19. März 2014
"Wir meinen das total ernst"
Interview geführt von Simon LangemannKnapp drei Jahre nach dem gefeierten "DMD KIU LIDT" veröffentlichten Ja, Panik Ende Januar "Libertatia", einen Stilwandel mit Ansage: In der Zwischenzeit verließen zwei der fünf Mitglieder die Gruppe. In der Liveband hat man zwar für Ersatz gesorgt, doch ihre fünfte Platte spielten Andreas Spechtl, Stefan Pabst und Sebastian Janata erstmals als Trio ein.
Etliche Interviews, Feuilleton-Artikel, TV-Auftritte und Magazin-Cover später starten die umjubelten Österreicher Anfang Februar endlich ihre Konzertreise durch den deutschsprachigen Raum. Am zweiten Tourtag machen die Wahlberliner Halt im Kölner Gebäude 9, wo wir uns vor der Show mit Frontmann Andreas und Bassist Stefan in deren Sprinter treffen. Ein Gespräch über den monotonen Interview-Trott, die fröhliche neue Platte und die Nicht-Auflösung als Erfolg.
Gestern war Tourstart, wie gehts euch heute?
Andreas: Uns gehts gut.
Stefan: Natürlich schwer verkatert.
Wart ihr aufgeregt?
Andreas: Also ich war sehr aufgeregt - und bin normalerweise eigentlich nie aufgeregt. Aber es hat sehr gut funktioniert.
Stefan: Ja. Ich bin auch sehr erleichtert, dass das jetzt irgendwie alles so funktioniert, wie wir uns das vorgestellt haben. Denn das weiß man einfach nie, da kann man noch so viel proben. Das war gestern alles super.
Und das habt ihr gebührend gefeiert?
Andreas: Ja, die Platte haben wir ja in Hamburg aufgenommen. Daher waren da einfach total viele Leute, die wir kennen. Zudem mussten wir wegen der ganzen Interviews schon um halb zehn losfahren. Und um halb fünf waren wir im Bett. Wir mussten schon sehr früh zu EinsLive und WDR - und waren wirklich urverkatert.
Habt ihr mit einer derartigen Medienpräsenz denn gerechnet?
Stefan: Man muss sagen: Wir konnten es wirklich schwer einschätzen. Bei uns ist ja alles irgendwie neu, zwei Leute haben uns verlassen. Bei der letzten Platte war medial aber auch sehr viel los. Wir dachten uns: Wenn über die neue Platte wieder so viel geschrieben wird, wär das schön.
Andreas: Genau. Also unser Ziel war, dass es nicht weniger wird. Das wünscht man sich halt so.
Aber auf Magazin-Covern wart ihr damals noch nicht.
Stefan: Nein. Das war wirklich abgefahren.
Andreas: Das war wirklich das erste Mal, darüber haben wir uns auch sehr gewundert. Und uns natürlich auch gefreut. Ich glaub, das Spex-Cover ist unser erstes Cover überhaupt.
Nervt es nicht mit der Zeit, dass euch jeder nach dem Titel "Libertatia" fragt - obwohl es ja dieses Manifest gibt, in dem er so schön erklärt wird?
Stefan: Nein, das ist eben das Wesen für so Interviews. Wir erzählen da halt zehn mal am Tag das Gleiche. Das ist leider so.
Andreas: Ein paar neue Sachen kommen schon hinzu, aber natürlich heißt es immer wieder: "Jetzt erzählts mal. Wie ist das mit 'Libertatia'? Wie ist diese Geschichte?" Ja, natürlich, die wird so abgefrühstückt. Auch von uns. Aber ich versteh das auch.
Stefan: Ist ja klar. Darum gehts halt auch.
"Es ist weder satirisch, noch ironisch, noch zynisch gemeint."
Wie läuft das denn bei euch: Wählt ihr den Titel am Schluss, um die Songs auf einen Nenner zu bringen? Oder steht "Libertatia" von Anfang an als Konzept über allem?
Andreas: Das "Libertatia"-Stück war zwar eins der ersten und stand relativ bald als Titel fest. Aber es hat sich schon ein bisschen entwickelt.
Stefan: Aber es war relativ schnell klar, dass uns der Begriff und die Idee von dieser Insel gut gefallen. Dass das eben ein starkes Ding ist und dass es das sein könnte.
Andreas: Und dann füllt man das halt langsam auf.
Stefan: Es hilft auch, wenn man schon irgendwie beschließt: Okay, wir machen ein Album, das heißt "Libertatia". Daran kann man sich orientieren.
Andreas: Genau, du hast einfach schon eine Form, etwas Abgestecktes. Das ist viel einfacher, als wenn du so ins Blaue hinein schreibst.
Stefan: Beim letzten Mal wars auch so, dass "DMD KIU LIDT" relativ früh feststand.
Nach dem Titel haben wahrscheinlich auch nicht weniger Leute gefragt.
