laut.de-Kritik

Herrlich retro, dabei niemals altbacken.

Review von

Grimmiger Cover-Blick, Föntolle extrem, doch keine Sorge: Imelda May plant keinen bösen Anschlag auf ihre Hörer. Nach ihrer Babypause meldet sich die irische Rockabilly-Queen zurück im Rock'n'Roll-Circuit und erfüllt scheinbar anachronistische Musikstrukturen erneut mit prallem Leben.

Amüsant: der Blick ins Booklet. Die verführerische Imelda inmitten ihrer vierköpfigen Mitmusiker, die, vorsichtig geschätzt, nicht jünger als 50 scheinen: Das hat was. So alte Haudegen wissen natürlich besser als blutjunge Spunde, wie es geht, und bilden den richtigen Kontrast zur energischen Frontfrau.

Miss May feuert mit ihrem Titeltrack "Tribal" gleich zu Beginn treffsichere Salven. "One, Two, Three, Four": Mit mächtig Druck im Kessel nimmt Imeldas Memphis-Zug Kurs auf den Zwischenstopp Heartbreak Hotel. Dabei ergeht sie sich nicht als weiblicher Stereotyp des schmachtenden Herzchens. Sie verdeutlicht nicht nur im Text, dass eine "Wild Woman" halt mit vornehmlich ausgefahrenen Krallen fightet.

"It's Good To Be Alive" rumpelt im gemütlichen Shuffle-Tempo weiter das Rockabilly-Gleis entlang und winkt beim Vorbeifahren den guten alten Sun Studios (Johnny Cash, Carl Perkins, Elvis Presley) zu. "Little Pixie" reicht einen melodisch leckeren, schmackhaft akustisch gebackenen Zwischenimbiss.

Als Frau in einem männerdominierten Genre könnte die Irin darauf setzen, dieses Alleinstellungsmerkmal verstärkt wirken zu lassen. Derlei Vordergründigkeit tritt sie als echte Musikerin und Sängerin aber energisch entgegen. Das bloße Hübschpüppchen dürfen andere geben. Bei Imelda kommen zuerst Können und Klasse. Die Attraktivität ist bei ihr nur eine (allerdings höchst willkommene) Beigabe.

Der "Gypsy In Me" wandert in brüchig-verschleppten Walzertakten mitsamt einer Prise Blues durch den Anbruch der Nacht. Ein richtig fies, grimmig und dreckig gespieltes Gitarrensolo fügt sich großartig ins Songkonstrukt ein, das Imelda dennoch mit ihrem hier sinnlich und verführerisch angelegten Gesang dominiert.

Damit demonstriert sie ganz nebenbei eindrucksvoll, über welche Bandbreite ihr Organ verfügt. Besonders dann, wenn sie die Stimme so richtig kratzig-inbrünstig herumröhren lässt, wie etwa in "Five Good Men" inklusive stilechten Buddy Holly-Kieksern. Die Nummer steckt ohnehin randvoll mit musikalischen Historienbezügen und zitiert fürs Grundkonzept unüberhörbar und sympathisch Elvis Presleys "Mystery Train".

Fürs sexy gehauchte "Wicked Way" schmuggeln schräge Trompeten reichlich Jazzatmosphäre in den Song mit ein. "Round The Bend" schlendert in fröhlichen Poprock-Gefilden herum, eine Prise Wave inklusive. "Right Amount Of Wrong" beendet Imeldas kurzweilige Reise mit einer sauberen Einfahrt in den Zielbahnhof des Rock'n'Roll.

"Tribal": Herrlich Retro, aber nie altbacken. Die Produktion ist erdig angelegt und umgeht damit bei einigen Tracks die Gefahr zu poppiger Arrangements. Davor bewahrt neben der eingespielten Band natürlich besonders Imelda selbst, die einen richtig runden, krachigen Longplayer vorlegt. Freunde von Twang Guitar, wüsten Rockabilly-Rhythmen und erotischen weiblichen Kehlkopfüberschlägen erhalten reichlich von dem, wonach das rückwärtsgewandte Herz dürstet.

Trackliste

  1. 1. Tribal
  2. 2. Wild Woman
  3. 3. It's Good To Be Alive
  4. 4. Gypsy In Me
  5. 5. Little Pixie
  6. 6. Hellfire Club
  7. 7. Five Good Men
  8. 8. Ghost Of Love
  9. 9. Wicked Way
  10. 10. Round The Bend
  11. 11. I Wanna Dance
  12. 12. Right Amount Of Wrong

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