laut.de-Kritik

Im Schreibrausch mit Noel Gallagher und Ronnie Wood.

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Der südeuropäische Name Imelda bedeutet übersetzt 'weltweiter Kampf'. Die irische Singer-Songwriterin Imelda May ficht derzeit mehrere Kämpfe aus: Den gegen die Schubladensucht der Musikpresse bzw. deren vorschnelle, lapidare Abwertung, wenn sich keine Genreschublade von selber öffnet. Da geht Mays sechstes Album "11 Past The Hour" schnell mal als Radio-Pop durch, was eine relativ abwegige und auch ungerechte Beschreibung ist. Denn die Platte unterhält gut, ist handwerklich interessant aufgebaut, auch, wenn Abmischung besser sein könnte.

Abwechslungsreich und angenehm trifft es insgesamt besser, sieht man von "Different Kinds Of Love" ab, denn hier trifft die Bewertung Radio-Pop mal zu: Der Track wirkt wie ein blutleeres Imitat von Natalie Imbruglias "Torn". Während des Lockdowns fieselte Imelda ewig an ihren auf dem Smartphone aufgenommenen Background-Vocals herum. Schließlich nahm sie den Hustle rund ums globale Tempo an, auch, wenn der letzte Medienrummel um sie schon zehn Jahre her ist. Heute ist Imelda zwar eher ein Thema für die Oldie-Welle, dabei dürfte ein mit Noel Gallagher und Ronnie Wood kreiertes Album trotzdem relevant sein.

Vorhang auf: Geigen zirpen elegisch gegen E-Gitarren-Krach an, der Titelsong und Opener "11 Past The Hour" ist ein Minidrama, in dessen erstem Akt Düsternis in der Luft schwebt. Im zweiten wird dann jegliche Schwere weggetanzt, bevor im dritten Akt ein Sturm folgt. Im vierten Akt werden Tränen geküsst, und im fünften siegt die Liebe über alles.

"Breathe" zeigt Imelda von ihrer popsouligen Gesangsseite, wobei die Beats von zappelndem Drum'n'Bass, dessen Bass-Amplitude sanft zurechtgestutzt wurde, bis zu Trip Hop-inspiriertem, hüpfendem Powerpop mit langgedehnten Vokalen reichen. Womit der Track ungefähr so wie Hooverphonics Beitrag zum Eurovision Song Contest 2021 klingt.

Das tönt alles anders als die Art von Musik, die man von Imelda May erwartet hätte. Am nächsten an den Vorgängerplatten dran liegt noch "Can't Say", im Prinzip eine klassische Rod Stewart-Ballade, nur mit einer extrem dramatischen Steigerung ins Soulige.

Mehrere Duettpartner finden sich auf der CD, Ronnie hört man zwei Mal an der Gitarre: im Britpop-Smash-Track "Made To Love" und in "Just One Kiss", einem Midtempo-Garage-Southern-Bluesrock Londoner Prägung. Imelda und Noel Gallagher wechseln sich hier Zeile für Zeile ab. Ähnlich verzahnt und stilistisch erfrischend hört sich die Zusammenarbeit mit Miles Kane an, "What We Did In The Dark", die ebenso wie "Don't Let Me Stand On My Own (feat. Niall McNamee)" ins Horn der Waterboys bläst.

Als stärkster Track der routiniert gesungenen und variantenreichen Platte groovt sich der leiseste in den Vordergrund: "Solace". Imelda haucht die Töne nur tröpfchenweise hinaus. Trommel und Akustikgitarre schwingen befreit, als habe sich die Sängerin gegen alle Widerstände durchkämpfen müssen, um erst kurz vor Schluss ihre beste Melodie rauszuschleudern.

Wie The Verve und Coldplay arbeitete Imelda mit Davide Rossi zusammen. Der verantwortet oft die Streicherarrangements für beide Bands und steigerte Imelda mit seinen Ideen in einen Schreibrausch hinein. Das Album erfindet das Rad natürlich nicht neu, fließt aber angenehm ins Ohr und hält ein paar schöne, spritzige Nummern bereit.

Trackliste

  1. 1. 11 Past The Hour
  2. 2. Breathe
  3. 3. Made To Love
  4. 4. Different Kinds Of Love
  5. 5. Diamonds
  6. 6. Don't Let Me Stand On My Own (feat. Niall McNamee)
  7. 7. What We Did In The Dark (feat. Miles Kane)
  8. 8. Can't Say
  9. 9. Just One Kiss (feat. Noel Gallagher, Ronnie Wood)
  10. 10. Solace
  11. 11. Never Look Back

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