8. Juli 2002

"Marc Almond hat uns fast umgebracht!"

Interview geführt von

Vielleicht gerade deshalb dauerte es beinahe 20 Jahre, bis Coil ihre Ideen nun endlich auch als Live Performance umsetzen können. Vor ihrem Gig in der Roten Fabrik in Zürich unterhielten sich Peter Christopherson, John Balance und Simon Noris mit LAUT über ihre Zeit bei Psychic TV, ihre aktuelle Tournee und ihre exzessive Beziehung zu Marc Almond.

Ihr habt eure Europatournee vor zwei Tagen in Limoges gestartet. Wie war der Gig? Wie hat das Publikum auf das neue Programm reagiert?

John: Es war ein guter Gig glaube ich. Aber was ist eigentlich passiert in Limoges?

Peter: Hat nicht jemand was dazwischen gerufen während dem Konzert?

John: Nein, ich glaube nicht. Weißt du, wenn du auf Tour gehst, verlierst du einfach deinen Kopf. Es funktioniert dann alles automatisch. Jemand sagt was und ich reime mir die Lyrics dann oft spontan zusammen. Hinterher hört man sich das an und kann sich gar nicht mehr daran erinnern. Deshalb muss ein bisschen länger nachdenken, wenn du mir so eine Frage stellst. Aber es waren beides sehr gute Konzerte.

Ihr seit sehr lange nicht live aufgetreten. Was war es, das euch nach beinahe 20 Jahren wieder auf eine Bühne gebracht hat?

John: Es gibt einige Gründe, die uns dazu bewogen haben. Wir haben immer gesagt, dass wir auf die richtige Technik warten, um unsere Ideen umsetzen zu können. Wir hatten sehr komplexe und weit entwickelte Ideen darüber, wie unsere Musik, die Projektionen, wir benutzen live Videoprojektionen, und die Sachen, die wir auf der Bühne anhaben, sich zusammen fügen sollten zu einem stimmigen Bild. Und es war bis vor fünf Jahren einfach nicht möglich, unsere Ideen live umzusetzen. Deshalb brauchten wir eigentlich gar keine Entschuldigung, um nicht zu spielen. Aber vor einiger Zeit ist mir dann auch bewusst geworden, wie alt wir werden. Schau Peter und mich an.

Simon: Ich bin noch jung. Ich bin erst 36. (lacht)

John: (lacht) Das ist ziemlich jung. Aber ernsthaft. Mir wurde bewusst, dass ich etwas an das Publikum, die Fans zurück geben wollte und der einfachste Weg dies zu tun war live zu spielen, auch wenn mir dabei nicht ganz wohl war. Ich war überrascht, wie gut es mir dann auch der Bühne gefiel.

Es war also eine gute Erfahrung für dich?

John: Ja, eine sehr gute Erfahrung.

Werdet ihr heute wieder die gleichen Songs spielen wie im letzten Jahr?

John: Nein, es werden andere Songs sein. Wir spielen ein komplett neues Set. Coil auf Platte hat so viele verschiedene Stile, dass wir für jede Tour ein anderes Programm spielen können. Mit unserem Selbstbewusstsein, das ein bisschen, nein eigentlich stark gewachsen ist, können wir auch feinsinnigere oder raffiniertere Performances machen. Die ersten Konzerte waren mehr so eine Art Geräuschbombardement für Kopf, Ohren und den Körper.

Dann werdet ihr heute melodiösere Töne anschlagen?

John: Ja teilweise. Wir haben Cliff Stapelton mit auf Tour, der Drehleier spielt...

Ist er mit Steven Stapelton von Nurse With Wound verwandt?