Andreas: (lacht) Nein, noch viel mehr.
Der taz hat das Album nicht ganz so gut gefallen, es war von einer Nähe zu Schlager und Satire die Rede.
Stefan: Ja, das hab ich auch gelesen.
Wie oft musstet ihr selbst denn während der Albumentstehung lachen?
Stefan: Total oft, natürlich.
Andreas: Aber satirisch ist es trotzdem nicht gemeint! Es ist weder ironisch, noch zynisch, noch sonst irgendwas.
Stefan: Das wurde einfach ganz klar missverstanden. Oder wir haben uns halt nicht klar genug ausgedrückt. Denn wir meinen das ernst, hundertprozentig. Da ist nix ironisch gemeint. Wenn die Frau das Gefühl hat, dass das schlagerhaft klingt, ist es ihr Recht, das so einzuordnen.
Andreas: Ich sehs aber nicht so.
Stefan: Wir sehens nicht so. Und wir machen uns auch nicht lustig über das, was wir machen. Das sind eben zwei Sachen: Einerseits meinen wir das voll ernst. Auf der anderen Seite müssen wir oft darüber lachen.
Andreas: Aber wenn wir darüber lachen, dann weil wir Spaß haben oder irgendwas verrückt finden, während wir an einem Text oder im Studio arbeiten. Man kann sich ja amüsieren. Aber das fertige Ding, das ist nicht lustig, sondern ernst gemeint. Vor irgendwas Ironischem halte ich da auch nichts.
"Fröhliche Menschen waren wir schon immer"
Einigkeit herrscht dagegen darüber, dass die Platte deutlich fröhlicher klingt. Eine Frage des Alters?
Andreas: Der Zugang ist ein anderer geworden.
Stefan: Ja. Fröhliche Menschen waren wir schon immer.
Andreas: Ich glaube, dass man sich eher früher gewundert hätte, was für gut gelaunte Menschen wir in Wirklichkeit sind. Wir haben uns ja oft mit Dingen beschäftigt, bei denen es gar nicht um uns geht. Uns war auch immer wichtig, dass man beim Hören einer Ja, Panik-Platte nicht denkt: Da höre ich jetzt, was mir der Spechtl so erzählt. Sondern das waren immer irgendwelche Betrachtungen. Und die waren halt immer relativ düster, ja. Das war sicher ein düstere Sichtweise. Aber ich würde sagen, viel schwärzer als auf der letzten Platte gings auch nicht mehr. Drum war das jetzt die Gegenbewegung.
Stefan: Das Ergebnis musste ja was Positives haben. Allein durch diese Entscheidung, unsere ganzen Forderungen der letzten Platte eben nicht einzulösen – und trotzdem weiterzumachen, auch zu dritt.
Andreas: Der Akt, nach "DMD KIU LIDT" überhaupt eine Platte zu machen, stellt schon was Positives dar. Wir sind froh, dass diese Band es auch nach dem Abgang zweier Mitglieder geschafft hat, sich nicht aufzulösen. Ich finde auch, dass die Platte etwas sehr Selbstbewusstes hat. Selbstbewusstsein in einer trotzigen Art: Nein, hier sind wir trotzdem. Wir sind noch immer Ja, Panik.
Jetzt erst recht?
Andreas: Genau, jetzt erst recht. Und es ist auch kein bisschen weniger Ja, Panik als vorher.
Über die Gründe dafür, dass ihr nur noch zu dritt seid, lässt sich kaum etwas herausfinden. Im Interview mit The Gap stand sogar, ihr wärt auf die Frage noch nicht vorbereitet gewesen.
Stefan: Das war auch wirklich das erste Interview zur neue Platte.
Redet ihr denn prinzipiell nicht darüber?
Stefan: Doch.
Andreas: Aber wir beantworten die nur ganz einfach: Der eine ist halt in Wien, der andere in Dublin.
Stefan: Die zwei Abgänge haben überhaupt nichts miteinander zu tun und in ihrer Ganzheit kann man sie eh nicht erklären. Der Thomas ist wieder nach Wien zurückgezogen, weil es ihn in Berlin nicht gehalten hat. Der war der einzige echte Wiener von uns, der hatte sich in Berlin nie so wohlgefühlt. Und der Christian wollte noch mal studieren, seinen Master machen. Deswegen ist er jetzt in Dublin. Das ist die Kurzfassung, mehr ist es eigentlich nicht. Also es ist schon mehr ...
Aber das ist die offizielle Erklärung.
Stefan: Genau. Achso, nee. Die offizielle Erklärung lautet, dass die zwei wegen des Saxophons ausgestiegen sind. [erklingt bei "Eigentlich Wissen Es Alle", d.Red.]
Der Rest der Band wollte es unbedingt auf dem Album haben?
Nein, die wollten auf jedem Stück eins haben. Dann haben wir gesagt: Nein, das ist zu viel.
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