1. Juni 2005

"Musik war unsere erste Liebe!"

Interview geführt von

Ihre Kondition haben die feschen Amerikaner in ihrem langjährigen Reifeprozess nicht verloren. Über 1½ Stunden ließen sie sich von unüberhörbaren Fans bejubeln. Am nächsten Tag hatte ich dann auch noch das Vergnügen, Brian, Howie und Kevin zu einem Interview zu treffen. Die Zeit war kurz, die Antworten etwas ausführlicher und teilweise sogar überraschend. Oder wer hätte gedacht, dass ein B-Boy zu Hause Coldplay und Kruder & Dorfmeister hört?!

Meine erste Standardfrage leitete wie immer eine verdutzte Pause ein. Kevin und Brian schauten mich verwundert an. Howie blickte von seinem Prospekt hoch und antwortete prompt. Es stellte sich im Laufe des Gesprächs heraus, dass er der umgänglichste Backstreet Man ist. Kevin ist für meinen Geschmack zu cool, Brian der ewige Träumer, er sucht die Antworten meist im Himmel, ein wenig abwesend, aber stets freundlich ...

Was war eure erste Liebe?

Howie: Musik.

Sehr gute Antwort. Welche Art von Musik?

Howie: Alles mögliche. Meine Schwester ist auch Musikerin, wir haben sehr viele Platten zu Hause gehört. Viele verschiedene Richtungen, vor allem auch Musicals.

Brian: (großer Seufzer) Oh, meine erste Liebe war wahrscheinlich ... Sport (heimliches Gähnen der Interviewerin). Leichtathletik. Ich bin allerdings mit Basketball aufgewachsen. Ich erinnere mich, als ich ein Kind war, habe ich jede freie Minute genutzt, um Basketball zu spielen (lacht). Yeah, das war ich.

Kevin: Rugby oder Musik ... hm, ich kann gar nicht genau sagen, was meine erste Liebe war. Ich war von beidem besessen. Ich war noch ein Kind, und es ist wirklich schwierig zu sagen, was ich zuerst geliebt habe.

Brian: Hast du nicht zuerst mit dem Klavierspielen angefangen? Also, war Musik deine erste Liebe?

Kevin: Kann sein. Fußball habe ich ab sieben Jahren gespielt, und gesungen habe ich schon als Baby ...

O.k., nicht so schlimm. Gestern Abend habt ihr nach langer Pause in Köln gespielt. Wie ist es, nach so einer langen Pause wieder in Deutschland zu sein?

Kevin: Absolut großartig. Es ist ein Segen wieder hier zu sein.

Brian: Hast du auch die Show gesehen? Wie fandst du es?

Ja, es war mein erstes Konzert, also von euch Jungs. Ich muss sagen, ich war überrascht. Ihr habt eine richtige Liveband auf der Bühne?

Kevin: Ja gut, anfangs konnten wir uns noch keine Band leisten und haben immer zu einer CD gesungen (alle lachen). Aber im Ernst. Die Band ist jetzt schon sehr lange dabei. Und die Jungs sind unglaublich. Jeder von ihnen strahlt eine enorme Energie auf der Bühne aus. Und sie harmonieren perfekt zusammen.

Habt ihr mit dieser Band auch euer neues Album "Never Gone" aufgenommen?

Kevin: Du meinst, ob die Live Musiker auch auf dem Album mitspielen? Nein. Die Produzenten haben andere Musiker dafür beauftragt.

Howie: Aber wir haben diesmal mit einer Live-Band das neue Album aufgenommen. Das ist eine Sache, die diese Platte von den anderen unterscheidet. Im Vergleich zu den Vorgänger-Alben ist der Sound jetzt sehr viel besser mit den Live-Gitarren, Bässen und dem Schlagzeug, das im Studio aufgenommen wurde. Das alles zusammen gibt dem Album ein neues Leben. Es ist ein größeres Band-Gefühl da. Die Platte klingt genauso wie du uns letzte Nacht gehört hast. Das ist für uns wirklich was Neues. Es ist nicht mehr dieser Synthie-Sound von früher.

Nick hat gestern Abend ja auch Gitarre gespielt. Ihr spielt alle Instrumente?

Howie: Ja, Nick spielt oft Gitarre auf der Bühne. Auch Kevin ...

Kevin: Hätten wir gestern ein Klavier auf der Bühne gehabt, hätte ich wohl gespielt. Aber das ging leider nicht. Auf Tour spiele ich oft Keyboard oder Piano.

