laut.de-Kritik
Der Trap-König kommt auf den Punkt wie Pornodarsteller.
Review von Stefan JohannesbergDas junge Jahr reibt sich noch schlaftrunken die letzten Krümel aus den Augen, die Musikwelt betrauert verstorbene Rock-Opas – doch das Monster bleibt im Beast Mode. Er mixt "the soda like hair dye", sippt Dirty Sprite, schenkt gerne "yellow tuss" aus und dealt sich durch superbe Beats von Metro Boomin, Southside, Nard B oder Zaytoven. Dass er kurzerhand auch den Purple-Begriff aus Houston vereinnahmt wie A$ap, kratzt höchstens C-Künstler aus der Stadt der Rockets. Frei nach Pimpmaster Bohlen: Wenn der Kanister spricht, hat das Gläschen Sizzurp zu schweigen.
Doch trotz vordergründiger Trap-Abreißer - irgendetwas ist auf "Purple Reign" anders, Future Hendrix reflektiert sein Leben mit den eigenen Augen wie einst Azad. Zum Drogenkonsum gesellen sich Liebeskummer um Ciara und eine trotzig-wütende Scheißegal-Ich-bin-sowieso-Boss-Haltung. Catchy, energetisch und straight gespittet entfaltet der Genre-König dieses Spannungsdreieck.
"Now she going, now that bitch going / I purchase Avion and now she lit, huh / Wedding band rings on me lit, huh / Married to the game, I'm the shit, huh". Die Zeilen aus dem – mit bösartigen Synthie-Streichern stechenden – Metroboomin-Southside-Werk "Wicked" bringen es auf den Punkt wie Pornodarsteller. Fast jeder Track dreht sich um Aufarbeitung der aktuellen Situation. "I'm cool on her, I done had her / Bounce back with a millio'". Future bleibt auch im sonnig-funkigen "Inside The Matress"-Wolkentune trotz Scheidung auf Boss-Level mit Millionen Dollar Salär, integer und mit reinem Gewissen:
"I never told the world about you / I never told the homies 'bout you, not once / I never had no bitter towards you / I never had no drama for you, not once / I never want to go to none of these award shows / That's not me / Only the time will tell the day I prevail and get me a Grammy."
Er schreckt auch vor leichten Drohungen Richtung Musikindustrie, die ihn 2015 ja unverständlicherweise übergangen hat. Ruhig Brauner, möchte man rufen, doch kaum gedacht hat sich Future wieder ein wenig Syrup in die Mountain Dew-Limo gekippt und erzählt von früher. Oder besser: Er spuckt seine Stories förmlich quer durch den Beat.
"By the time I was seven, my Uncle Wayne was in prison / We used to take a trip once a month and go visit / My Grandma and my Granddad, yeah, they all suspicious / Just say no to drugs, hell nah I ain't listen."
Nard B, seit einiger Zeit auf kreativem Höhenflug durch die Straßen Atlantas, legt für "Never Forget" einen ultrahart kriechenden Kopfnicker vor, dessen Brutalität immer wieder von melodischen Streichern konterkariert wird. Man sollte jedoch nicht den Fehler machen, Future als Drogenbaron oder Abhängigen zu sehen. In einem Interview stellt er klar: "Meine Musik porträtiert vielleicht ein bestimmtes Image", doch das Geprotze ist real: "Ich handele wie ein Boss und schließe die großen Werbedeals ab wie ein Boss."
Was der Jung lyrisch auf der Metaebene wirklich drauf hat, zeigt "Perkys Calling" in wirklich jeder einzelnen Zeile und erreicht zum Teil das Level New Yorker OG-Poeten. Jeder weitere Track brennt fast so lichterloh wie die beschriebenen. Auch wegen jener inhaltlichen Intensität erklimmt "Purple Reign" Futures eigenen, bereits mehrfach vergüldeten Tape-Thron und schiebt sich vor "Monster", "56 Nights", "1000" und "Astronaut Status". Oder wie es ein Fan schrieb: "Dieses Tape trennt die Spreu vom Weizen, die echten Fans von denen, die nur mitschwimmen wollten." Salute.
10 Kommentare mit 25 Antworten
DS2 4/5, Purple Reign 5/5...schon klar, laut.de
Hatte zuerst 4/5, aber gestern beim Schreiben hat mich das Album so in the mood gebracht, dass nur die Fünf in Frage kam. Sind beide gleich gut bei 4,5. Nur die gibt es hier ja net.
Also bei mir passiert garnix, 0/5. Kann mir mal einer erklären was der Reiz bei so was ist? Muss an da besondere Tee´s oder Kräuter für einnehmen um in Stimmung zu kommen? Blick das wirklich nicht.....
Dann lass die Finger davon und hör weiter Paolo Nutini...
Wer fragt dich den? Geht doch aus der Frage hervor!
Der Reiz? Synthie-Beat-Walzen, Melodien für Millionen und Flows from outta space. Plus: Gefühle, Gefühle, Gefühle. Und Drogen. Und Gym-Mugge. Und und und
Ganz so stark wie DS2 find ich es auch nicht, aber 5/5 kann man schon vertreten, wenns mit fetter Anlage gepumpt wird.
Vor allem, wenn man die No DJ Version hat
Wo werde ich denn bzgl. der "No DJ Version" fündig? Eine Variante ohne Esco Tags wäre mir nämlich lieber.
http://www.audiomack.com/album/world-premi…
Bin seit einigen Tagen wieder auf dem DS2-Film, da wusste ich von diesem tape noch gar nix. Kann mir auch nicht vorstellen, dass es an die Emotionalitaet herankommt, DS2 ist fuer die Geschichtsbuecher.
Take close listen, breh. Mich hat es als Langzeit-Future-Fanatic vom Hocker gehauen.
I don't feel it, sorry.
Da ich wahrscheinlich der einzige Kerl auf dieser Seite bin, der den 1000 und Dirty Sprite 1 Fewtch vermisst, muss ich leider sagen dass mir das Ding überhaupt nicht gefallen hat. Wie sein meister Output die letzten Jahre. Ich sollte mal checken, ob was mit meinen Ohren nicht stimmt.
Was genau vermisst du denn???
Dieser Kommentar wurde vor 7 Jahren durch den Autor entfernt.
Schon fast beängstigend, auf welchem Niveau Future in letzter Zeit konsequent abliefert. Vielleicht minimal weniger intensiv als DS2, aber was heißt das schon? Großartiger Januar.
Bin extrem drauf kleben geblieben. "Evol" kackt dagegen ordentlich ab.
Dachte schon, ich bin der Einzige, dem es so geht.
me too