laut.de-Biographie
Astrud Gilberto
Das "Girl from Ipanema" heißt gebürtig Weinert, berühmt wird sie jedoch unter dem Namen Astrud Gilberto: Den nicht besonders sambalastigen Geburtsnamen verdankt sie ihrem Vater, dem deutschen Einwanderer und Sprachlehrer Dr. Fritz Weinert, der nach Salvado de Bahia auswanderte, wo die Musikerin dann am 30. März 1940 zur Welt kommt und lernt, fließend japanisch, französisch, italienisch, spanisch, portugiesisch und englisch zu sprechen.
Mit sieben Jahren zieht sie samt Familie nach Rio de Janeiro, wo sie mit nur 19 im Jahr 1959 den legendären brasilianischen Musiker João Gilberto heiratet, der neben Antônio Carlos Jobim als Erfinder des Bossa Nova gilt und dem sie 1963 in die Vereinigten Staaten folgt, wo dieser seit 1962 arbeitete. Fortan musizieren beide zusammen, und gleich ihre erste gemeinsame Aufnahme wird zum riesigen Erfolg: "A Garota de Ipanema – The Girl From Ipanema" auf dem Verve-Album "Getz/Gilberto" – ihr Name taucht jedoch nur als Gattinnenname auf – , macht den in Brasilien entstandenen Bossa Nova in den USA und der Welt berühmt. Das Album erhält Grammy-Auszeichnungen für "Album des Jahres", "Bestes Jazz-Instrumentalalbum", "Individuell oder Gruppe" und "Best Engineered Recording – Non-Classical". "The Girl From Ipanema" wird außerdem zur Schallplatte des Jahres gekürt, und das Lied ist ein Klassiker, den Autoren wie JG Ballard und Haruki Murakami mit auf eine einsame Insel mitnehmen würden. Es überdauert bis heute, die Ehe Gilberto wird jedoch 1964 wieder geschieden.
Astrud Gilberto macht alleine weiter Musik und ist weit mehr als das Mädchen aus Ipanema, ihre musikalische Laufbahn ist lange und vielfältig – den unfairen Kritiken in ihrem Heimatland zu Trotz, die sie nach dem Erfolg von "The Girl From Ipanema" erhält. "Viele etablierte brasilianische Musiker haben Astruds Erfolg nie akzeptiert. Sie stellten sie eher als glücklich denn als talentiert dar, zur richtigen Zeit am richtigen Ort", schreibt der Musikautor Bryan McCann in seinem Buch "Getz/Gilberto".
Sie selbst sagte später, dass sie durch die "harsche Kritik und den ungerechtfertigten Sarkasmus", den sie von brasilianischen Musikjournalisten erhielt, "sehr verletzt" war. Zeitungen veröffentlichten gar Gerüchte, dass sie in eine romantische Liaison mit Getz verwickelt sei. Sie singt nie wieder in Brasilien und ist auch nicht dabei, als "The Girl From Ipanema" bei der Eröffnungszeremonie der Olympischen Spiele 2016 in Rio gespielt wird.
Ihr erstes eigenes Album mit dem selbstbewussten Namen "The Astrud Gilberto Album" erscheint ein Jahr nach der Trennung. Darauf und auch später, etwa auf dem legendären "Beach Samba" von 1967, singt sie meist Fremdkompositionen, ab "Now" im Jahre 1972 schreibt sie auch eigene Songs. Dann werden die Abstände ihrer Albumveröffentlichungen immer größer, 1987 nimmt sie mit Bandleader und Komponisten James Last ein Kollaborationsalbum auf. Und sie arbeitet mit Popstar George Michael zusammen, mit dem sie 1996 das Duett "Desafinado" veröffentlicht. Ihr musikalisches Lebenswerk wird 1992 mit der "Latin Jazz USA Award for Lifetime Achievement"-Auszeichnung gekrönt.
2001 zieht sich Astrud Gilberto aus dem Musikgeschäft zurück und widmet sich seitdem der Malerei. Am 5. Juni 2023 stirbt sie im Alter von 83 Jahren in ihrem Haus in Philadelphia im US-Bundesstaat Pennsylvania.
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