Howie: Wir greifen alle zu Instrumenten, wenn sich die Gelegenheit bietet. AJ spielt auch schon mal gerne Schlagzeug, und Brain Bass. Es macht Spaß, und die Leute haben auch ihre Freude dran, wenn wir das in unsere Show einbauen.

Kevin: Allerdings sind die Backstreet Boys in erster Linie natürlich Sänger.

Natürlich ... Wie war das Publikum gestern Abend? Waren mehr ältere Fans oder auch junge, neue Anhänger in den ersten Reihen?

Brian: Wir haben sehr viele Gesichter gesehen, die wir noch von damals kennen. Die uns schon jahrelang begleiten und mit uns älter werden. Aber es gibt genauso viele neue Fans darunter. Allerdings nicht so viele junge Mädchen. Einige 16-jährige und ältere Teenager sind dabei, aber auch viele Erwachsene, Eltern und sogar Omas und Opas. Wir machen jetzt Platten, die ein breites Publikum ansprechen. Wir nehmen die Songs für Musikliebhaber auf, egal welchen Alters und welchen Geschlechts.

Howie: Es ist spannend die Gesichter zu sehen, die man noch von früher kennt. Sie werden älter, genauso wie wir (lacht). "Never Gone", you know?!

Ja, und eure neuen Songs scheinen sie auch zu mögen. Ihr habt gestern zwar viele alte Hits gesungen, aber natürlich auch das neue Album vorgestellt, das noch nicht erschienen ist, und trotzdem konnten alle die Texte auswendig und haben lauthals mitgesungen. Das war wirklich beeindruckend ...

Kevin: Ja, das fühlt sich gut an und ist immer wieder erstaunlich.

Und sie sind sehr laut. Man hat ständig diesen Kreisch-Pegel im Ohr. Das muss doch auf Dauer schrecklich sein, oder?

(Alle lachen)

Howie: Nein, das ist Energie. Sie halten die Show am Laufen. Wir haben schon tausendmal die Songs performt, das Publikum, das jede Textzeile mitsingt und laut schreit, hält unsere Show frisch.

Kevin: Sie fühlen unsere Energie, und wir fühlen ihre Energie.

Verspürt ihr denn einen größeren Druck mit eurem neuen Album? Im Hinblick auf eure zahlreichen Erfolge in der Vergangenheit?

Kevin: Mit unserem aller ersten Album waren die Erwartungen sehr hoch. Wenn du vorher noch nie ein Album gemacht hast, muss das erste natürlich was Besonderes sein. Und wenn die nächste Platte die erste nicht toppt, wird es sofort als Misserfolg gesehen. Eigentlich haben wir schon mit dieser Platte dem Schicksal eins ausgewischt, weil niemand geglaubt hat, dass wir so lange dabei bleiben würden. Und wir finden, dass es wirklich eine tolle Platte ist. Wir sind alle stolz darauf und hoffen, dass sie allen gefällt. In einer Karriere gibt es Höhen und Tiefen. Wir wollen unsere Karriere aufrechterhalten. Wir hoffen einfach, dass es gut geht.

Was habt ihr die letzten sieben Jahre gemacht? Es gab einige Soloprojekte. Auch von dir Brian?

Brian: Wir alle haben diese Pause für unsere individuellen Dinge genutzt. Ich versuche es mal kurz zusammen zu fassen. Kevin hat die Rolle des Anwalts Billy Flynn in dem Musical "Chicago" gespielt. Für ihn ist damit ein Traum in Erfüllung gegangen. Howie hat mit seinem älteren Bruder eine Firma gegründet und baut gerade ein Hotel in Florida. AJ hat viel an sich selbst gearbeitet. Er ist jetzt seit drei Jahren clean, und wir sind stolz darauf. Er ist jetzt das stärkere Glied in der Kette. Er ist zuverlässiger geworden und hat wieder mehr Vertrauen gewonnen. Er ist zudem mit eigenen Songs und einem Soloalbum beschäftigt. Nick hat bereits ein Soloalbum heraus gebracht [Der eher nicht so erfolgreiche Alleingang "Now Or Never" erschien 2002, Anm. der Redaktion] und auch eine Solotour hinter sich und schreibt an neuen Stücken für seine zweite Veröffentlichung. Ich habe mich meinem spanisch/englischen Soloalbum gewidmet, dass wahrscheinlich im Frühjahr heraus kommt. Das Wichtigste für uns war vor allem auch die Pause zu nutzen, um mehr Zeit mit unseren Familien zu verbringen. Ich habe übrigens meine eigene Familie gegründet (grinst selig). Meine Frau und ich haben einen 2½-jährigen Sohn namens Baylee. Die Vaterschaft steht mir hoffentlich (lacht) ...

