laut.de-Kritik

Die Post-Punk-Band besinnt sich auf die eigenen Stärken.

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Keine Experimente mehr, klassischer Interpol-Sound. Damit dürfte für langjährige Fans der Post-Punk-Band das Wichtigste über "The Other Side Of Make-Believe" gesagt sein. Das siebte Studioalbum der New Yorker klingt, als hätte es den Ausreißer "Marauder" von 2018 nie gegeben. Stattdessen orientiert sich die Platte am Sound des Vorvorgängers "El Pintor".

Die erste Single-Auskopplung "Toni" eröffnet auch "The Other Side Of Make-Believe". Was zu Beginn an das Titelstück aus dem Horrorfilm "Psycho" erinnert, entwickelt sich im Laufe seiner viereinhalb Minuten zu einem melancholischen Hit mit Ohrwurmpotenzial. Der dezente Piano-Loop sorgt dabei für Kontraste im gitarrenlastigen Soundbild des Stücks.

Überhaupt nehmen die Gitarren eine interessante Rolle auf der Platte ein. Sie scheinen gegen jede Eingängigkeit und Harmonie zu arbeiten. Doch von Erfolg ist ihr Querulantentum nicht gekrönt, die Melodien setzen sich fast immer durch. Nicht zuletzt, weil Paul Banks mit markant-nöliger Stimme in süßlichen Tonfolgen badet.

Und so mäandern die Gitarren in "Into The Night" wie hypnotisiert durch die Takte. Die Musik klingt insgesamt sanft, kann ihre dennoch vorhandene Schwere aber kaum verbergen. Dazu singt Banks irgendetwas über Tod und Einsamkeit: "Only when the clouds will know me, we all make those faces once / It's solo lonely, old and stony, into the night we go."

In "Something Changed" übernimmt das Piano die Führung. Aus den hinteren Reihen versucht sich immer wieder eine schräge Flötenmelodie durchzudrücken. Doch einmal mehr dient Banks' Stimme als Trennblatt zwischen den unterschiedlichen Schichten des Arrangements. Sein Vortrag klingt unaufgeregt, doch immer präsent. Was links und rechts neben ihm stattfindet, scheint zweitrangig.

Fast jedes Stück hat seine individuellen Elemente, die nur auffallen, wenn man aufmerksam zuhört. Drei Beispiele: Die Gitarre in "Renegade Hearts", die wie eine näherkommende Sirene klingt. Die Jazz-Vibes, die die Hi-Hats in "Big Shot City" versprühen. Oder die näselnde Gitarre, die sich durch "Fables" schleift.

"The Other Side Of Make-Believe" gerät stellenweise ins Plätschern. Wie aus einem Guss, würden manche argumentieren. Oberflächlich gehört, klingen die Stücke tatsächlich zu ähnlich. Doch wer genauer hinhört und die Musik Schicht für Schicht auseinandernimmt, erfährt die ganze Qualität dieser Platte: Spielfreude und Ideen. Das kommt dabei heraus, wenn man sich auf die eigenen Stärken besinnt. Interpol sind zurück.

Trackliste

  1. 1. Toni
  2. 2. Fables
  3. 3. Into The Night
  4. 4. Mr. Credit
  5. 5. Something Changed
  6. 6. Renegade Hearts
  7. 7. Passenger
  8. 8. Greenwich
  9. 9. Gran Hotel
  10. 10. Big Shot City
  11. 11. Go Easy (Palermo)

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8 Kommentare mit 2 Antworten

  • Vor 2 Jahren

    keine überplatte, aber definitiv wieder auf einem besseren weg, schließ mich herrn mertlik an!

  • Vor 2 Jahren

    Gefällt mir auch deutlich besser als der Vorgänger.

  • Vor 2 Jahren

    Stehe nach den ersten zwei, drei Durchgängen dbzgl. leider auf der Euphorie-Bremse. Gut möglich, dass die Scheibe ggü. dem Vorgänger wieder ein Schritt in die richtige Richtung ist (ich hatte schon die „Marauder“ nach dem Probehören wieder ins Regal zurückgeschoben und „A Fine Mess“ direkt ohne Lauscher dort liegenlassen), aber von dem, was sie bis einschließlich OLTA abgezogen haben, ist das (die Qualität betreffend) halt ewig weit entfernt. Wahrscheinlich keine total schlechte Platte, erinnert ein bisschen an die st. Bedeutet leider, dass es in den schwächsten Momenten genauso nölig bis langweilig dahinplätschert. Hätte mir den Blindkauf jedenfalls sparen sollen, das hier endet safe als Dateileiche…