laut.de-Kritik

Die Bayern lassen (leider) nicht locker.

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Mit ihrer Cover-Schau "Mixtape" griffen die Emil Bulls vor vier Jahren ziemlich tief ins Klo. Eine Pandemie und fünf Weihnachtsfeiern später soll ihr zwölftes Studioalbum "Love Will Fix It" wieder an bessere Soundzeiten anknüpfen. Der knackige Opener "Backstabbers" sorgt auch sogleich für gute Stimmung vor den Boxen. Mit viel Schaum vor dem Mund und verzerrter Stimme nimmt sich Frontmann Christoph von Freydorf garstige Lügner, Faker und Falschspieler zur Brust. Dabei hält ihn wuchtig produzierter Alternative-Metal mit einer Prise Metalcore stets auf Schlagdistanz.

Den Schwung nehmen die Mannen aus München aber leider nicht mit. Schon im darauffolgenden "The Devil Made Me Do It" fallen die Emil Bulls in alte Muster zurück. Da die Band trotz eines Vierteljahrhunderts auf Tour nicht annähernd einen Status der Sorte AC/DC oder Motörhead erreicht hat, hält sich die Freude über den gefühlt hundertsten Emil-Bulls-Song nach Schema F in Grenzen. Irgendwo zwischen süffigem Boyband-Pop und bombastisch arrangiertem Breitwandgeknüppel verlieren sich die Emil Bulls im durchgelutschten Branchen-Nirgendwo. Da die poppigen Melodien im Chorus nicht wirklich zünden, bleibt leider nicht viel hängen.

Das rifflastige Gebolze mit Zuckeraufstrich hätte gerne die metallische Strahlkraft einer FFDP-Produktion und den atmosphärischen Druck aus dem Hause Deftones. Aber die Bulls scheitern im Referenz-Wettrennen bereits an fundamentalen Hürden. Ein doch arg ermüdendes und sich setig wiederholendes Songwriting-Konzept ("Happy Birthday You Are Dead", "Whirlwind Of Doom", "The Ghosts That You Have Called"), das Fehlen von nachhaltigen Refrains und Hooks sowie der ewige Kampf eines Sängers gegen sich selbst - sein krampfhaftes Anbrüllen gegen den eigenen deutschen Akzent - markieren zu viele Schwachstellen.

Das rockige "Levitate" mag vielleicht noch als Füller auf einem Papa Roach-Album durchgehen. Der Beginn von "Dreams And Debris" könnte auch gut als Mittelteil für eine Biffy Clyro-Single herhalten. Aber das war's auch schon. Fraglos sitzen bei den Emil Bulls die richtigen Leute an den Reglern und die Band verfügt über spielerisches Vermögen. Was den Bayern aber immer noch fehlt, ist das Gespür für einzigartige Momente und langlebige Melodien.

Trackliste

  1. 1. Backstabbers
  2. 2. The Devil Made Me Do It
  3. 3. Happy Birthday You Are Dead To Me
  4. 4. Levitate
  5. 5. Whirlwind Of Doom
  6. 6. The Ghost That You Have Called
  7. 7. Love Will Fix It
  8. 8. Sick
  9. 9. She Ain't Coming Home No More
  10. 10. Dreams And Debris
  11. 11. Oceans Of Grief
  12. 12. Together

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LAUT.DE-PORTRÄT Emil Bulls

Mit der Schublade NuMetal können die Emil Bulls wenig anfangen. Wen wundert's, schließlich sind Schubladen bei Musikern kaum beliebt. Sie fühlen sich …

4 Kommentare mit 24 Antworten

  • Vor 11 Monaten

    Dieser Kommentar wurde wegen eines Verstoßes gegen die Hausordnung durch einen laut.de-Moderator entfernt.

    • Vor 11 Monaten

      Gegenbeispiel: The Notwist

    • Vor 11 Monaten

      Michael Moore hat in einem seiner ersten Bücher die These aufgestellt, dass man nach der Shoah den Juden Bayern hätte geben sollen; und, so bescheuert die Forderung auch ist: 100% dafür.
      Ein fruchtbares Land, keine trockene Wüste, Strafe für Kartoffeln wäre auch angemessener gewesen, weniger aggressive (das ist jetzt eine Mutmaßung) Nachbarn... bei letzterem wäre ich mir absolut nicht sicher, man stelle sich den Nahostkonflikt als einen noch etwas näher-östlichen Konflikt vor. Tschechen, Slowaken, Schwaben (!) und Exilbayern, alle voller Judenhass und Vernichtungsfantasien. Wäre schon völlig absurd, so ein Judenhass in unseren Breiten... oh wait

    • Vor 11 Monaten

      tl;dr: Bayern wegbomben.

