laut.de-Biographie
Dead Cross
Die Südkalifornier von Dead Cross beginnen zunächst als ein Nebenprojekt mehrerer Retox-Mitglieder. Dass sie zu einer vielbeachteten All-Star-Truppe im Hardcore-Punk aufsteigen, verdanken sie einem unvorhergesehenen Personalwechsel an der Front. Als rettender Notanker erweist sich Querkopf Mike Patton.
Ende November 2015 heben Gitarrist Michael Crain und Vokalist Justin Pearson, der sich hier, genau wie bei The Locust, als Bassist betätigt, gemeinsam mit Ex-Slayer-Drummer Dave Lombardo diese Band aus der Taufe. Der ehemalige Schlagzeuger von Retox, Gabe Serbian, übernimmt anfänglich den Posten am Mikro.
Doch die Musiker geben sich mit seiner Leistung nicht zufrieden, er selbst nimmt seinen Hut. Auf einmal stehen Dead Cross ohne Sänger dar. Das bisher aufgenommene Material halten sie, bis auf die schon zuvor im Netz erschienene Nummer "We'll Sleep When They're Dead", für Monate unter Verschluss.
Jedoch erinnert sich Dave Lombardo noch gut an seinem Fantômas-Bandkollegen, Stimmakrobat Mike Patton. Der Workaholic, der nebenher das Label Ipecac Records betreibt, widmet sich zu diesem Zeitpunkt gerade keinem seiner unzähligen anderen Projekte. Daher kommt er unverzüglich der Bitte nach, den Retox-Membern personell unter die Arme zu greifen. Er komplettiert das Line-Up von Dead Cross im Dezember 2016.
Die Vocals für die fertig geschriebenen Songs für das im August 2017 auf seiner Plattenfirma veröffentlichte selbstbetitelte Debüt nimmt er im Studio separat auf. Sämtliche Texte für das Album schreibt er im Alleingang. Slipknot-Produzent Ross Robinson sorgt an den Reglern für die nötige Durchschlagskraft. Die Platte erhält fast durchgängig hervorragende Kritiken. Danach geht es auf große US-Tournee.
Der energetische, äußerst dynamisch gespielte Hardcore-Punk von Dead Cross eignet sich für Mike Patton hervorragend als Ventil, um sich am Mikro von seiner angriffslustigen Seite zu präsentieren. Darüber hinaus stellt er, stets wechselnd zwischen hyperaktiven Shouts, chaotischen Screams und hymnisch-klarem Gesang, seine Vielseitigkeit unter Beweis. An seine einstigen Glanzleistungen für Mr. Bungle, Fantômas, The Dillinger Escape Plan und John Zorn knüpft er somit nahtlos an.
Auf der Tour zum Debütalbum, der ersten überhaupt, wird die Band noch im selben Monat in Houston, Texas kurzzeitig verhaftet - über die Gründe schweigt man sich aus rechtlichen Gründen aus. Im Mai 2018 veröffentlichen Dead Cross ein gleichnamige EP mit zwei neuen Tracks. Noch 2019 beginnen die Arbeiten für das zweite Studioalbum.
Dann schlägt Corona zu - im wahrsten Sinne des Wortes, wie sich herausstellt. Dead Cross veröffentlichen 2020 zwei neue Tracks, darunter ein Black Flag-Cover, doch Frontmann Mike Patton kommt, anders als er selbst denkt, mit der Isolation aufgrund der Pandemie nicht zurecht: Im Herbst 2021 cancelt er aufgrund schwerer mentaler Probleme quasi von heut auf morgen Touren mit Faith No More sowie Mr. Bungle und begibt sich in Therapie.
Die Diagnose: Agoraphobie, wie er erst zehn Monate später in einem Interview mit dem US-Rolling Stone offenbart.
Er sei nun auf dem Weg der Besserung, gleichzeitig kündigen Dead Cross die Veröffentlichung des Album "II" für Herbst 2022 an. Dass das Album zustande kommt, ist um so erstaunlicher, als ein weiteres Bandmitglied mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen hat: Bei Gitarrist Michael Crain werden Plattenepithelkarzinome – eine Form von Hautkrebs – diagnostiziert. Die Folgen sind heftig: Chemotharapie, zahllose Untersuchungen, und wie in den USA so häufig, braucht es einen Spendenaufruf, um all die Rechnungen begleichen zu können.
Die Arbeiten an "II" werden für Crain zur Herzensangelegenheit, er eilt zwischen den Behandlungen ins Studio: "Worte können gar nicht beschreiben, was mir dieses Album bedeutet", erklärt der 48-Jährige zur Veröffentlichung des Albums im Oktober 2022. Den langsamen, quälend schmerzhaften Erholungsprozess nach den Krebsbehandlungen empfindet er als Katalysator "für jedes Riff, für jede Note auf dem Album". Das Album erzählt eine Geschichte von Schmerz, aber auf von Freundschaft: Der Wille, weiter zu leben und Zeit mit seinen Bandkollegen zu verbringen, habe ihm jeweils aus dem Bett geholfen, so Crain. Dead Cross, eine Band, die auch in schweren Zeiten zusammensteht.
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