laut.de-Kritik
Eklektisches Sahnestück zwischen Kammerpop und Glamrock.
Review von Ulf KubankeDanny Bejar kann anscheinend als Destroyer nichts falsch machen. "Destroyers Rubies" (2006) war bereits toller Pop, das folgende "Trouble In Dreams" (2008) eine komplexere Auslotung, und das Frühwerk bot mit "From Oakland To Warsaw" ("Your Blues", 2004) bereits schicke Augenblicke der Melancholie. Das aktuelle "Poison Season" markiert nun den vorläufigen Höhepunkt seines Katalogs. Ein eklektisches Sahnestück zwischen Kammerpop und Glamrock.
Der Kanadier erweist sich mittlerweile als wahrer Meister darin, kontrastierende Gefühle instrumental nicht nur zu veranschaulichen. Er lässt alle verschiedenen Emotionen ineinander fließen und verschmilzt sie zu einer intensiven Reise durch Stimmungen und Klangfarben. Die ausgelassenen Momente transportieren ungezügelte Spielfreude ("Dream Lover", "Midnight Meet The Rain"). Melancholische Passagen bieten genug Romantik, um die Kitschgrenze zu umschiffen und genug sinnlichen Weltschmerz, damit es nicht in umnachtete Niedergeschlagenheit ausartet.
Man hört die Vorbilder von Destroyer mitunter recht deutlich heraus. Frühe Roxy Music der Eno-Phase stehen ebenso Pate wie Bowies "Aladdin Sane" (1973) und vor allem Lou Reeds 1972er Meilenstein "Transformer" ("Times Square"). Doch Bejar ist kein Epigone. Er kopiert die Meister nicht, sondern lernt von ihnen und entwickelt deren Errungenschaften für die Gegenwart weiter. Die überbordende Menge eigener Ideen plus seine einmalig charismatische Ausdruckskraft machen den Sud ebenso perfekt wie unwiderstehlich. Komplexität trifft Eingängigkeit. Und beide vögeln auf Teufel komm raus miteinander.
Instrumental hat der Zerstörer zusätzlich zur klassischen G/D/B-Ausstattung zwei bärenstarke Asse im Ärmel, die er auf Albumlänge konstant ausspielt. Bejars Streicherarrangements präsentieren sich dabei vielseitig und sehr songdienlich. Mal im strengen Stile des klassischen Streichquartetts ("Hell"), dann zuckersüß in der Art von Hollywoods Schmachtfetzen der 30er und 40er Jahre ("Girl In A Sling"). Als besonderer Clou tritt mitunter eine erstrahlende Mondlicht-Jazz-Trompete hinzu, die sich im Verlauf der Platte zum heimlichen Star der Lieder entwickelt. Als Anspieltipps empfehle ich die wundervollen "Archer On The Beach" sowie "Solace's Bride".
Mit seiner stets unaufgeregt samtigen Stimme und sanftem, durchgehend ausdrucksstarkem Sprechgesang haucht Bejar sich durch Zeilen, deren literarische Qualität der wundervollen Musik in nichts nachsteht. Shortstory-Prosa und Lyrik mischen sich in dieser "Comedy of Souls" unaufgeregt und bruchlos ineinander. Schönheit, Tragik, Realismus und Liebe vergären zum Strom echter Poesie, die ohne Verneinung dunkler Zeiten nie die kleine lichtdurchflutete Nische als Hintertür zum Überleben vergisst. "So bring out your dead, bring out the light / Bring out your dark birds in flight / Bring out your red roses too. Hey, What's got into Sunny?" Unbedingte Kaufempfehlung für dieses hochgradig intensive, hypnotische und filigran unterhaltende Dutzend Songs.
2 Kommentare
Leider wollen mir die meisten kammermusikalischen Stücke nicht so gut ins Ohr gehen und verderben so für mich etwas den ansonsten brillanten Eindruck. 4/5
verdammt, ich muss mir die unbedingt anhören. und auch "kaputt". "rubies" gehört zu meinen all-time favoriten.