laut.de-Kritik

Ein kreativer Scheiterhaufen.

Review von

Seit Burning Witches 2017 mit ihrem ersten Album auf dem Szeneradar erschienen, wuchsen sie zweifellos zu einem der bedeutendsten neuen Metal-Exporte der Schweiz heran. Mit dem guten "Hexenhammer", ihrem 2018 veröffentlichten Labeldebüt bei Nuclear Blast, gelang eine standesgemäße Fortsetzung der jungen Erfolgsgeschichte. Folgerichtig standen sie im Sommer 2019 auf den Bühnen der wichtigsten europäischen Sommerfestivals. Jetzt scheinen die schwarzmagischen Kräfte der Hexen allerdings zu schwinden. Sonderlich originell war ihr Klassiker-Mix ohnehin noch nie – aber auch nicht so furchtbar generisch und gleichzeitig überambitioniert wie auf "Dance With The Devil".

Los gehts im Iron Maiden-Galopp, mit etwas Achtziger-Thrash im Mix bei "Lucid Nightmare". Zwei Minuten lang macht das tatsächlich großen Spaß. Die Riffs knallen und auch die leichte Helloween-Schlagseite funktioniert zunächst bestens – genau wie später noch ein Motörhead-Solo im hinteren Teil. Doch was ansprechend beginnt, entwickelt sich bald zum ziemlichen Durcheinander, vor allem weil gesanglich irgendwann alles drunter und drüber geht. Hier ein Heldenschrei, dort ein B-Movie-taugliches Hexenkichern, gellendes Geheul oder Bay Area-Keifen. Wirklich überzeugt Mikro-Neuzugang Laura Guldemond aber nur bei Letzterem.

Diesem 'ein bisschen von allem'-Ansatz folgen die Schweizer auf Albumlänge und stöpseln eine Scheibe voller Filler zusammen, für die sie bezeichnend stumpfe Songtitel aus der Klischeekiste kramen. "Necronomicon", "Black Magic", "Wings Of Steel", "Dancing With The Devil" ... einfallsloser geht kaum. Immerhin passen sie zur Musik, wo müde "Oh oh oh"-Chöre ("Wings Of Steel") sich mit leblosen Allgemeinplatz-Soli ("Sisters Of Fate", "Six Feet Underground") und undynamischen Riffs abwechseln. Besonderer Coup: "Sea Of Lies", laut Pressetext "einer der besten Heavy Metal-Songs, die man 2020 zu hören bekommen wird", ist kaum mehr als ein simplifizierter NWOBHM-Abklatsch von Children Of Bodoms "Are You Dead Yet?".

Guldemund feuert zwar einige vielversprechende Hooks ab ("Six Feet Underground", "The Final Fight", "Dance With The Devil"), mangels solidem Unterbau versacken sie aber meist in Belanglosigkeit oder animieren dazu, doch lieber alte Platten von Maiden, Saxon, Blind Guardian oder Manowar aufzulegen. Finden anscheinend auch die Hexen selbst, denn einer der beiden gelungensten Songs auf "Dance With The Devil" ist ein zusammen mit Michael Lepond und Ross The Boss aufgenommenes Cover von "Battle Hymn". Symbolisch für die Ideenarmut des Albums steht außerdem die Ballade "Black Magic" – ironischerweise die einzige stilistische Abwechslung im NWOBHM-Brei. Besonders Schlagzeugerin Lala Frischknecht offenbart hier Defizite und spielt am Song vorbei, während Guldemond stimmliche Grenzen erreicht und der Versuch der Band, Atmosphäre zu kreieren, am dünnen Sound scheitert. Den verantworteten übrigens Destruction-Chef Schmier und sein Lieblingsproduzent V.O. Pulver.

Erst kurz vor Schluss reißen Burning Witches die Besen doch noch herum. Mit "Threefold Return" gelingt ihnen galoppierender Heavy Metal zum Fäusteschwingen wie er sein sollte. Schwere Midtempo-Gitarren tragen Guldemonds Reibeisen-Vocals, die bösen, leicht dissonanten Leadmelodien sitzen und die Solohexe orientiert sich bei ihrem Moment im Rampenlicht endlich an der Dynamik des Songs, statt einfach mit den nächstbesten Licks drauflos zu schrubben. Geht doch.

Trackliste

  1. 1. The Incantation
  2. 2. Lucid Nightmare
  3. 3. Dance With The Devil
  4. 4. Wings Of Steel
  5. 5. Six Feet Underground
  6. 6. Black Magic
  7. 7. Sea Of Lies
  8. 8. The Sisters Of Fate
  9. 9. Necronomicon
  10. 10. The Final Fight
  11. 11. Threefold Return
  12. 12. Battle Hymn

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