraschend solide. Aber spätestens auf "DIY CEO" klingt er wie der eine Typ an der Uni, der versuchte, die Glo Up Dinero Gang als offiziellen Hochschulclub zu etablieren.

Der komischste Fall von allen bleibt aber Koljah. Denn, meine Güte, der hat auf diesem Album ein paar Parts, die ziehen einem die Schuhe aus, weil er so gut und hungrig rappt, wie er es seit Jahren nicht oder vielleicht noch nie getan hat. Junge: Du bist gut, in dem was du tust. Die werden ja alle als Rapper unterschätzt, wenn sie es mal drauf anlegen, aber bei ihm tut es am meisten weh, weil es manchmal so wirkt, als würde er sich die Fähigkeit, geil zu rappen, gar nicht erst zugestehen. Point in case "Nazis Rein", ein Song, auf dem er so holprig vor sich hin poltert, als hätte er sich gar nicht zugetraut, das besser zu können. Hätte er aber. Versprochen.

Es gibt immer noch Baustellen im Gegenwartskonzept der Antilopen Gang, die sich spätestens seit "Abwasser" bis heute mal mehr mal weniger stark abzeichnen. Es muss auch ein stressiger Job sein, die eigene Subversivität für die Anti-Cred mit so viel vergangener Zeit wieder und wieder unter Beweis zu stellen. Vielleicht gibt "Antilopen Geldwäsche" da aber insgesamt doch Grund für Optimismus. Denn irgendwie wirken die Lopis immer dann am natürlichsten, witzigsten und gefährlichsten, wenn sie die Sachen nicht zu großartig zerdenken.

Im Gegenteil: Wenn sie sich auf ihre absurde, alberne Grundhaltung einlassen und einfach nur Spaß an der Musik suchen, klingen sie so gut wie eh und je, in manchen Momenten vielleicht sogar besser. Stand jetzt und auch für ihr eigenes Label sieht ihre Zukunft eigentlich rosig aus. Reduziert man Max Herre und die Lachi-Lachi-Trap-Beats auf einem Minimum, haben sie noch ein paar ihrer besten Alben vor sich.

Trackliste

  1. 1. Uns Und Denen
  2. 2. Auf Sie Mit Gebrüll (feat. Zugezogen Maskulin)
  3. 3. Antilopen Geldwäsche
  4. 4. Mir Kann Nichts Passieren (feat. Max Herre)
  5. 5. Nazis Rein
  6. 6. DIY CEO
  7. 7. Bau Es Auf
  8. 8. Kneipenschlägerei (feat. Maeckes)
  9. 9. Wer Hat Uns Verraten?
  10. 10. 10 Von 10 (feat. Bobby Fletcher)
  11. 11. Si Claro (Feat. Fatoni)
  12. 12. Filmriss
  13. 13. Bin Ich Erst Mal Blau (feat. Die Rheinischen Frohnaturen)
  14. 14. Wünsch DIR Was - Live In Buenos Aires (von den Toten Hosen)

Videos

Video Video wird geladen ...

Weiterlesen

LAUT.DE-PORTRÄT Antilopen Gang

Wenn eine Crew als "Die Ärzte des Deutschraps" durchgeht, dann ja wohl die Antilopen Gang: ähnliche politische Botschaften, ähnlicher Spaß dabei, …

6 Kommentare mit 18 Antworten

  • Vor 2 Jahren

    Ist das die Band von MC, Koljah und Panzer Paul? Berührt mich sehr, starkes Werk!

  • Vor 2 Jahren

    Was mich einfach ungemein an den Antilopen stört, ist deren realitätsferne, selbstgerechte Elfenbeinturmdenke (ich weiß selbst nicht, ob diese Formulierung genau passt). Es wird eine Nischenposition beschrieben, dann gegen jeden gefrontet, der auch nur irgendwie dagegen verstoßt (Stichwort: vermeintlich antisemitische und/oder nationale "Linke", verkürzte Kapitalismuskritik usw.). Man selbst macht aber eine Menge, die aus einer ähnlichen selbstgerechten, aber anderen Sicht kritisch zu sehen wäre, was aber ja alles nur ironisch gemeint ist (Stichwort: Tagesschau-Auftritt, Atombomben auf Deutschland-Lied).

