laut.de-Kritik

Pogo-Party mit Lyrics über Todesangst und Weiblichkeit.

Review von

Immer in Bewegung bleiben: Mit diesem Motto erbauen Bad Cop/Bad Cop auf ihrem dritten Album "The Ride" eine temporeiche Melodycore-Achterbahn, die sich durch politische Statements und persönliche Schicksale schlängelt. Die neunjährige Geschichte des Quartetts aus Kalifornien wies mit einem Besetzungswechsel und dem Entzug von Sängerin Stacy Dee bereits einige Talfahrten auf, die aber nicht an der positiven Grundeinstellung der Band rütteln konnten.

2018 bekam Dee die Diagnose Brustkrebs. Sie gewann den Kampf gegen den Tumor und verarbeitet dieses einschneidende Erlebnis nun im Power-Song "Breastless". Hier verpacken Bad Cop/Bad Cop das tonnenschwere Thema in eine leichtfüßige Pogo-Party, die den introspektiven Lyrics über Todesangst und Weiblichkeit energiegeladene Riffs entgegensetzt.

Diese Aufarbeitung gibt den Spirit der Band wunderbar wieder. Mit mehrstimmigen Harmonien, Power-Chords und Rhythmen im höchsten Gang stürmen Bad Cop/Bad Cop auf "The Ride" gegen politische und soziale Missstände, reflektieren die eigene Vergangenheit und feiern die bedingungslose Selbstliebe. Der Festivalsommer fällt dieses Jahr ins Wasser, doch für das Flunkyball-Turnier im heimischen Garten liefern Bad Cop/Bad Cop die perfekte Begleitung.

Mit Ska-Gitarre bittet das Quartett im Opener "Originators" zum Tanz, der sich über die gesamte Albumlänge erstreckt. Empowerment bleibt auch hier das zentrale Thema, wenn Bad Cop/Bad Cop der ziellosen Generation Y einen Kompass in die Hand drücken: "Kill the machine and free from the flock / Well, don't you know you can be anything, anything, anything in this world". Diese Unbeschwertheit kann auch im krisengebeutelten Jahr 2020 ganz einfach erscheinen.

Ihre Wut entlädt die Band an anderer Stelle - etwa im kompromisslosen "Certain Kind Of Monster", wo sie mit hoher Schlagzahl auf die Einwanderungspolitik der Ära Trump eindrescht. Furiose Riffs zerreißen Trumps Abschiebepläne in der Luft, während Bassistin Linh Le ihrem Ärger Luft macht: "Don't call people illegal / When they've done nothing wrong / Don't call people illegal / When they've been here all along". Les Eltern flüchteten in den Siebzigern selbst aus Vietnam in die USA.

Le verknüpft die eigene Familienhistorie auch in "Pursuit Of Liberty" mit aktuellen Ereignissen an internationalen Grenzen und blickt mit Fassungslosigkeit auf das Vorgehen der Politik. "By raising the fences we're lowering the bar / It seems like we're traveling back to Manzanar / By persecuting people just trying to be free / We're stopping them from their pursuit of liberty". Musikalisch reißen Bad Cop/Bad Cop hier melodischen Mitsing-Punk ab, der rudimentär und inbrünstig durch den Protestsong holzt. Anti-Flag- und NOFX-Fans frohlocken.

Fat Mike zeigt sich auch für die Produktion mitverantwortlich, was die hohe Dichte an eingängigen Melodien erkennbar macht. Riff-Schusssalven treffen etwa in "Perpetual Motion Machine" auf eine mitreißende Hook. Der Vergleich mit einem Perpetuum mobile gerät äußerst treffend, denn auf "The Ride" lassen sich Bad Cop/Bad Cop durch nichts aus der Fahrt bringen. Dass sich das Album auf gesamter Länge etwas abwechslungsarm anfühlt, fällt da kaum ins Gewicht.

Einzig die Pianoballade "Sing With Me" lässt "The Ride" am Schluss langsam ausrollen und versprüht dabei herzerwärmendes Lagerfeuer-Flair. Ein Gefühlt, als würde man in den Arm genommen werden. So begegnen Bad Cop/Bad Cop auf ihrem dritten Album allem Übel auf der Welt mit unerschütterlichem Optimismus, den sie in hochenergischen Punk-Brettern kanalisieren. "Theres's no destination, there's only the ride."

Trackliste

  1. 1. Originators
  2. 2. Certain Kind Of Monster
  3. 3. Take My Call
  4. 4. Simple Girl
  5. 5. Breastless
  6. 6. Perpetual Motion Machine
  7. 7. Community
  8. 8. Pursuit Of Liberty
  9. 9. The Mirage
  10. 10. I Choose
  11. 11. Chisme
  12. 12. Sing With Me

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1 Kommentar

  • Vor 3 Jahren

    Definitiv das spannendste Fat Wreck Signing der letzten Jahre, wo Licht und Schatten ja oft beieinander liegen. Ob The Ride an den grandiosen Vorgänger Warriors (irgendein US-Zine nannte es mal treffend the first important feminist punk album in the era Trump) rankommt braucht bei mir noch ein paar Durchläufe und das liegt nicht zuletzt daran, dass Fat Wreck 2020 mit eklatanten Lieferverzögerungen bei Neuerscheinungen auffällt...