laut.de-Kritik
Großer Hip Hop abseits des Mainstreams.
Review von Eberhard DoblerMike Patton, Alex Kapranos, The Mars Volta, RZA, Chino Moreno, Pharell Williams - und das sind beileibe noch nicht alle Darsteller. Wer meint, Gästelisten böten keine Überraschung mehr, staunt hier nicht schlecht. Aber es lädt ja nicht irgendjemand. Die Beatzuschneider Dan The Automator (u.a. Gorillaz) und Prince Paul (u.a. De La Soul-Producer) setzen als Handsome Boy Modeling School zum zweiten Mal auf eine Definition von Hip Hop, die auf Universalität und Niveau fußt: große Downbeats abseits des Mainstreams.
Solch ein Vorhaben gelingt freilich nur mit musikalisch Gleichgesinnten, etwa Del Tha Funkee Homosapien. Ice Cubes Cousin besitzt eine der entspanntesten Alternative Rap-Stimmen ever. Gemeinsam mit dem jamaikanischen Dancehaller Barrington Levy und dem spärlichen Einsatz Kapranos' kredenzt er die erste Single der Platte: "The World's Gone Mad". Ähnliches Hit-Potenzial besitzt "Breakdown". Surf-Songwriter Jack Johnson intoniert einen der lässig luftigsten Popsongs des Jahres. Zu Beginn droppen De La Soul ihre Reime über tiefen Native Tongue-Beats. Underground-Rap-Attitüde (der kanadische Turntabler Kid Koala ist an der Hälfte der Tracks beteiligt) verbreiten auch "It's Like That" (feat. Hieroglyphics-Reimer Casual) und "First ... And Then" mit Black Sheeps Dres.
Gewohnt zwielichtig, für seine Verhältnisse recht eingängig präsentiert sich Fantômas/Tomahawk-Chef Patton. Songwriterin Chan Marshall aka Cat Power steuert hier die Backing Vocals und mit dem sehnsüchtigen "I've Been Thinking" die zurückhaltenste Nummer des Albums bei. Sehr laid back gelingt Pharells Session (wo hat der N.E.R.D. seine Finger eigentlich nicht im Spiel?) mit David Lynch-Protagonistin Julee Cruise ("Class System"). Williams liefert im Refrain wirklich Soundtrack-taugliches ab. Fieses Kino bietet das mächtige "A Day In Life" u.a. feat. RZA und The Mars Volta ("A Day In Life").
Morenos Vorliebe für Robert Smith hört man "The Hours" trotz Metalriff, Raps (El P und Cage) und Hip Hop-Sampling an: ziemlich experimentell. "Rock And Roll (Could Never Hip Hop Like This) Part 2" (u.a. mit Linkin Parks Mike Shinoda, Rahzel und Beat Street-Darsteller Jazzy Jay) loopt berühmte Klassik-Themen zu Beats, Pop und Hip Hop-Prinzipien. Das abwechslungsreiche Crossover-Bekenntnis dürfte mit über sieben Minuten Spielzeit allerdings ein Skip-Kandidat sein. Jazz-Popper Jamie Cullum und Altrocker John Oates geben sich zum Schluss noch soulig ("Greatest Mistake").
Das East-/Westcoast-Duo nimmt sich selbstbewusst alle Narrenfreiheit, die es braucht. Schon die ersten Beats zeigen, weshalb dies auch gelingt: "White People" kratzt nicht nur an der Oberfläche. Paul, Dan und ihre Gäste meistern die Gratwanderung zwischen Roughness, Eingängigkeit und Stilsicherheit erstaunlich leichtfüßig. Ohne hintergründigen, lockeren Humor (man beachte die Skits) wird man sich zudem an der Handsome Boy Modeling School kaum einschreiben können: grimmige Gangster und aufgeblasene Wichtigtuer haben hier nix verloren.
10 Kommentare
ok da sollten lieber leute was dazu sagen die sich durchchecken, ich finds auf jeden fall hammergeil :>
Ich bin ja nun auch kein HipHop-Experte, aber die Scheibe ist schon große Klasse.
Überrascht mich jetzt etwas, dass du das hörst, reav
meh. dan the automator is ja auch in HA
ausserdem, gute musik = gute musik.
lol dan & franz ferdinand = cancelled.
wo hast du das gehört oder gelesen, wenn ich fragen darf?
Das besondere, was sich von vielen anderen HipHop-Collabos abhebt, ist an Dan's Produktionen, dass es schon mehr "akustisch cineastische Inszenierungen" sind, statt einfach nur HipHop-Tracks/Songs.
Es sind auf dem Album zwar mehr potentielle "Hits" drauf als bei "How's Your Girl", aber insgesamt mag ich das ältere Album etwas mehr, weil es von den Sounds her noch gewagter und schmutziger ist. "White People" orientiert sich eher schon an die wohlfühl-Lovage Produktionen.
Wenn schon Lovage erwähnt wurde, empfehle ich auch noch "Deltron 3030" (Dan The Automator [producer], Kid Koala [turntables], Del Tha Funky Homosapien [mc]), ein SciFi-HipHop-"Hörspiel" aus dem Jahre 3030.
Hartgesottene können auch mal bei "Dr. Octagon" (mit recht "kranken" Beatkonstrukten) reinhören.