laut.de-Kritik
Fokussiertes Songwriting statt blindem Geballer.
Review von Manuel BergerUm es kurz zu machen: Besseren Death Metal als den von Deserted Fear findet man aktuell in Deutschland einfach nicht. Den Status eines Geheimtipps haben die Thüringer folgerichtig inzwischen abgelegt und mithilfe der beiden vorangegangenen Alben "Kingdom Of Worms" und "Dead Shores Rising" die internationale Elitegruppe des Genres gestürmt. Von dort wird sie wohl so schnell niemand mehr verdrängen. "Drowned By Humanity" jedenfalls bestätigt das qualitative Dauerhoch.
Okay, das unnötig dramatische Orchester-Intro (Nightwish, irgendwer?) hätten sie sich sparen können. Dafür liefern Deserted Fear mit dem ersten "richtigen" Track "All Will Fall" einen sicheren Hit für die kommende Festivalsaison. Das melodische Hauptriff könnte auch von Amon Amarth stammen, die Nackenmuskulatur wärmt sich in verschiedenen Geschwindigkeitsstufen auf und Manuel Glatter grunzt so etwas ähnliches wie Hooks, kommt aber zum Glück ohne den Gröl-Faktor aus, den besagte Wikinger zuletzt immer häufiger in ihren eigenen Songs bemühten.
Die größte Stärke von Deserted Fear liegt wahrscheinlich darin, dass sie sich weder Extravaganzen noch Plattitüden hingeben. Dabei schaffen sie einen Sound, der jedem Death Metal-Fan irgendwie vertraut erscheint, aber trotzdem frisch klingt. Bolt Thrower schimmern ebenso durch wie At The Gates, an manchen Stellen gar Arch Enemy im einen Extrem und frühe Death im anderen. Bei "Reflect The Storm" münden zugängliche Melo-Death-Leads fürs große Finale in NWOBHM-Harmonien, zuvor kracht aber noch ein brutales Doublebass-Breakdown dazwischen.
Clever kombiniert das Trio die verschiedenen Elemente seines Sounds und erreicht dank extrem fokussierten Songwriting mit relativ einfachen Mitteln maximale Wirkung. Wenn ein scharfes Tremolo-Pattern durch "The Final Chapter" rotiert und dazu Simon Mengs Drums zwischen aggressiven und harmonischen Parts hin und her donnern, befriedigt das Haudraufs ebenso wie diejenigen, die im Zweifel lieber In Flames als Cannibal Corpse hören.
"Drowned By Humanity" funktioniert außerdem so gut, weil Deserted Fear nicht einfach blind durchbollern und wie viele Genrekollegen alles mit der Axt zertrümmern, sondern Platz zum Atmen lassen. Bei "Scars Of Wisdom" umkreisen sich Schlagzeug und Gitarre erst einmal neugierig, bevor sie sich zum gemeinsamen Angriff zusammenschließen. Beim Bonus-Track "Die In Vain" dagegen verfolgen sie eine Ausfalltaktik: Ein Low-Tempo-Bollwerk bildet die Basis, aus der die Musiker abwechselnd für Vorstöße herauspreschen. Zwar enttäuscht hier das Gitarrensolo, dafür punktet Mengs mit seinen Fills.
Als Schmankerl runden Deserted Fear ihre vierte Platte mit Texten ab, die statt gen Blut und Gore in Richtung Naturschutz schielen. Zwar interessieren bei tightem Death Metal Lyrics ungefähr so sehr wie Muster beim Klopapier, aber nice to have sind sie allemal. "Man kann viele kleine Dinge tun, um die Welt ein Stück besser zu machen", weiß die Band. Mindestens die Metal-Welt bereichert sie enorm.
6 Kommentare mit 2 Antworten
Wieder so eine Hype-Band die ich für meinen Teil maximal durchschnittlich finde
Kann ich mich meiner Vorredner anschließen - haut mich gar nicht vom Hocker.
Deserted Fear erfinden sicher das Rad nicht neu aber das, was sie machen, machen sie gut: schnökellosen, old-schooligen, dezent melodischen Death Metal. Muss einen nicht wegblasen, kann man aber auch nicht wirklich was dran aussetzen.
Naja, ein paar bessere deutsche Death-Metal Kapellen fallen mir wohl noch ein (Sulphur Aeon, Chapel of Disease...) aber schlecht ist das nu auch nicht...
Die neue Chapel ist ein Meisterwerk!
Dativ, Junge! --> statt blindem Geballer
Ja, die Band soll wohl gerade ein bisschen gepusht werden. Musikalisch ist das ganz sicher nicht die große Offenbarung. Solide gespielter Death-Metal ohne besondere Vorkommnisse. Leichter Retro-Einschlag, wobei nicht einmal der im Vordergrund steht; Instrumentierung, Sound und Songwriting fallen aber auch nicht weiter auf und so gleicht sich das am Ende schon wieder aus. Es erschließt sich nicht, warum das jetzt so'n besonders tolles Album sein soll, denn das ist es gewiss nicht. Eher typische Stangenware für Freunde des Genres. Kennste eine Band davon, kennste alle.
Word!