John: Nein, nein...und wir haben noch Michael York dabei der Dudelsack spielt. Wir haben sie erst kürzlich kennen gelernt. Unser anderes Mitglied Thipaulsandra, der gerade mit Spiritualized auf Tour ist, hat uns gezwungen nach neuen Leuten Ausschau zu halten mit denen wir arbeiten können. Erst dachte ich, dass dies etwas Schreckliches sein würde und habe ihn verflucht und gehasst. Aber dann habe ich begriffen, dass dies ein guter Anlass ist, um sich wieder zu verändern. Deshalb arbeiten wir jetzt mit neuen Leuten zusammen.

Ihr werdet also auch richtige Instrumente benutzen, nicht nur Synthesizer?

John: Ja, ich wollte das schon lange wieder machen. Seit "Horse Rotorvator" eigentlich. Zu einigen der Melodien auf "Horse Rotorvator" wurden wir von mittelalterlichen arabischen und andalusischen Stücken inspiriert. Also ziemlich frühe Musik. Und ich wollte immer etwas aus traditioneller englischer Musik, kombiniert mit arabischen Elementen, machen. Aber mit den richtigen Instrumenten, nicht nur mit Samples. Und jetzt können wir das endlich machen.

Ich bin nur etwas überrascht, denn eure vor kurzem veröffentliche Platte "Time Machines" ist ja durch und durch synthetisch.

John: Das machen wir schon auch noch, aber jetzt können wir eben beides machen.

Kommen wir mal auf die Anfangstage von Coil zu sprechen. Wie habt ihr euch beide kennengelernt?

Peter: Ich habe damals in den 70ern in einer Band gespielt, die Throbbing Gristle hieß. Und immer wenn es eine Gelegenheit jemanden aus dem Publikum heraus zu greifen und richtig zu verwirren, dann habe ich das getan. John war einer jener Schuljungen, die zu unseren Konzerten kamen. Ich glaube du warst 16, als du zum ersten Mal auf einem Throbbing Gristle Konzert warst.

John: Wahrscheinlich 17. An der Grenze der Legalität. (lacht)

Peter: So ist es mir gelungen ihn zu hypnotisieren...

John:..., so dass ich dir überall hin folge und mache was du willst.

Peter: Leider hat er es in den 20 Jahren seither geschafft den Spieß umzudrehen. Jetzt arbeite ich für ihn.

John: Jetzt machst du, was ich will. (lacht)

Es war also mehr als nur das gemeinsame Interesse an der Musik?

John: Ja, das Interesse für den anderen, als Person. Ich erinnere mich, wie ich eine Throbbing Gristle Platte gekauft habe ... Nein, ich habe sie nicht gekauft, die Band hat sie mir geschickt ... es war "20 Jazz Funk Greats" mit Peter auf dem Cover. Und ich dachte mir hier stimmt irgendwas nicht. Meine damalige Freundin Lucy meinte, ich würde ihm den Kopf verdrehen. Ich dachte, so geht es mir auch. Es ist interessant, wie man sich in eine Photographie verlieben kann und trotzdem einen Eindruck von der Persönlichkeit bekommt. Das war bevor ich die dunklen und bösen Abgründe seiner Gedankenwelt kannte (alle lachen). Das Chaos, das er verursacht, die Ordnung, die er schafft ... Das passiert, wenn man zwanzig Jahre mit jemanden zusammenlebt.

Ich habe gehört, dass ihr große Kunstfans seid. Was für Kunst sammelt ihr?

John: Okkulte Kunst, wie zum Beispiel Bilder von Aleister Crowley, Bilder von Ausman Ostin Square. Ich kaufe auch zeitgenössische britische Kunst, aber wir sind sehr wählerisch in dieser Beziehung. Seit wir aus London weg gezogen sind, kennen wir über Freunde einige der berühmten Leute. Aber um richtig Kontakt zu haben muss man eben am sozialen Leben teilnehmen, und da wir nicht mehr in London wohnen, ist das schwierig. Deshalb verpassen wir einiges. Aber Isolation ist an sich gut.

Peter: Man kann es aber auch übertreiben?

John: Ja, das stimmt...

