Porträt

laut.de-Biographie

Dena

Der berüchtigte Slogan "Berlin ist arm, aber sexy" vom Regierendem Bürgermeister Klaus Wowereit – nirgendwo erscheint er in den 2010er Jahren stichhaltiger als in Neukölln. Hohe Arbeitslosenquote, hoher Anteil an "Bürgern mit Migrationshintergrund" nebst Integrationsdebatte, Endstation Hoffnung für zu viele: Eigentlich spricht mehr gegen als für den Bezirk.

Dennoch avancierte Nord-Neukölln in wenigen Jahren vom gescheiterten Arbeiterdistrikt zum angesagtesten und im Zeitraffer gentrifizierten Stadtviertel Deutschlands. War also bloß eine Frage der Zeit, bis sich unter den dort angesiedelten Künstlerpersonata jemand zu größerem Ruhm berufen fühlt. Dena hätte jedenfalls nichts dagegen, darf man vermuten.

Seit 2005 in der Hauptstadt wohnhaft, setzt die gebürtige Bulgarin via Musikvideo zur Sommersonnenwende 2012 ein gehöriges Ausrufezeichen: Im Track "Cash, Diamond Rings, Swimming Pools" hustlet sie über einen unter türkischen Mitbewohnern und Hipstern gleichermaßen beliebten Neukölln-Flohmarkt. Tanzt mit Indiepop-Darling Erlend Øye, posiert wie eine 2nd- bis 3rd-Hand-M.I.A., bounct durch die Marktstände.

Keine Frage: Wer so identitätsstiftend durch die Nachbarschaft swaggt, hat a) Street Credibility bewiesen, b) Ahnung von den Ikonen des Berliner Zeitgeists und 3) dank eines angenehm erdigen 1990er-Hip Hop- und R&B-Ansatzes auch außerhalb der Stadt die Günstlinge am Start. Zum Beispiel in Köln.

Ehe sie sich versieht, hält Denitza Todorova alias Dena den Deal über die "Cash, Diamond Rings, Swimming Pools"-EP bei Melting Pot Music in der Hand und wird somit Labelgenossin von Suff Daddy und Miles Bonny. Veröffentlichung ist im Februar 2013, genau richtig, um mit beschwingten LoFi-Tunes auf verfrühten Sommer zu machen. In Frankreich vertreibt gar das Elektro-Hipsterlabel Kitsuné Denas Platte, für die unter anderem Robot Koch einen Remix liefert.

Bodenständig wirkt die zu diesem Zeitpunkt knapp 30-jährige Bulgarin auch, wenn sie von ihren Wurzeln erzählt. Sie habe mit zehn angefangen zu texten, erinnert sie sich in akzentreichem Deutsch, "Kinderraps geschrieben", mit der Schwester als Background-Backup, im Schulchor gesungen. Dann zieht Todorova nach Deutschland und absolviert ein Studium in Europäischer Medienwissenschaft.

Parallel arbeitet sie an ihrer Vision von allürenfreiem "internationalen Pop aus Deutschland" mit "Europa als Homebase". Was für Dena, die sich eher undeutsch fühlt, eben Videodreh auf dem "Türken-Flohmarkt", dänische Hintergrund-Sängerin und finnische Produzenten bedeutet.

Nicht minder crossover klingt ihr Sound. Darin finden sich Elemente aus 1990er-Hip Hop à la Salt-n-Pepa ebenso wie frontale Grime-Bässe und der leicht dilettantische Appeal von etwa Iggy Azalea. Über diese Musik zieht die Osteuropäerin eine charmante Patina Popfolk, jenem dominierenden bulgarischen Popgenre.

Der Erfolg gibt ihr Recht. Zwei Auftritte beim Newcomer-Festival SXSW sowie Vorbandstatus für Das Racist ändern aber nichts daran, dass Dena immer noch aussieht wie der Neukölln-Zögling, der dir zur falschen Zeit am falschen Ort die teuren Sneaker abziehen könnte … was ihr vermutlich sogar ganz gut passt.

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