laut.de-Kritik
Straight, energetisch und kompakt wie selten zuvor.
Review von Toni HennigMit "Life Without Sound" ließen es Cloud Nothings zu Beginn des letzten Jahres nach dem knackigen "Here And Nowhere Else" deutlich poppiger und zugänglicher angehen. Das stieß bei vielen Fans der Truppe um Sänger und Gitarrist Dylan Baldi nicht unbedingt auf Gegenliebe. Demzufolge dreht die Formation aus Cleveland, die mittlerweile aus vier Mitgliedern besteht, noch einmal alle Regler auf Anschlag und präsentiert sich so straight, energetisch und kompakt wie selten zuvor.
Innerhalb von nur acht Tagen haben Cloud Nothings mit Produzent Randall Dunn (Wolves In The Throne Room, Sunn O)))) im Sonic Ranch Studio in Texas "Last Building Burning" aufgenommen. Baldi fasste die Essenz des Albums vor Kurzem in einem Statement wie folgt zusammen: "Sieben kurze Tracks und ein langer, intensive Ausbrüche, kontrolliertes Chaos." Mehr muss man im Grunde genommen nicht wissen. Schon die beiden besten Scheiben der Clevelander, "Attack On Memory" und das eingangs erwähnte "Here And Nowhere Else", folgten diesem Schema.
Alleine "On An Edge" zählt zu den kompromisslosesten Stücken der Band überhaupt. Die Gitarren schrammeln ungestüm nach vorne, das polternde Drumming von Jayson Gerycz zeugt ebenso wenig von Feingefühl. Baldis angepisste Shouts ersticken jeden aufkommenden Zweifel im Keim, dass die Formation die Härte ihrer früheren Werke nicht mehr erreichen könnte. Wer sich von diesem Song nicht ansatzweise mitgerissen fühlt, sollte vielleicht auf rumpelnden Old-School-Black Metal umsteigen.
Die restlichen Tracks knüpfen an das hohe Aggressionslevel des Openers zwar nicht unbedingt an, verfügen aber ebenfalls über jede Menge Schweiß, Krach und Herzblut. "Leave Him Now" drückt ein wenig auf die Bremse. Dafür versprühen die kurz angeschlagenen Saiten-Akkorde und der eingängige Refrain punkiges-Flair.
In "Offer An End" stellen die Clevelander dagegen mit dunklen, kraftvollen Riffs und Baldis heiserem Gekläffe ihre postpunkigen Qualitäten unter Beweis. Der 26-jährige schreit sich außerdem am Ende von "The Echo Of The World", das eher komplexe Drum-Rhythmen und filigrane Gitarren-Klänge durchziehen, die Seele aus dem Leib, als sei es sein letzter Song. In der Summe klingt der Vierer auf "Last Building Burning" so unverbraucht wie lange nicht mehr.
Mit musikalischen Querverweisen geizt die Platte dennoch nicht. Vor allem "Dissolution", das über zehnminütige Kernstück des Albums, führt dies beeindruckend vor Augen. Zunächst verlässt sich die Band, wenn die krachigen Sounds direkt in die Magengrube gehen, auf ihre bewährten Noise-Rock-Tugenden. Danach geht die Nummer in eine lange, verspielte Drum-Improvisation über, während dronige Gitarren-Flächen zusätzlich für Unbehagen sorgen.
Dass Baldi eine besondere Faszination für Free Jazz besitzt, dürfte längst kein Geheimnis mehr sein. Hier fließt dieser Einfluss tatsächlich erstmalig für ein paar Minuten in die Musik ein. Am Ende mündet der Song mit immer schneller werdenden Riffs, durchzogen vom kehligen Gesang des Frontmanns, in einem furiosen Finale, das sich von der Dynamik her sehr stark an Wipers' "Youth Of America" orientiert.
"So Right So Clean" und "Another Way Of Life" runden "Last Building Burning" souverän ab. Gerade das letztgenannte Stück erweist sich dank der treibenden Gitarren-Arbeit und dem simplen, effektiven Refrain als waschechter Ohrwurm. Trotz aller Intensität, die das Werk auszeichnet, kommen bei Cloud Nothings klare Songstrukturen nicht zu kurz. Die ungezügelte Live-Power transportiert die Scheibe trotzdem hervorragend in die heimischen vier Wände. Da sieht man über das all zu gefällige "Life Without Sound" gerne hinweg.
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