Peter: John hat das Haus drei Jahre lang nicht verlassen.

Macht ihr Scherze?

John: Nein, wirklich.

Peter: Ein sehr scheuer Mensch.

Was hast du dann die ganze Zeit gemacht?

John: Aus dem Fenster geschaut. (alle lachen)

Im nachhinein erscheint einem London zu Beginn der 80er als ein idealer Ort, um Musik zu machen. David Tibet wohnte dort genauso wie Marc Almond oder Genesis P’Orridge und andere. Was war es, das so viele kreative Köpfe nach London zog?

John: Ich weiß nicht, was daran so speziell war. Es war eher so, dass es im Rest von England zu dieser Zeit ziemlich langweilig war. Es war sehr demoralisierend für jeden, der irgendeine künstlerische Vision hatte. Die Menschen zieht es eben immer dahin, wo sie glauben, dass etwas passiert. Und Punk war eben eine Sache der Großstädte, wie London, Glasgow, Manchester oder Leeds, wo Marc seine Karriere begonnen hat. Schließlich waren auch die ganzen Plattenfirmen da, was für viele Leute auch ein Anreiz war nach London zu ziehen. Ich bin nach London gezogen, weil ich näher an den Throbbing Gristle und Cabaret Voltaire Leuten sein wollte. Außerdem hatte Some Bizarre eine lebendige Szene mit Einstürzende Neubauten, Matt Johnson, The The, Soft Cell, Psychic TV. Ich traf Marc damals, weil wir viel mit Psychic TV rumhingen. Du hast auch Dave Tibet erwähnt, der zur selben Zeit wie ich nach London gezogen ist. Steven Stapelton hat schon dort gewohnt. Er ist aus London. Wir trafen uns in einem Club, wo extremer Elektroniksound a la Whitehouse gespielt wurde. Es gab 1982 einen Event, der Equinox hieß. Dort trafen sich alle Leute, die später dann auch selbst Musik gemacht haben. Jim Thirlwell war da, John Goslin und die Psychic TV Leute.

Habt ihr heute noch Kontakt zu den Leuten?

John: Mit Dave Tibet bin ich in ständigem Kontakt.

Mit Marc Almond auch nehme ich an...

John: Nein, nicht so sehr eigentlich...

Aber es gab doch eine Zeit in der ihr sehr intensiv zusammengearbeitet habt.

John: Ja, wir haben viele Sachen gemacht und wir sind auch noch sehr gut befreundet, aber er reist sehr viel und wir reisen sehr viel und ab und zu treffen wir uns. Als wir in London gelebt haben waren wir sehr, sehr enge Freunde. Aber wir hatten irgendwann einmal zu viele seltsame Drogenerfahrungen. Wenn wir so weiter gemacht hätten wie damals, dann hätten wir Marc Almond umgebracht oder Marc Almond hätte uns umgebracht (lacht). Es wäre ein Doppelmord oder ein Doppelselbstmord gewesen. Wir haben uns dann entschlossen, eine gesunde Distanz zu wahren, zumindest für einige Zeit. Aber wir würden gerne wieder mit ihm arbeiten. Das phantastische an guten Freunden ist, dass ein Türspalt immer offen steht.

Simon: Das Vertrauen zu haben auch nach einem Jahr ohne Kontakt zurückkommen zu können ohne das Gefühl zu haben, dass der Freundschaft etwas fehlt. Du fängst einfach an einer neuen Stelle an und baust auf den alten Erfahrungen auf.

Warum hast du Coil gegründet, was wollest du mit diesem Projekt erreichen im Gegensatz zu deiner Mitarbeit bei Psychic TV?

Peter: Die Freiheit auf kommerzielle Überlegungen oder überhaupt auf Überlegungen, die andere Leute an dich herantragen, keine Rücksicht nehmen zu müssen. Die Egos der anderen ignorieren zu können.

John: Wessen Egos?

