laut.de-Kritik
Wahnwitzige Compilation, die mehr als eine Überraschung bereit hält.
Review von Martina SchmidWer wie ich seit 2001 auf ein Nachfolgealbum des wundervollen "Quiet Is The New Loud" Albums der Kings of Convenience wartet, wird sich leider wohl auch weiterhin in Geduld üben müssen. Man erinnere sich an den bebrillten, blassen Jungen, der auf eben jenem Coverfoto in die Kamera schaut, während sein Bandkollege hinter ihm mit einem Mädchen schmust. Das ist Erlend Oye.
Nach dem unerwarteten Erfolg des Songwriter Duos – Parallelen zu Simon & Garfunkel wurden in der Presse gerne mal herbeizitiert - beschloss Erlend Oye, 2003 ein Soloalbum zu machen, dass so ganz und gar nicht ins fertige Bild des sensiblen Gitarrenpops passen wollte. Ein elektronisches Album, produziert in zehn Städten mit diversen Musikern wie Schneider TM und Morgan Geist, um mal die illusteren zu nennen. Das war "Unrest", es war nicht, was man erwartet hätte, aber nicht weniger lobenswert.
Und nun DJ-Kicks. Die Compilation Reihe, einstmals Zugpferd im Stall von K7!, hat es neuerdings kaum noch geschafft, sich Gehör zu verschaffen. Das sollte sich fairerweise mit dieser Ausgabe ändern, weil Erlend Oye hier massig hörenswertes Material verwurstelt und beigesteuert hat.
Der Einstieg mit Jürgen Paapes großartigem Schlager "So Weit Wie Noch Nie" ist schon geglückt, und das weitere Tracklisting klingt so absurd wie verheißungsvoll: die französischen Popper Phoenix neben The Rapture, Ricardo Villalobos und Justus Köhnke. Dazwischen dürfen Schaffensproben des Musikers selbst nicht fehlen, ob in Gestalt von unveröffentlichtem neuen Material oder Querverweisen auf "Unrest" mit einem Remix von "Sheltered Life" oder Coverversionen der Kings Of Convenience-Platte ("Winning A Battle Losing The War"). Und auch Morgan Geist, Jolly Music und Minniza, die Freunde von den Aufnahmen zum Soloalbum kommen wieder zum Zug.
Wirklich wahnwitzig wird es allerdings, wenn Oye zum Mikrofon greift und über bestehende Tracks einfach andere Songs singt. Nicht genug, dass er eben auch mal Phoenix und The Rapture seine Stimme leiht und die ersten Zeilen als Übergang "singt", nein. Erlend Oye schnappt sich ganz schamlos Justus Köhnkes "2 After 909" um es mit dem Text von "Intergalactic Autobahn" zu verschönern, und schreckt auch nicht davor zurück, Bananaramas "Venus" einzubauen.
Sein Meisterstück aber liefert er zu Röyksopps "Poor Leno". Während Oye tatsächlich auch auf der Originalplatte für den Gesang des Stücks verantwortlich ist, trällert er hier - und jetzt festhalten - "There Is A Light That Never Goes Out" von den Smiths zum knochentrockenen Instrumental. Ist es zu fassen? Schon Schneider TM wusste uns mit seiner Remix-Version dieses Klassikers zu erstaunen, und dieser Track steht dem in nichts nach.
Eine schöne Compilation mit einer geschmackvollen Trackauswahl und originellen Ideen, die es aber trotz allem immer nur stellenweise schafft, einen aus einer gewissen Lethargie zu reißen und in kurzfristige Begeisterungsstürme zu versetzen.
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