    Am Ende vom Tag hat man aber niemanden geholfen. Ich kenne zum Beispiel jemanden gut, der sehr bei Verdi im Arbeitskampf gegen Amazon aktiv ist. Die haben natürlich auch einige (latente) Rassisten, Homophobe und Frauenfeinde im Betrieb, die sich an den Streiks beteiligen und auch teilweise Mitglied bei Verdi sind. Ich rede jetzt nicht von schweren Fällen sondern von Leuten, die dumme Sprüche fallen lassen, ihre Frau schlecht behandeln/über sie reden usw. Also alles Dinge, die aus (m)einer linkspolitischen Sicht scheiße sind. Trotzdem ist es doch gut, dass diese Menschen sich an Streiks beteiligen und sich gegen die Bedingungen wehren.

    Man kann nur mit einer großen Beteiligungen etwas erreichen und da sind leider auch viele Leute dabei, die (noch) gesellschaftlich und politisch krude Positionen haben, aber trotzdem für linke Ziele kämpfen. Den Antilopen und ähnlich denkenden und handelnden Menschen scheint aber diese Kompromissfähigkeit zu fehlen und das ist auch ein Grund, warum es in Deutschland so wenig Druck von links gibt. Man kann sich immer über jemanden ärgern, nur kommt man dann keinen Schritt weiter.

    • Vor 2 Jahren

      Diese selbstgerechte, staatsfinanzierte Woko Haram Bubble, die sich heute als Linke ausgibt, hat mit Arbeitern und Arbeitskampf so wenig zu tun, wie die Antilopen Gang mit guter Rapmusik. Da zählen die gendergerechte Beschriftung von Hafermilchtüten und die Toiletten für das 457. Geschlecht im Biosupermarkt, keine Tariflöhne und Arbeitszeiten.

    • Vor 2 Jahren

      "woko Haram" :lol:

      diovysos, Du bist einfach schon immer ein H.......... und wirst immer Einer bleiben.

    • Vor 2 Jahren

      Stimmt total und die internationale Solidarität wird real nie existieren wenn wir diese verlorenen Schäfchen nicht bald an ein paar wenigen Plätzen sammeln können um ihnen nochmal konzentriert nahezubringen, wie sie sich erst Mal in kleinerem - sagen wir doch zunächst nationalem - Rahmen sozialer gegenüber ihren Mitmenschen verhalten sollten! :mad:

    • Vor 2 Jahren

      Schon immer ein High Performer, definitiv. Du bist leider nur Hai ähm High-Performer, wenn du auf Schore fleissig für Münzgeld lutscht.

    • Vor 2 Jahren

      Kommt nur wieder aus der Ecke, die sich für ne unbezahlte Halbjahrespraktikumsstelle aus meinem Hause im gleichen Atemzug dermaßen einen von der Palme wedeln würde, dass dem Praktikumantritt nur die mit Impfschwurblern überfüllte Intensivstation nach eigener Angina pectoris noch den finalen Riegel vorzuschieben weiß, so whut?

      Du bist ein Clown, der die Clownereien eines mäßig dickeren Clowns mit geringfügig größerer roter Spaßnase performt, um nach der Show bei ihm lutschen zu dürfen. Also halt Mal lieber die anderthalb verbleibenden Gummibälle aus deinem Repertoire beisammen statt hier gewohnt erfolglos weiter den wachsspuckenden Feuerspeier geben zu wollen. :lol:

    • Vor 2 Jahren

      Das High Performer Wortspiel ist so schlecht, es könnte glatt von Kollegah seinm

    • Vor 2 Jahren

      So ein Geschwurbel. Vielleicht wären statt „kostenloser“ Tampons doch besser kostenlose Psychopharmaka ein lohnenswertes politisches Ziel für euch Berufsempörte.

