laut.de-Kritik

Die Amis läuten nicht den zweiten Frühling ein, sondern ihren Karrieresommer.

Review von

Die geübten Farbenspieler setzen dieses Mal ihr ganzes Können auf Violett – und gewinnen. Dabei wäre das bloße Erscheinen von "Purple" für viele Baroness-Fans schon ein Segen gewesen. Ein Zeichen, dass es weiter geht, irgendwie.

Das war schließlich nicht selbstverständlich, nachdem am 15. August der Tourbus verunglückte und die Band schwere Verletzungen, mental wie physisch, davon trug. Bassist Matt Maggioni und Schlagzeuger Allen Blickle verließen in Folge des Unglücks die Band. Strippenzieher John Baizley musste sich deshalb nicht nur mit der Genesung seines zerschmetterten linken Arms gedulden und sich nur langsam, zunächst über eine akustische Solotour wieder ans Gitarrenspiel herantasten, er war auch gezwungen, neue Mitstreiter zu rekrutieren.

Doch aus der Tragödie entstanden bekanntlich schon etliche große Kunstwerke. So auch hier. Die posttraumatischen Nachwirkungen verarbeitet Baizley mit seinem alten Freund Pete Adams und den neuen Gefährten Sebastian Thomson und Nick Jost zum bislang besten Baroness-Album.

Die Gitarren im Opener "Morningstar" imitieren Fanfaren, ein kurzes aber heftiges Drumfill unterstützt die Laudatio für den Wiedereinzug in den Alternative-Metal-Olymp und dann bricht es los, das erste eruptive Riff, das alle Regler auf Angriff dreht.

In diesem Song fährt die Band bereits die gesamte Rezeptur auf, die Baroness gekonnt in neun weitere Formen gießen: Dringlicher, oft mehrstimmiger Gesang, harte Metal-Passagen, verzaubernde Twin-Lead-Guitars und flächige Synthies. Nick Jost an Bass und Keyboard ist ein echter Zugewinn für den Sound der US-Amerikaner.

Das wird in "Shock Me" noch deutlicher. Ein kuschliger 80er Alphaville-Sound spielt zu Beginn mit den Erwartungen und grinst sich dann schelmisch in die eigene Tasche, wenn der "Schock" auf Hörerseite in einer treibend gefälligen Hymne verpufft.

Der einzige Song, der direkten Bezug auf das für die Band einschneidende Erlebnis nimmt, heißt "Kerosene". In ungeraden Takten thematisiert Baizley hier das auslaufende Benzin, nachdem der Bus die Böschung hinunter gestürzt war. Andere Anspielungen muss man eher zwischen den Zeilen suchen.

Offensichtlicher ist, dass Baroness auf "Purple" alle Stärken ihrer Diskografie vereinen. Zugänglichkeit und Komplexität stehen in harmonischem Einklang, die Härte des Sludge-Metal trifft auf opulenten Pop-Appeal, krachende Riffs und schnörkellos schöne Instrumentalpassagen reihen sich zwischen geballte Männerchöre. Und dann ist da noch das ein oder andere unwahrscheinlichere Elemente, das die Vielschichtigkeit der Platte manifestiert.

"Chlorine And Wine" etwa beginnt als zeitlos schönes Ambient-Postrock-Stück, ehe aus der getragenen Atmosphäre das ornamentale Highlight der Platte entspringt. "lease don’t lay me down", singt Baizley da. Wer würde das wagen?

"The Iron Bell" wiederum verzückt mit einem zackigen Rhythmus aus der Indie-Disco. Und spätestens wenn in "If I Have To Wake Up (Would You Stop The Rain)" dann tatsächlich die Glocken zu läuten beginnen, wird deutlich, dass die Fast-K.O.-Gruppe mit "Purple" nicht etwa den zweiten Frühling, sondern ihren Karrieresommer einläutet.

Trackliste

  1. 1. Morningstar
  2. 2. Shock Me
  3. 3. Try To Disappear
  4. 4. Kerosene
  5. 5. Fugue
  6. 6. Chlorine & Wine
  7. 7. The Iron Bell
  8. 8. Desperation Burns
  9. 9. If I Have To Wake Up (Would You Stop The Rain?)
  10. 10. Crossroads to Infinity

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