Peter: Eben die Egos all der Leute mit denen wir zu der Zeit zusammen gearbeitet haben. John und ich haben Coil gegründet, weil wir die Möglichkeit haben wollten alles zu tun. Ohne jede Begrenzung. Die einzigen Begrenzungen, die wir bis jetzt hatten waren entweder technischer Natur oder kreativer Natur, was aber beides keine wirklichen Grenzen sind. Deshalb haben wir Coil gegründet haben.

John: Deshalb haben wir Coil gegründet. Schon seit dem Teenageralter hatte ich immer eine Vision, dass ich Musik machen würde, die ich noch nie davor gehört habe. Das war was ich machen wollte. Ich hörte damals sehr schräge experimentelle Musik und ich wollte etwas machen, das noch niemand gehört hatte. Etwas, das ich machen konnte.

Ging es dir darum, die Kontrolle über die Musik zu haben?

John: Nein, nicht unbedingt. (Peter lacht). Eine Sekunde. Es ist nicht ganz einfach die kreative Motivation zu analysieren. Alles was ich weiß ist, dass ich es sehr stark in mir fühle. Wir fühlen es sehr stark in uns.

Es war also mehr die grundsätzliche Freiheit die du gesucht hast?

John: Zum Teil ja. Aber ich hatte auch bei Psychic TV alle Freiheit. Nur wurden dort die Ideen von vielen Leuten verwendet, ohne dass dieser Input auch entsprechend honoriert wurde. Das hat mich angenervt. Aber es war nicht wirklich der Grund warum ich Coil gegründet habe, denn es gab eine Zeit als Psychic TV und Coil perfekt zusammengearbeitet haben. Kein Wettbewerb, es ist nur sehr verschieden. Coil ist, was ich machen möchte.

Siehst du Coil primär als Band an oder hast du ein weiteres Konzept, da ihr ja auch immer viel mit Visuals arbeitet?

John: Ein Freund und Journalist, Ian Pennman, der für The Wire arbeitet, sagte einmal in einem Jahrespoll, in dem es um die Tops und Flops des Jahres ging: Top des Jahres: Coil, alles andere ist nur Musik. Das impliziert, dass Coil immer mehr waren. Ein Sprungbrett für Ideen. Aber nicht notwendigerweise nur für Musik. Wir benutzen Musik und Bilder und uns selbst. Wir möchten jedoch mehr hohe Kunst machen. Gemälde, Skulpturen, Objekte, die eine Ähnlichkeit zur Musik von Coil haben. Coil Schallplatten, das sind alles Objekte.

Auf eurer Homepage schreibt ihr, dass "Love's Secret Domain" das Ergebnis einer "MDMA fueled" Session war. Glaubt ihr, dass Drogenerfahrungen es dem Zuhörer leichter machen, sich auf eure Musik einzulassen?

John: Hmmm, nein nicht notwendigerweise. Es kommt vielmehr darauf an wie die Gehirne der Leute funktionieren. Mein Gehirn funktioniert nicht auf die gleiche Weise wie Simons oder Peters, weil wir alle unsere eigene "chemische Geschichte" haben. Ich glaube jeder hat so eine Geschichte. Ich habe sehr sehr viele psychedelische Drogen und Speed genommen, Simon hat sehr viel Speed gezogen. Deshalb ist jedes Gehirn verschieden gepolt. Wir können nicht diktieren oder beeinflussen, wie jemand unsere Musik erfährt.

Ihr hattet also nicht unbedingt bei der Aufnahme schon an den Zuhörer gedacht?

John: Doch irgendwie schon. Aber es ist nicht so, dass wir sagen, für dieses Album solltest du diese Droge nehmen und für ein anderes Album jene Droge. Drogen sind mehr dazu da uns in Schwung zu bringen, uns kreativ werden zu lassen. Aber manchmal können Drogen auch enorme Blockaden auslösen.