    • Vor 2 Jahren

      "Boah, denken und schreiben ist echt soo anstrengend! Ich komm nicht mehr mit und bin ja irgendwie auch ma wieder völlig polemisch ohne irgendwelche Argumente eingestiegen... besser ich lass noch bisschen Stanni-Provo aus der Konsi-Requisite hier stehen und verdrück mich heute schon vorfeierabendlich zum altbewährt alltäglichen Herrengedeck in meine Eckkneipe."

      There. I fixed that comment for you. :)

    • Vor 2 Jahren

      @Oli: interessanter take, dem ich zustimmen würde. Deren links-sein ist auf jeden Fall mehr Distinktionsmerkmal als gelebte Internationale. Gleichzeitig bringen die aber schon auch gute Moves (Solikonzert für ein Frauenhaus) und halten bei einigen Sachen angenehm die Finger in die Wunde, z.B. wenn es um die bedingungslose Affirmation von Kopftuch und Islam geht, die bei vielen Linken ohne mit der Wimper zu zucken zelebriert wird.

      Außerdem stelle ich mir die Musik, unter der sich die von dir angesprochenen verdi people unter einer Flagge vereinen noch unspannender vor als einen Antilopensampler, bei aller Liebe für das Engagement deines Kollegen :*

    • Vor 2 Jahren

      Ohne irgendwelche Argumente wie ein angedeutetes "Hurensohn".

      Zum Rest... wie sagte doch der große Shawn Carter:
      "'Cause you don't understand him, it don't mean that he nice
      It just means you don't understand all the bullshit that he write"

    • Vor 2 Jahren

      Okay, wenn das die Leistungsspitze deines Quote-Games darstellt dann reicht für ein /closed an dieser Stelle wohl ein Schlusswort des geringfügig größeren Sean "Puffy" Combs:

      "You can live here, you can record here, you can be bad boy artists here, but if you wanna do it first y'all gotta walk to Queens and get me a sugar cookie."

    • Vor 2 Jahren

      diovysos is halt wirklich der schlechte Abklatsch des Oessen...hier hart einen auf High-Performer machen ist schon sehr sehr armselig, bist du denn auch INGENIEUR? :D

    • Vor 2 Jahren

      Führ du dein Berliner Gangster-Life, ich chill' im Strandcafé
      Notier' paar Dates in meinen Terminkalender-Seiten
      Lasse Riesenteller reinbring'n
      Auf denen ich so manchen Hai liegen seh' wie in Kirchenfenster-Scheiben

  • Vor 2 Jahren

    Kann man sich zweimal anhören und Spaß mit haben, danach finde ich es textlich und technisch zu unspannend. Uns und denen ist Böhse Onkelz auf antideutsch.

    Aber nur Herzen für Bobbx Fletcher.

  • Vor 2 Jahren

    Die Antilopen sind keine Studentenrap-Kultband mehr, sondern die Ärzte des HipHop. Beweise dafür sind nicht nur ihr infantiler Humor und ihr Kultivieren des Links-Seins und Loser-Images, sondern auch die Parodie auf (Rap-)Musikstile. „Nazis rein“ könnte von Advanced Chemistry sein, „Bau es auf“ von Sido, „Sì claro“ von Hafti, „Bin ich erst mal blau“ von irgendeinem Ballermann-Hits-Sampler usw. Alles nicht ernst gemeint, insofern nehme ich ihnen die Max-Herre-Kollabo auch nicht übel.

  • Vor 2 Jahren

    Da sind schon ein paar Deutschrap-Perlen drauf. Das Problem der krampfigen Ernsthaftigkeit ist der Rezension meiner Meinung nach unbewusst ebenso inhärent wie manchem Koljah-Part.

    Und über den Sampler zu sprechen, ohne den meiner Meinung nach besten Rap zu erwähnen, den Maeckes je fabriziert hat, finde ich schon weak.

    Übrigens höre ich gerade nochmal Abwasser, das ist sicher cool und mancher Titel ist auch Hammer (Stück Dreck), doch gegen den AGS stinkt es in Summe schon echt ab. Besser nochmal reinhören...

  • Vor 2 Jahren

    Dieser Kommentar wurde wegen eines Verstoßes gegen die Hausordnung durch einen laut.de-Moderator entfernt.