Porträt

laut.de-Biographie

Brooklyn Funk Essentials

Aufräumen ist zuweilen keine schlechte Idee. Im vorliegenden Fall gibt die Ordnungsliebe des Produzenten Lati Kronlund den Ausschlag für ein Projekt, das noch viele Jahre später weltweit für Begeisterung sorgt.

Brooklyn Funk Essentials - Funk Ain't Ova
Brooklyn Funk Essentials Funk Ain't Ova
Den Funk im Griff: Amtliche Grooves auf vertrautem Terrain.
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Aus zu Sessionzwecken zusammen gewürfelten Musikern entwickeln sich die Brooklyn Funk Essentials, ein Künstlerkollektiv, das Genre-Grenzen überspringt: "Cool And Steady And Easy".

Eigentlich habe er sich lediglich entspannen wollen, so Kronlund gegenüber dem Magazin Intro. Zu diesem Zweck kramt er zu Beginn der 90er im Studio seines Kollegen Arthur Baker herum und schwelgt in einer Flut alter Tapes. Er stößt auf Aufnahmen von Maceo Parker, Tower Of Power und ähnlicher Kaliber, zeigt sich vom Gehörten jedoch wenig überzeugt.

"Ich glaube, dass in den 80ern sehr viel gute Musik von fehlendem Einfühlungsvermögen seitens der Produzenten zerstört wurde. Also habe ich mich an die alten Sachen gesetzt und auf deren Grundlage, das heißt, den Soli, neue Stücke entworfen. So kam die Sache ins Rollen." Arthur Baker ist bald ebenfalls angefixt. Beide suchen Musiker, um ihre Ideen umzusetzen.

Eigentlich hätte es lediglich eine Reihe von Jam-Sessions geben sollen. Zu den Instrumentalisten gesellen sich rasch die DJs Jazzy Nice und Smash sowie Vokalisten unterschiedlicher Ausrichtungen. Aus der ursprünglich losen Gruppierung kristallisiert sich nach und nach ein festes Line-Up heraus, das seit 1993 unter dem Namen Brooklyn Funk Essentials firmiert.

Hanifah Walidah, auch bekannt als Sha-Key, Stephanie McKay, Raggamuffin-MC Papa Dee und Joi Cardwell teilen sich das Mikrofon. Zudem holt Kronlund zwei Dub-Poeten ins Boot: "Ich hatte das Gefühl, dass es genügend Rapper im Acid-Jazz-Bereich gibt. Da ich persönlich die Dichtung von Künstlern wie Everton Sylvester oder David Allen sehr gut finde, wagte ich das Experiment, sie zu der Musik sprechen zu lassen. Es kam gut an!"

Bläser, Drummer, Gitarristen, Keyboarder und zwei Percussionisten, darunter Steely Dans E. J. Rodriguez, sorgen gemeinsam mit Bill Ware am Vibrafon für den üppigen Sound. Die Brooklyn Funk Essentials etablieren sich als fixer Bestandteil der New Yorker Jazz-, Hip Hop- und Slam Poetry-Szene.

Dass die bunte Truppe, die hemmungslos Jazz, Hip Hop, Dancehall, Reggae, Dub, House, Ska und Disco durch den musikalischen Fleischwolf dreht, auch prominente Zeitgenossen zu ihren Fans zählt, beweist 1995 das Debütalbum "Cool And Steady And Easy". Hier wirken neben den Tower Of Power Horns unter anderem Maceo Parker und Dizzy Gillespie mit.

Der Longplayer erscheint zunächst auf einem britischen Label, dann jedoch auch in den USA und weltweit. Gleich die erste Single wächst sich zum Hit aus: Jawohl, man darf Pharoah Sanders' Klassiker "The Creator Has A Master Plan" durchaus in ein Reggae-Gewand stecken. Billboard deklariert "Cool And Steady And Easy" zum R'n'B-Album des Jahres. Einige der Titel erlangen Kultstatus und sind später auch in Werbespots für Nike und Hennessy zu hören.

Die Brooklyn Funk Essentials touren unermüdlich und teilen sich dabei die Bühnen mit Parliament/Funkadelic, James Brown, Spearhead, Ben Harper, den Roots, Jamiroquai und zahllosen anderen. Als Headliner beim Fuji Jazz Festival sichern sie sich besonders in der Türkei eine starke Fangemeinde.

Hier legen sie zudem den Grundstein für eine Kulturen übergreifende Kollaboration: Gemeinsam mit der türkisch-rumänischen Band Laço Tayfa spielen sie ihr nächstes Album ein. "In The Buzzbag" erscheint 1998 und wird für einen Grammy nominiert. Gleich drei Tracks finden zwei Jahre später Eingang in den Soundtrack zu Fatih Akins Kino-Film "Im Juli".

Ein weiteres Album und eine Welttournee später scheint zunächst die Luft raus zu sein. Die Brooklyn Funk Essentials nehmen sich eine Auszeit, die einzelnen Mitglieder verfolgen teilweise Solo-Projekte. Ganz lassen können oder wollen sie es aber auch nicht: 2006 entschließt sich der Kern der Gruppe, sich mit einem Elektro- und Dub-Programm als Soundsystem aufzumachen. Dies bleibt allerdings eine kurze Episode in der Band-Geschichte.

Ende des Jahres ist die Rückkehr zum bewährten Funk-Line-Up beschlossene Sache. Neben Lati Kronlund am Bass sind nach wie vor Hanifah Walidah, Papa Dee und Everton Sylvester am Start. Desmond Foster spielt die Gitarre, Yancy Drew Schlagzeug und Philippe Monrose sorgt für die Percussions. Iwan van Hetten an Trompete und Keyboards macht die Truppe komplett.

Auf einer erneuten Tournee rund um den Erdball erwacht die Lust am Produzieren: In New York, Paris, Amsterdam, Stockholm und Istanbul entstehen aktuelle Songs. Zum 15. Band-Geburtstag bescheren sich die auferstandenen Brooklyn Funk Essentials mit "Watcha Playin'" 2008 einen brandneuen Longplayer.

Auf ein weiteres Album des Kollektivs warten die Fans zwar weitere lange Jahre vergeblich. Die Umtriebigkeit der Brooklyn Funk Essentials lässt hingegen nichts zu wünschen übrig. Als sie 2014 ihr zwanzigjähriges Bühnenjubiläum begehen, stehen Iggy & The Stooges, George Benson, die B-52's, Bootsy Collins, Erykah Badu und Underworld auf der noch viel längeren Liste ihrer Kooperationspartner.

Wenn auch verspätet, gibts zum runden Wiegenfest auch diesmal wieder einen Longplayer, für den viele der ursprünglichen Bandmitglieder zurück an Bord kommen. Die Platte erscheint im November 2015, ihr Titel könnte als Credo über der kompletten Karriere der Brooklyn Funk Essentials stehen: "Funk Ain't Ova". Noch lange nicht.

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