Ja, sieht gut aus. Herzlichen Glückwunsch.

Brian: Vielen Dank. Auf jeden Fall waren und sind wir alle sehr gut beschäftigt. Der Hauptgrund, warum die Brüder wieder zusammen gekommen sind, ist, dass wir lieben, was wir tun. Die Leidenschaft zur Musik vereint uns und vor allem unsere Fans. Als Kevin in London auf der Musical Bühne performte, warteten sehr viele Fans draußen und immer tauchte dieselbe Frage auf: Wann kommen die Backstreet Boys wieder?" Das haben wir alle in der Pause sehr oft gehört und in diesen Jahren fest gestellt, dass wir uns vermissen, aber vor allem auch unsere Fans. Diese Pause war schon sehr wichtig für uns. Jeder Einzelne von uns ist stärker geworden, das macht uns in der Band auch sehr viel stärker, und das ist gut so.

Was für Musik hört ihr eigentlich privat?

Howie: Ich denke, wir alle haben die Pause dazu genutzt, andere Bands und Musik anzuhören. Zum Beispiel Coldplay, Train, Maroon 5 ...

Interessant. Und kennt ihr auch deutsche Bands?

Howie: Hmm, Kruder & Dorfmeister. Sind die aus Deutschland?

Nein, nicht ganz. Österreich, aber die mag ich auch sehr gerne.

Howie: Ich habe sie vor einigen Jahren mal live gesehen. Das war großartig. Ansonsten mögen wir vor allem eure Dance-Musik, die es schon vor einigen Jahren gab. Die hat auf jeden Fall die Staaten beeinflusst.

Kevin: Unser Musikgeschmack ist sehr breit gefächert. Ich höre alles von Country bis Hip Hop. Und alles, was dazwischen liegt, Rock, Jazz, Musicals...

Hast du ein Lieblingsmusical?

Kevin (seufzt und denkt nach): Vielleicht "Bye Bye Birdie"?

Kenne ich nicht. (Daraufhin fängt Howie im Hintergrund an, den Titelsong zu singen: "Bye Bye Birdie...")

Kevin: Es ist eine Art Satire über das Leben von Elvis Presley und die damalige Superstar-Hysterie im Allgemeinen. Die Handlung und die Musik ist sehr lustig. Es zeigt die verschiedenen Facetten der fünfziger Jahre, vom leichten Swing bis hin zum Rock'n'Roll im Elvis-Stil. Ja, das gehört wohl zu meinen Lieblingen, und "Grease".

(Und wieder singen die Jungs im Hintergrund "Go Grease Lightning ..." Ein schöner Abschluss - der Promoter winkt schon sehr heftig. Nur noch eine letzte Frage.)

Wir haben da dieses Radio-Ding LAUT.fm am Start, und da haben sich meine lieben Kollegen was ganz Besonderes ausgedacht. Nämlich, ob ihr nicht folgenden Satz sagen könntet: "Hi, we're the Backstreet Boys and you won't hear our music on laut.fm!"?

Kevin (reagiert sofort skeptisch und wiederholt): Won't Hear Our Music?

(Dennoch machen sich alle brav vor dem Mikro bereit. Die Jungs reagieren per Knopfdruck ... oder doch nicht?)

Brain: Laut.fm?
Kevin: Wieso müssen wir das sagen?

Ja, ich weiß, das klingt ein wenig seltsam, aber es ist einfach nur ein Spaß unter Kollegen ...

(Dann zählt einer brav an, und die drei sprechen den Satz ein wenig zu laut, aber wie einstudiert ins Mikro. Sie wiederholen ihn sogar noch mal, weil sich einer versprochen hat. Das nenne ich Professionalität.)

Vielen Dank und viel Spaß auf eurer nächsten Tour!

Brian: Wir danken.
Howie: War nett, dich kennen zu lernen. Auf Wiedersehen ...)

(Ich glaube, der Kevin, ein wirklich unlustiger Kerl, ist danach sofort zum Promoter gerannt und hat gepetzt. Ich habe dann nämlich nur noch gehört, wie der Promoter sagte: "Nein, laut.de ist kein Radio, das ist ein Online Magazin". Dann bin ich schnell abgehauen ...)

Das Interview führte Jasmin Lütz

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