laut.de-Kritik
Noch nie waren die Schweden so wütend.
Review von Yan VogelFür Sänger Tom S. Englund markiert "The Atlantic" nach den beiden Vorgängern "Hymns For The Broken" und "The Storm Within" den Schlussstein einer Trilogie über eine verflossene Beziehung. Das Cover zu Evergreys neuer Platte zeigt gleichzeitig den Aufbruch zu neuen Ufern als auch die Navigation durch stürmische Gezeiten.
Die Meeres und seine unsteten Lebenslagen nehmen Bands gerne als Metapher für ihre musikalischen Exkursionen. Hier stellt sich die Frage, ob es sich hierbei um eine musikalische Entdeckungsreise der Marke Savatage ("The Wake Of Magellan"), um Freibeuterei und das Fischen in fremden Gewässern wie bei Alestorm oder die Rebellion der Süßwassermatrosen à la Running Wild handelt.
Der Fünfer aus Göteborg liefert auf dem neuen Output richtig Qualität im Sinne der Erstgenannten ab. Neben dem einnehmenden Konzept setzen die Schweden insbesondere musikalisch Akzente. Englund sah sich nach einem Studio-Einbruch seines Laptops beraubt, der die ersten fertigen Songs enthielt.
Ob nun wie bei Metallicas "Fade To Black" ein Diebstahl Auslöser war, die Wut zu kanalisieren, sei dahingestellt. Fest steht, dass die Musik von Evergrey noch nie so heavy daherkam wie auf "The Atlantic" und härtetechnisch auf einem Level mit Dream Theaters "Train Of Thought", Fates Warning ("Theories Of Flight") oder Symphony X auf "Iconoclast" und "Underworld" verkehrt.
Gerade Saiten-Virtuose Henrik Danhage garniert seine Riff-Salven und durchdachten Voicings mit einer gehörigen Prise moderner Prog Metal-Vertreter wie Haken oder Between The Buried And Me.
Der markante Bass von Johan Nieman veredelt das getragene Manifest "Departure", das tief in den Seelengrund blickt. Im Opener "The Silent Arc" zieht das wuchtige Drumming von Jonas Ekdahl den Hörer direkt in die auditiven Fluten hinein. Die zwischen turmhohen Wellen und ruhigen Gewässern pendelnden Keys von Rikard Zander sind die mythisch-epischen Pinselstriche im Gesamtbild.
Inmitten dieser Fluten bläht Englund seine Backen und lässt geniale Melodien im melancholisch-skandinavischen Stil vom Stapel. Refrains wie in "Weightless" oder "End Of Silence" sind Anker, gesungen von einem Menschen, der Halt in der Musik sucht, die ihm nach den turbulenten Zeiten hoffentlich wieder festen Boden unter den Füßen gibt.
1 Kommentar
Sehr fett! Melancholisch, Durchgeknüppel ist auch bei und geile Soli!