laut.de-Kritik
Konventioneller Kirmes-Elektro trifft hier auf Eurodance-Konserve.
Review von Ulf KubankeNachdem Anfang des Jahres bereits "Omen" erschien, kommt nun Teil zwei "In Alle Ewigkeit". Obwohl die Scheibe neun Titel enthält, geht sie nicht ganz als reguläres Album durch. Neben drei neuen Pohl-Tracks gibt es Kollabos, Neubearbeitungen, Remixe und Demos. Das Ergebnis ist ein Schaulaufen der einmal mehr unfreiwillig gruseligen Art.
Schon der Opener "In Alle Ewigkeit" lässt ahnen: Für alle, die älter als 14 sind und nicht auf untoten Schlager der Marke Dark Tenor, Oonagh oder Helene Fischer stehen, ist das Beste an dieser Quasi-Best-Of womöglich der Weg zum Papierkorb. Auf das Publikum wartet ein schimmeliger Haufen abgezockter Konfektionsware. Konventioneller Kirmes-Elektro trifft hier auf Eurodance-Konserve. Beide erzeugen mit dem schauderösen Text lieblosen Tüdelkram ohne jede künstlerische Relevanz oder Identität.
"Ganz allein und nur auf dich gestellt. Jede Nacht zählst du deine Narben." Die einzigen Narben, die es sich hier lohnt zu zählen, sind jene in der Ohrmuschel des Hörers. In der Alternativ-Version zum Ende der Platte gibt es das Grauen dann als Pseudo-Rock mit zahnlosem Gitarrenimitat, neben dem sogar Wolle Petrys Gummigitarren als echter Teflonrock dastehen.
"Kinder Der Sterne" (mit Newcomer Meinhardt) geht den audiophoben Weg konsequent weiter. Ein Lied wie ranzig gewordene Träume von der Sehnsucht nach gelungenen Ideen. Öliges Sphärenpiano, schleimig-untote Gregorian-Chöre und Zeilen wie aus dem Sprüchekalender für Hobby-Esoteriker? Das kann doch nur ein Scherz sein. Oder ist Pohl gar ein großer Humorist und Satiriker? "Gib niemals auf, wenn der Himmel auch weint. Wir sind Kinder der Sterne. Wir verglühen im Raum; wir strahlen uns an." Da wird das Sternenkind ganz schnell zur Sternschnuppe.
Die Neubearbeitung von "Weg Zu Mir" (Original von "Child Of Glass") macht erkennbar auf weiblichen Todesengel. Das hat schon 1999 nicht funktioniert. Hier wird alles tatsächlich noch furchtbarer. Statt eines anmutigen Himmelwesens gibt es nur Blutstau und Gedengel. Der Gesang klingt brav und klinisch. Das lahme Baukasten-Geplucker taugt höchstens für die Telefonwarteschleife. "Erkennst du mich denn nicht? Bin ich dir unbekannt?" An diesem Punkt des Album wünscht man sich, dem wäre so.
Allein die beiden Tracks mit dem Dark-Dance-Projekt Grenzgaenger ("Nightlife", "Insane") bringen zumindest einen Hauch inspirierter Club-Ästhetik. Der leichte Future-Pop-Touch plus Floor-Geballer zeigt, dass diese Grenzpatrouille um ein vielfaches mehr Ideen hat als Pohl. Frisches Blut für den anämischen Blutengel!
Die nachfolgend belanglosen Demos machen diesem kurzen Zwischenhoch wenig überraschend vollends den Garaus. Wer in dieser Adventszeit jedoch nach einem Geschenk für Leute sucht, die man nicht so gern mag, liegt hier goldrichtig.
6 Kommentare mit 6 Antworten
Boah, ne ey. Die schon wieder. Brr.
ungehört 5/5
Manchmal ist ignorieren der bessere Weg. Man wird, das ist sicher, nie genug Zeit für all die lohnenswerte Musik da draußen haben. Warum also welche mit Blutengel verschwenden? Dagegen ist sogar die neue ASP ein Jahrhundert-Monolith. Was würde ich geben für eine richtig gute neue Schwarze-Szene-Scheibe...
aus hörersicht verständlich. privat könnte ich mir das auch nicht geben. aus profisicht des autors ist das natürlich etwas anders. hier kann die musikseite (mit u.a. auch lexikonfunktion) die unleugbare beliebtheit und kommerzielle relevanz nicht ignorieren.
was man jedoch kann: das lieblose nivellieren einer im grunde greoßartigen kunstrichtung demaskieren und ein gegengewicht zu all den jubelpersertexten der szeneblätter liefern. spreu vom weizen trennen nd so.
....und es macht auch durchaus spaß, die herausforderung an zu nehmen, solch einen text zu schreiben, der zumindest den versuch unternimmt, etwas mehr zu nterhalten als solch ewig gleiche reißbrettmucke von der stange. ob das gelingt, kann nur der leser entscheiden.
ps: das neue anna v hausswolf-album empfehle ich dir. das ist zwar keine typischer goth. dennoch hat die gute wölfin 100 mal mehr gothenblut in den adern als solche kapellen.
Die wollten wohl einfach wieder was clubtaugliches abliefern, was man überall spielen kann.
Heissen die wirklich Blutengel? Selten son bescheuerten Namen gehört, sollen sich verpissen und bitte keine Musik machen.
Früher hiessen sie "Blutschwengel" aber das war ihnen zu blöd.
Absolut lächerliche Scheiße. Grotesk schlecht. Musikalisch völlig irrelevant und erschreckend talentfrei. Unterirdisch. Scooter für den Möchtegern-Goth. 0/5.
Gibt es eigentlich irgendeine Studie die mal die Grüne benennt warum subkulturelle Musikformen mit der Zeit immer weiter degenerieren? Das ist ja nicht nur ein Phänomen der Gothicszene.
Viellecht, weil die Künstler davon leben wollen/müssen ^^?
Das ist kein Argument.