Ihr habt auch das Stück "Rush" von Depeche Mode geremixt. Wisst ihr, warum der Remix nie veröffentlicht wurde?

John: Er ist zu gut für sie. (lacht)

Wer kam auf die Idee, bei euch um einen Remix anzufragen?

John: Wir haben sie gefragt, weil wir von Mute bemustert werden und uns "Songs Of Faith And Devotion" sehr gut gefallen hat. Wir hatten zu der Zeit nur für Nine Inch Nails Remixe gemacht. Alles war noch sehr neu für uns und wir waren einfach in Stimmung, um Remixe zu machen. So haben wir dann Depeche Mode geremixt, aber ich weiß nicht warum es den Leuten bei Mute nicht gefallen hat. Sie fragen immer bei vielen Leuten an und verwenden dann nur einen Bruchteil. Die können sich das leisten. Außerdem wollen sie immer am Zahn der Zeit sein, vielleicht sind wir ja schon darüber hinaus geschossen.

Fühlt ihr euch geehrt oder in eurem Schaffen bestätigt, wenn anerkannte Institutionen im Kunstbetrieb wie das Museum of Modern Art in New York eure Werke kaufen (Das MoMa in New York besitzt eine Kopie von Coils "Tainted Love" Video, Anm. d. Red.)?

John: Ja, ich wünschte, das würde öfters vorkommen. (lacht) Sie sollten viel mehr von unseren Sachen kaufen. Aber wir haben ein gespaltenes Verhältnis zur Kunstszene. In der White Chapel Gallery, einer der größten Galerien in London, hat man uns angeboten für eine Woche eine Installation zu machen. Wir hatten schon große Pläne für diese Ausstellung, aber wegen irgendwelcher dummer technischer Probleme wurde daraus nichts. Aber vielleicht bekommen wir ja noch eine zweite Chance. Viele unserer Freunde haben es besser raus an finanzielle Unterstützung zu kommen. Wir sind aber noch nicht so weit, weil wir viel zu sehr mit unserer Arbeit beschäftigt sind.

Malst du eigentlich auch?

John: Ja, aber das ist zu verrückt und chaotisch, um es auszustellen. Ich verschenke sie lediglich an Freunde. Simon hat auch einige. Ich male viele Geister. Geister von Tieren oder Bäumen oder Tischen oder Pyjamas...Geister von allem möglichen. Oder aber auch "Astral Landscapes", wie ich sie nenne.

Simon: Wir malen viele Bilder zusammen. Das funktioniert dann so ähnlich, wie das automatische Zeichnen oder Malen der Surrealisten.

John: Wir waren einmal einen Urlaub in einer waldreichen Gegend gemacht und abends sind wir dann um das Feuer gesessen und haben mit geschlossenen Augen gemalt. So haben wir uns den Geistern der Bäume und Eulen angenähert. Simon hat die Bilder, die ich angefangen habe weiter gemalt und alles mit geschlossenen Augen. Ein gemeinsames automatisches Bild. Dann haben wir sie für eine Weile versteckt, um danach noch einmal an den Bildern zu arbeiten. Es macht viel Spaß.

Interessiert ihr euch auch für elektronische Musik, wie Techno? Geht ihr noch in Clubs?

John: Nein, nicht mehr. Wir sind 1987 auf Acid House abgefahren. Das war, bevor es ein Jahr später in den Zeitungen so groß rauskam. Zu jener Zeit hatten wir uns schon schwindlig oder zu Tode getanzt. Aber so um 1990 war das ganze schon vorbei für uns. Aber die ganzen Erfahrungen auf Ecstasy neue Bewusstseinszustände zu erreichen ist immer noch sehr aufregend. Aber die Musik wurde von 1990 an nur noch repetitiv, deshalb haben wir das Interesse verloren. Wir haben zur Zeit von "Horse Rotorvator" viel Dance Music gehört, aber gleichzeitig auch sicher gestellt, dass beides getrennt voneinander blieb. Was wir uns privat anhören unterscheidet sich sehr stark von dem was wir produzieren.

