laut.de-Kritik
Ohne Vorliebe für klassischen Metal funktioniert die Platte nicht.
Review von Yan VogelEine sechsjährige Albumpause - manche Band geriet da schon in Vergessenheit. Nicht so Atlantean Kodex. Entfachten die kauzigen Kult-Metaller 2013 mit "The White Godess" einen Orkan im rockaffinen Blätterwald, ließen sie sich in der Zwischenzeit immerhin mit einer Liveplatte blicken. Die Qualität des Studionachfolgers "The Curse Of Empire" entschädigt für die lange Wartezeit.
Die Ausrichtung liegt 2019 nun eher auf einem konsistenten Storytelling als auf Melodienreichtum, was die Platte auf den ersten Höreindruck sperriger wirken lässt. Markenzeichen der Bayern stellt eine pastorale Erhabenheit in Klang, Komposition und Konzept dar. Neben der Ursuppe (die frühen Manowar und Bathory) scheint insbesondere die Band Candlemass mit Achtziger Sänger-Ikone Messiah Marcolin durch. Die doomige Urgewalt von Platten wie "Nightfall" (1987) findet entsprechenden Niederschlag in den tonalen Gemälden von Bandkopf Manuel Trummer.
Das Quintett bedient sich mit Vorliebe an der Hochphase der harten Musizierkunst. "Chariots" etwa, in einem atemberaubenden Schwebezustand zwischen Epik und treibenden Riffs angesiedelt, hätte auch auf "Awaken The Guardian", dem Meilenstein von Fates Warning, einen gebührenden Platz gefunden. "He Who Walks Behind The Years" rekuriert eindeutig auf Iron Maiden zu Seventh Son-Zeiten bezüglich Melodieführung und Synthie-Einsatz.
Dabei klingen die Bayern zu keiner Zeit wie eine Kopie. Fronter Markus Becker gehört mit zum Besten was die Sangeszunft zu bieten hat. Querverweise zu Bruce Dickinson, John Arch oder Erik Adams sind ausschließlich Richtlinien. Auch die neue Gitarristin Coralie Beier soliert in herrlich ausufernder Pracht, pathetisch aber nie kitschig, ausladend aber nie zum Selbstzweck. Die Band beherrscht das Spiel hoch zu Ross wie bei "Lion Of Chaldea" oder die Fäuste reckend ("People Of The Moon"). Fordernd und faszinierend fallen das Titelstück sowie die mit leichter Orientalik angereicherte Zwillingsnummer "The Innermost Light"/"A Secret Byzantium" aus.
Dazu gesellt sich das Faible für historisch und philosophisch aufgeladene lyrische Stoffe. Eingerahmt von zwei kurzen Spoken Word-Passagen rollt die Formation den Konzeptteppich aus, auf dem sich das Werden und Vergehen einer großen Dynastie abspielt. Klar ist aber auch, dass man ähnlich wie bei Visigoth eine Vorliebe für klassischen Metal besitzen muss. Ansonsten entpuppt sich die vor geschmackvollen Zitaten triefende Headbanging-Offenbarung als zweischneidiges Schwert.
1 Kommentar
Guter Text. tolle Band, die Rezi hätte aber noch ein wenig mehr auf den teils arg matschigen Sound eingehen können.