laut.de-Kritik
Das Leben bleibt halt ne Bitch.
Review von Stefan Johannesberg"Its way darker this time", biedert sich J Cole seinen, vom Debüt enttäuschten, Fans bereits im Opener "Villuminati" an - und suhlt sich danach als "Born sinner the opposite of a winner" wie Biggie im gesampelten Selbstmitleid.
Auch wenn das Sensibelchen hier ein wenig überreagiert – seine "Sideline Story" enthielt durchaus Hits und Geschmack - passt ihm das Bubu-Büßerhemd und der Wille zur Besserung auf "Born Sinner" wie angegossen. Sometimes I brag like Hov / Sometimes I'm real like Pac / Sometimes I focus on the flow to show the skills I got / Sometimes I focus on the dough / Look at these bills I got / This is a message for some rappers trying to steal my spot / You niggas famous on the internet / I'm real life hot.
Das Leben bleibt halt ne Bitch, doch ein J Cole sich immer troy. Die klaren Battle-Ansagen im Opener presst er dabei leicht heiser, für seine Verhältnisse sehr aggressiv aus der Kehle. Sein eigener Beat rockt sich tief in die Uptempo-Regionen des Rhythm and Blues und die Bongos ballern im Hintergrund auf Hochtouren. Überhaupt bildet Cole musikalisch das gesamte, von ihm selbstproduzierte Album über den Gegenentwurf zum parallel droppenden Yeezus-Elektro-
Gemetzel.
Die Songs fließen wie aus einem Guss in die vorgefertigte Soul-Senke. Irgendwo zwischen den vielschichtigen Samples eines Pete Rock, den Songstrukturen vom frühen Kanye-Mentor No.ID und den melancholischen Melodiebögen des Outkast-Bastlerteams Organized Noize (die er auch auf "Land Of The Snakes" sampelt) geht J Cole einen grundehrlichen und sympathischen Weg. Seine Hooks treiben selbst 50 Cent vor Ehrerbietung die Tränen auf die Wangen (die nassen, nicht die tätowierten). Die Lyrics wandern entspannt und schlafwandlerisch sicher zwischen scharfsinniger Gesellschaftskritik, bildhafter Alltagsbeschreibung und Rap-Referenzen für die Hip Hop-Professoren. An old mind, heißt das wohl.
Apropos schlafwandlerisch: Forums-Miesepeter werfen J Cole ja gerne Langeweile vor – lahme Musik ohne Akzente. Ein Tipp für die Trolle: Hört euch auch "Born Sinner" erst acht Mal an, dann seid ihr angefixt wie Halftime-Junkies. Danach legt ihr das Teil im Auto für die Rap-hassende Angetraute auf und das Gefluche auf dem Beifahrersitz endet abrupt.
Harmonien, Hooks und eine sanfte Stimme umschmeicheln halt jeden - macht aber bitte nicht den Fehler und versucht, mit Cole cool zu cruisen. Sein Schlagzeug-Sound schwächelt ohne Primo-Bassdrum oder Snare vom Doktor und der harte Blick beim Ellenbogensonne geht schnell ins Leere.
Das Drum-Drama verbindet ihn mit dem späten Nasir Jones. Der bekam bei seinen Beats auch meist zu wenig Druck auf die Kessel. Cole erzählt zum Schluss mit "I Let Nas Down" die rührende Geschichte, das er nicht nur die Fans enttäuschte, sondern auch sein Vorbild ob der damaligen Single richtig böse machte.
"Hov askin' where's the record that the radio could play / And I was strikin' out for months, 9th inning feeling fear / Jeter under pressure, made the biggest hit of my career / But at first, that wasn't clear, niggas had no idea / Dion called me when it dropped, sounded sad but sincere / Told me Nas heard your single and he hate that shit
Said you the one, yo why you make that shit?"
Der Stachel sitzt noch immer tief, und hier schließt sich der Kreis des Büßens. Sein Leben lang wird er leiden: I let Nas down. Ob es für Cole nun aber heißt – um es mit Biggie zu beenden, wie es begann - ""? Seinen eigenen Style und Sound hat J auf jeden Fall sicher. Für Die-Hard-Fans packt er mit der "Truly Yours 3"-EP noch ein kleines Geschenk auf die Deluxe Edition.
6 Kommentare mit einer Antwort
Diesen Typ hatte ich vor knapp 2 Monaten noch gar nicht richtig auf dem Schirm, aber inzwischen platzt das Internet ja vor Lob.
Was meint ihr? Lohnt Albumkauf?
Haha, Young Eeyore back.
@DeineMudda (« .. »):
Hoer' dir vorher besser erstmal seine mixtapes an. Die fand ich schon okay, sein Debutalbum vor 2 Jahren dann aber richtig schwach. Gehoere allerdings auch der Fraktion der Forums-Miesepeter an und finde ihn generell ziemlich langweilig. Aber er ist halt auch kein opfermaessiges Hassobjekt wie Drake.
@Baudelaire: Hatte dich aber echt nicht im Kopf dabei Mein US-Hip Hop-Heimatforum ledert da so richtig los momentan...
Mir fehlen insgesamt vor allem rappende Features. Kendrick steuert ja leider nur die Hook in "Forbidden Fruit" bei. Der ein oder andere Track wäre mit Gastpart sicher reizvoller gewesen.
Dennoch ist das Ding für mich weit besser als sein erstes Album. Die einzigen Tracks, die so garnicht zünden wollen sind "Trouble", "Runaway" und "Chaining Day".
"Let Nas Down" ist alleine wegen der genialen Idee schon ein Hit.
Habe mir das Album auch mal gegeben. Sein Debüt fand ich ziemlich schwach, das hier schon ein wenig besser. Ob es für ganze acht Durchgänge reicht, kann ich aber schon mal nicht versprechen.
Der Typ erinnert mich total an MoTrip: Er ist durchaus sympathisch, kann natürlich rappen und hat auch durchaus mal was zu erzählen. Er erfindet aber das Rad nicht neu und irgendwas fehlt. Charisma? Mehr Energie? Ein paar rappende Features? Ich weiß es nicht genau, aber das Teil verströmt über weite Strecken durchweg solide, etwas drucklose Langeweile. Kann man sich zwar ganz gut nebenher anhören, zwingend geil ist's aber auf keinen Fall. 3/5 passt.
Ach so, was "Let Nas Down" angeht, muss ich schon zustimmen: coole Idee, schön ausgeführt.
besser als sein vorgänger, überzeugend in beat und text.