Was kommt denn bei euch zu Hause in den CD Spieler?

John: Wir hatten ein Jahr, in dem wir viel Musique Concrète gehört haben. Sachen von Francois Bayle, Karl-Heinz Stockhausen uns solche Leute, die von der ersten Stunde an dabei waren. Viele Leute haben uns gesagt ihr klingt ein bisschen nach Stockhausen und so, deshalb sind wir neugierig geworden.

Ach, ihr kanntet Stockhausen und Musique Concrète gar nicht?

John: Nein, davor überhaupt nicht. Simon hat da schon früher eine Bezug dazu gehabt.

Simon: Ja, ich habe das auch früher schon gehört. Aber es war erst in den letzten Jahren, dass wir uns richtig damit beschäftigt haben.

John: Seitdem ich aufgehört habe ... Ich weiß nicht wie ich das sagen soll, aber man muss sehr vorsichtig sein mit dem, was man an seine Ohren heran lässt als Musiker, weil einen alles irgendwie beeinflussen kann. Wir unternehmen große Anstrengungen, um uns so wenig wie möglich beeinflussen zu lassen. Die beste Art und Weise das zu tun ist sich eine Musikrichtung zu suchen, die ein bisschen vernachlässigt wird, wie zum Beispiel Musique Concrète und sich mit solcher Musik zu umgeben. Das wirkt dann wie eine Art Isolierschicht gegen all den Müll, den es gibt. Wir hören auch klassische Musik. Oder einfach abgedrehtes Zeug. Was ist das noch, was du immer hörst?

Peter: Eine Art Acid-Dancehall.

John: Acid-Mutant-Dub-Monster-Atari-Teenage-Riot meets Lee-Scratch-Perry-Kind-Of-Thing. Das ist großartige Musik. Ab und zu muss man sich mit solchen Sachen reinigen. Wir haben auch schon immer ethnische Musik, World Music gehört, noch bevor es überhaupt so geheißen hat. Wir haben eine große Sammlung an Inuit Musik und ähnliches Zeug. Captain Beefheart bringt dich immer wieder in die Realität zurück.

Peter: Zurück in seine Realität. (alle lachen)

John: Wir sind ein Teil seiner Realität. Aber solche Sachen spiegeln sich kaum in unserer Musik wider. Pan Sonic zum Beispiel hört die ganze Zeit Rockabilly Musik. Das sind die geheimen Musikhörgewohnheiten.

Ich habe gelesen, dass ihr "Scatology", "Horse Rotorvator" und "Love’s Secret Domain" zusammen mit einer Remix 12" rausbringen werdet. Stimmt das?

John: Jam, wir werden das als Vinylboxset veröffentlichen mit Remixes von Autechre und Tony Child aka Surgeon...

Peter:...und noch irgendein anderer Remix, an den ich mich gerade nicht erinnern kann.

John: Beides sind Acts, die ich sehr gerne mag. Autechre haben "Panic" auseinander genommen und Tony hat ... Was hat Tony doch gleich gemacht? Ich kann mich nicht genau erinnern, aber es war etwas außergewöhnliches. Außerdem ist auch eine sehr interessante Band vertreten, die sich Left Hand Path nennen und auch einen Remix beisteuern werden. Ich wollte eigentlich auch Boards Of Canada fragen mit denen wir befreundet sind. Zusätzlich zur Tour haben wir auch eine CD-R aufgenommen, die "The Remote Viewer" heißt und eine special limited edition ist. Es sehr psychedelisch und repetitiv, aber auch sehr schön. Wir haben die Drehleier verwendet, genauso wie den Dudelsack und verschobene elektronische Geräusche. Und es wird nach der Tour rereleased mit komplett neuer Musik darauf und neuen Lyrics.

Vielen Dank für das Interview.

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