laut.de-Kritik

Nachdem die Band warm gespielt ist, kracht es ordentlich.

Review von

Bon Jovi sind eine der erfolgreichsten Rockbands dieser Zeit. Über 2.500 Auftritte haben sie bisher absolviert, nicht wenige davon in großen Stadien. Mit ihrem mittlerweile zehnten Studioalbum "Lost Highway" gingen sie auch 2007 auf Tour. Im Zuge dessen nahmen sie am 30. Juli dieses Jahres die Live-DVD "Lost Highway: The Concert" in Chicago auf.

Eigentlich hatte ich erwartet, dass uns Bon Jovi mit der DVD einmal mehr zeigen möchte, was für eine tolle Truppe sie doch sind und dass es dieses Mal geschafft haben, das Fußballstadion in Pjöngjang zu füllen. Falsch gedacht. Der Konzertsaal ist höchstens so groß wie der des Musikantenstadls. Vierhundert Zuschauer haben darin nur Platz. "We are so happy […] and now you are so close, that you can smell us!" Da hat Jon wohl recht.

Los geht's passenderweise mit "Lost Highway". "Hey, Hey!" – und ab jetzt haben wir alle gute Laune! Der Song klingt wie im Radio. Und die DVD macht deutlich, warum er da immer so nach emotionslosem Rock'n'Roll klingt. Jon Bon Jovi ist emotionslos. Wäre ich vielleicht auch, mit 2.500 Konzerten auf dem Buckel. Das sieht man allerdings nur, wenn die Kamera etwas näher kommt. Von weitem sehen die Bewegungen der Band trotzdem nach mächtig Spaß und guter Laune aus.

Vor der Bühne stehen junge Frauen, alle wohl um die zwanzig, mit dezent tiefem Dekolleté, aber nicht billig. Ob der Türsteher am Eingang wohl selektiert hat? Man weiß es nicht, die Männer stehen jedenfalls eher weiter hinten, schließlich brauchen die Mädels vorne auch viel Platz zum Tanzen.

Für das Konzert haben Bon Jovi noch ein ganz tolles Feature mitgebracht: Einen Gastcountrymusiker, der im Laufe des Konzerts noch an Bedeutung gewinnen wird. Bei "Lost Highway" spielt er diese klanglos hölzerne, schnelle Countrygitarre, wie man sie aus dem Hintergrund von "Super Mario" kennt.

Wirkliche Begeisterung kommt bei der Band erst wenig später mit "A Memory" auf. Besonders Richie Sambora beeindruckt mich hier mit einem scheinbar unspektakulären Solo mit klasse Melodieführung im tiefen Tonbereich und ordentlichem Charisma. Dazu singt er seinen eigenen Backgroundchor mit einer luftigen, hohen Kopfstimme und geschlossenen Augen.

Der Countrymusiker im Hintergrund tut sein Übriges, indem er mit seiner Zither fast unauffällig einen warmen und weichen Sound beisteuert. Im Publikum sieht man immer wieder strahlend lächelnde Mädchen mit glänzenden Augen. Spätestens jetzt dürften knapp dreihundert Herzen gebrochen worden sein.

"Der Schlauch am Gitarrenverzerrer" hat vor sieben Jahren den Song "It's My Life" zum Hit gemacht. Er bringt die Gitarre zum Singen. Dass sich das beim ersten Probieren nicht sofort gut anhört, weiß jeder Gitarrist, der das schon mal versucht hat. Bei "We Got It Going On" zeigt Sambora, dass er die Technik perfekt beherrscht.

Eine weitere großartige Interpretation ist "Till We Ain't Strangers Anymore". Im Studio wurde der Song mit LeAnn Rimes aufgenommen. Auf der Bühne übernimmt ihren Part die Backgroundgeigerin.

Alles in allem bin ich von der DVD positiv überrascht. Jon Bon Jovi braucht zwar drei Tracks, bis er aus der Routine herauskommt, aber dann kracht es ordentlich. Besonders gut gefällt mir, dass sich das Programm nicht auf alte Hits stützt, sondern mit den neuen Tracks vom aktuellen überzeugt.

Trackliste

  1. 1. Lost Highway
  2. 2. Summertime
  3. 3. (You Want To)Make A Memory
  4. 4. Whole Lot Of Leavin
  5. 5. We Got It Going On
  6. 6. Any Other Day
  7. 7. Seat Next To You
  8. 8. Everybody's Broken
  9. 9. Till We Ain't Strangers Anymore
  10. 10. The Last Night
  11. 11. One Step Closer
  12. 12. I Love This Town
  13. 13. It's My Life
  14. 14. Wanted Dead Or Alive
  15. 15. Who Says You Cant Go Home

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