    • Vor 11 Monaten

      Dieser Kommentar wurde vor 11 Monaten durch den Autor entfernt.

    • Vor 11 Monaten

      Der hiesige Judenhass ist natürlich das größte Problem bei dieser Schnapsidee. Aus Gründen der Fairness würde ich die Schnapsidee aber erweitern und sagen:
      Man hätte gleich aus ganz Deutschland Israel machen sollen. Die Verfolgten hätten den Laden schmeißen dürfen, Vorrechte samt höher gestellter Pässe als alle Nicht-Juden bekommen. Nur diese, Sinti, Roma, Nichtkartoffeln, Homosexuelle, Kommunisten und andere Gequälte hätten für politische Ämter gewählt werden dürfen. Im Laufe der Jahrzehnte ernsthafter(!) Entnazifizierung hätte es dann allmählich Lockerungen geben dürfen mit Hilfe von Kommissionen deutscher Gleichstellungsbeauftragter.

      Tja, schön wärs gewesen...

    • Vor 11 Monaten

      Interessanter Gedanke.
      Was hätte es dann alles NICHT gegeben?
      Eigentlich nur BMW und der FC Bayern, oder?

    • Vor 11 Monaten

      ...und die Nazi-Milch aus Augsburg. :ill:

    • Vor 11 Monaten

      Den FC Bayern gab es bereits vor dem Krieg, und war bei den Nazis zunächst nicht gut gelitten, da der Präsident Kurt Landauer jüdischer Abstammung war. Landauer überlebte den Holocaust, da er 1938 in die Schweiz geflohen war, und stand dem Verein ab 1947 wieder vor. Daher gäbe es den FC Bayern in diesem Szenario vermutlich ebenfalls. ;)
      Der Stadtrivale 1860 wäre vermutlich eher verschwunden, da sich der TSV 1933 recht flott den neuen Herren angedient hatte.

    • Vor 11 Monaten

      Da der FC Bayern seitdem immer wieder negativ mit rassistischen Vorfällen auffiel, ist die Geschichte um Landauer nun wirklich eine uralte Kamelle. In meinem Szenario wäre das mit der Entnazifizierung natürlich auch beim FCB gründlicher gelaufen. Als Bonus wäre der alte Naziverein "DFB" sofort zerschlagen, die DFL von Grund auf neu aufgezogen, und die fast schon an Cheat Codes grenzende Bevorteilung eben jener Bazis und der zwei-drei anderen Vereine, mittels derer Deutschland wieder wer in der Welt sein sollte, komplett unterbunden worden.

    • Vor 11 Monaten

      Ich weiß gar nicht, was die Genossen hier im Faden haben: Das Deutschland, in dem wir gegenwärtig leben, ist doch shithole genug. Das hätte eure alternative Geschichte auch nicht viel schlimmer machen können.

    • Vor 11 Monaten

      Also ich für meinen Teil fänd meine Idee sogar ziemlich schön. Nix da "Shithole". Entnazifiziert wurde in unserer Realität ja kaum. In meiner alternativen Geschichte wären heute vermutlich längst nicht so viele ausländerhassende Lauchs am Start, und weniger Leute müssten auf gepackten Koffern schlafen.

    • Vor 11 Monaten

      Wie viele vor der Vernichtung geflohene, traumatisierte Juden die Idee von der neuen Heimat in Deutschland wohl verheißungsvoll gefunden hätten?

      Und wie effektiv die Bekämpfung des internalisierten Glaubens an jüdische Weltverschwörer und Aussauger des armen, deutschen, kleinen Mannes wohl in einer Bevölkerung funktioniert hätte, zu deren Lebensrealität tatsächlich erhebliche Privilegien für ebendiese Juden gehören?

      23/24 ist Israel/Palästina eine (un)menschliche Tragödie und jede Sonntagsfrage in Schland eine Schande. Manches ist vielleicht trotzdem besser eine Schnapsidee geblieben...

    • Vor 11 Monaten

      Es gibt natürlich keinen Ort, an dem sie danach garantiert glücklich leben konnten. Jedenfalls ist es scheußlich, daß die Faschisten in der jüdischen Gemeinde, auf die niemand vorher gehört hatte, sich mit ihrer Idee des Genozids an der palästinensischen Bevölkerung zwecks Staatsgründung durchgesetzt haben. Es dauerte ja einige Zeit, bis tatsächlich Überlebende nachgezogen waren.

