laut.de-Kritik
Erfolgloses Ringen mit dem inneren Macho.
Review von Josephine Maria Bayer"Das ist mein Tag, an dem mir keiner was sagt. Lass die Sorgen doch regnen, ich lieg trotzdem im Park. Soll meine ganze Welt heute untergeh'n. Ist mir egal, heute nicht!" Mit dem vierten Studioalbum "Heute Nicht!" führt Ben Zucker seine Tradition der Ausrufezeichen-trächtigen Albumtitel fort und macht den Sorgen eine Kampfansage.
Der Titeltrack beginnt mit einem ruhigen und von Klavier unterlegten Intro. Im Refrain beginnen Bass und Synths zu scheppern, ein Kinderchor singt die Hook "Heute nicht!" im Hintergrund inbrünstig mit. Ein schrilles Synth-Zwischenspiel soll die Partystimmung zum eskalieren bringen.
Auf dem Cover posiert Zucker oberkörperfrei, in jeder Hand trägt er einen Autoreifen. Anders, als das Artwork vermuten lässt, bemüht sich Zucker mit dem Track "Männer" darum, kein stereotypisches Macho-Männerbild zu vermitteln. Das erinnert an den gleichnamigen Song von Herbert Grönemeyer, jedoch ohne dessen sarkastischen Tiefgang. Die Zeile "Männer sind nicht ganz einfach, aber leicht zu versteh'n" könnte auch von Mario Barth stammen. Die Abkehr von Klischees gelingt Zucker nicht so wirklich, denn zum Mann-Sein gehören für ihn auf jeden Fall solche Dinge wie Fußball am Samstag, zu viel Saufen, lautes Rumschreien und das Bedürfnis nach der eigenen Man Cave.
An den sperrigen Reimpaaren könnte Zucker noch etwas feilen: "Wir hab'n geraucht und geklaut und die Schule lief schlecht. Aber was heut zählt: Wir war'n bereit für die Welt und die Freundschaften echt." Ähnlich angestrengt wirkt der Reim "Ich brauch' kein Hollywood. Denn ich hab' Ostseeluft".
"Wir Sind Immer Noch Hier", ein energiegeladener Post-Pandemie Song, wie es ihn mittlerweile in tausendfacher Ausführung gibt. Jede Band, jeder Künstler hatte in den letzten zwei Jahren so einen Ich-Steh-Wieder-Auf-Song am Start. Auf einem Album, das 2023 erscheint, wirkt diese Nummer bereits etwas veraltet.
"An Diesen Tagen (feat. Kerstin Ott)" weist ebenfalls einen erheblichen Mangel an Originalität auf. Inhaltlich und melodisch klingt er wie ein Abziehbild von "An Tagen Wie Diesen" von den Toten Hosen. Exemplarisch für den Großteil der Songs, weist der Refrain einen stampfenden Beat auf.
"Verdammt, es ist noch lange nichts verlor'n" singt Zucker in "Verdammt". Dabei begleiten ihn Klavier und Streicher. Im Kontrast zu dieser Hoffnungsbotschaft steht das nihilistische "Die Weißen Tauben Sind Müde". Der Song stammt ursprünglich aus der Feder von Hans Hartz, der eine ähnlich raspelige Stimme hatte. Die Begleitung wechselt zwischen einer feierlichen Klavierbegleitung und E-Gitarrenriffs. Zuckers Interpretation wirkt weniger Schlager-lastig und etwas poppiger als das Original. Streicher läuten den Song mit viel Pathos aus.
Zum Schluss serviert uns Zucker eine Rock-Ballade mit dem vielversprechenden Titel "Das Beste Kommt Noch". Das will man hoffen, denn das Schlimmste dürfte nach dem Hören dieses Albums bereits hinter uns liegen. Plumpe Beats, laute, nervtötende Synths und Zuckers sentimental-trotziger Raspelgesang machen "Heute Nicht!" zu einem äußerst abwechslungsarmen Hörerlebnis.
16 Kommentare mit 15 Antworten
Der einzige Zucker, der hier was zu suchen hat, ist der auf Posen.
Ich mag Zucker über Japan von den TeppichMesserBois lieber. Und Zuckerwatte von Oliver Koletzki & Juli Holz ist klebrig, aber eben auch süß. Ben Zucker ist mehr so Süßstoff.
Ich mag Dich lieber, weil Du das so schön ergänzt hast.
Musik wie Günthers beer breath.
Cover = netter Michael Wendler-Diss/Parodie
Ich kenne ihn nicht. Josephine kennt den auch nicht. Der war nie am Zuckerhut, den kennen wir nicht.
Was ist das schon wieder für ein Hurensohn?
Freizügige Albencover von weiblichen Interpreten werden nicht so abwertend kommentiert.
Warum?
Könnte man mal ausführlich diskutieren.
@7SuendenaufeinemStreich:
Ich glaube, das ist nur eine Frage der Bildkomposition. Es macht sich nie wirklich gut, wenn auf dem Cover etwas mehr Profil hat als der Interpret ...
Gruß
Skywise
Touché!