      Viele wollten zurück in die alte Heimat, oder reisten in andere Staaten wie die USA. Was jedenfalls oft gründlichst versäumt wurde, ist diesen Gemeinden in bestehenden Staaten Schutz zu geben. Die Idee, die gehörten nach "Israel" und nicht ins jeweilige Land, in dem sie immer gelebt hatten, ist vermutlich ein Resultat jener Schnapsidee von einem theokratischen "Israel". Ne, meine Schnapsidee gefällt mir immer noch besser. Sie ist insgesamt sogar praktikabler, beinhaltet tatsächliche Rassismusbekämpfung, hat keine Tötungen und Vertreibungen als Voraussetzung, und ist trotz alberner Übertreibung sogar besser mit internationalem Recht vereinbar.

  • Vor 11 Monaten

    Die Emil Bulls sind ein absolutes Urgestein der Szene und haben einen langen Weg vom Nu Metal bis hin zu Metalcore hinter sich und haben seit einigen Alben ihre Formel gefunden. Diese wird hier natürlich konsequent weitergeführt und bietet selten Ausbrüche. Wir haben hier Alternative Metal mit ordentlich Ballerparts und immer wieder schöne Refrains die das ganze auflockern. Im ersten Moment hat mich die Scheibe nicht abgeholt da ich dachte, naja hab ich schon mal gehört, aber beim zweiten Durchgang hat das Ding gezündet und mich reingezogen mit tollen Hooks und bei blieb das Mainriff von "Happy Birthday..." besonders hängen. Es erinnert stark an KORN was natürlich ein Kompliment ist. Rundes Ding ! Bin sehr gespannt wo die Jungs hin gehen.

  • Vor 11 Monaten

    Mit Oceanic begann der Zerfall und seit dem ist es leider immer der gleiche Quark....

  • Vor 11 Monaten

    Mal off-topic: Die Musik dieser Band braucht wirklich niemand. Ich habe die vor bestimmt 20 Jahren des Öfteren live gesehen. Ging gut ab, war aber auch schon damals nichts Überragendes.

    • Vor 11 Monaten

      Klötenbüdel hat recht.

    • Vor 11 Monaten

      Tatsächlich hatte ich kürzlich eine Diskussion darüber, wer eigentlich die Leute sind, die deren Konzerte besuchen, Merch kaufen, CDs vorbestellen etc. Niemand hatte eine Antwort. Konsens war, dass die halt schon immer irgendwie dabei waren und niemandem Weh tun.

    • Vor 11 Monaten

      Genau das habe ich mich in den letzten 20 Jahren auch immer gefragt, wenn ich mitbekam, dass die ein neues Album rausbringen. Das sind bestimmt nette Dudes, so kamen die mir zumindest als Konzertgänger damals immer vor, aber weder ich noch jemand aus meinem Bekanntenkreis konnte sich einen Reim drauf machen, wer da vielleicht richtiger Fan von sein mag. Bei den meisten anderen Bands, die wir damals gehört und live gesehen haben, war das in der Regel anders. Das gleiche habe ich mich auch bei 4Lyn immer gefragt, wer sie noch kennt.

    • Vor 11 Monaten

      Formulierung missverständlich: Im letzten Satz sollte es heißen, dass ich 4Lyn genauso wenig wie die Emil Bulls verstanden habe, wohingegen es andere Bands gibt, bei denen das Fandom nachvollziehbarer und sichtbarer war.

    • Vor 11 Monaten

      War letztes Jahr bei den Guano Apes. Wenn die noch für volle Hütten sorgen, dann auch die Emil Bulls. Altersdurchschnitt war sicherlich um die 40.

    • Vor 11 Monaten

      Ich geh tatsächlich nächste Woche mit einem meiner besten Freunde zum Konzert der Bulls. Gleichzeitig habe ich noch nie auch nur ein einziges Album von denen komplett gehört.

      Glaube, wir wollen uns einfach nochmal vormachen, jung und unzerstörbar zu sein für einen Abend...

    • Vor 11 Monaten

      "Klötenbüdel" auch schon wieder richtig nice, übrigens... Meine Herrn...

    • Vor 11 Monaten

      4LYN gab es doch nur super kurz, oder? In meiner Wahrnehmung waren die ganz kurz da und dann sehr schnell weg.

    • Vor 11 Monaten

      Laut Wikipedia:
      Gründung 1995 als Headtrip
      2000 als 4Lyn
      Auflösung 2013

      Das waren ja doch schon ein paar Tage mehr.