laut.de-Kritik
Kantiger Bluesrock ohne Schnörkel.
Review von Kai ButterweckAuf der Suche nach Bluesrock-Alternativen zu Joe Bonamassa, Tommy Castro und Co. schielen Kenner der Szene seit einigen Jahren auch immer mal wieder gerne nach Detroit. Dort lebt und arbeitet die gebürtige Britin Joanne Shaw Taylor. Schon seit ihrer Kindheit von der rohen Energie des Genres gepackt, zieht die blonde Telecaster-Virtuosin seit der Veröffentlichung ihres Debüt-Albums "White Sugar" aus dem Jahr 2009 eine musikalische Schneise aus fulminanten Riffs und Licks hinter sich her.
Auch auf ihrem neuen Studioalbum spielt die einstige Entdeckung von Eurythmics-Kopf Dave Stewart jeden Standard-Bluesrocker spielend leicht an die Wand. Gesegnet mit einem Organ, das klingt, als hätten Aretha Franklin, Janis Joplin und Melissa Etheridge irgendwann einmal gemeinsame Sache gemacht, lässt Joanne Shaw Taylor gleich zu Beginn die Katze aus dem Sack.
Von Greta-Van-Fleet-Produzent Al Sutton soundtechnisch perfekt in Szene gesetzt, bringt sich die Sängerin in Stimmung ("In The Mood"). Die kratzigen Gitarren rocken, die Drums poltern nach vorne und Joanne mimt im Rampenlicht die Chefin: So kann's gehen.
Mit einer Prise mehr Soul im Schlepptau geht es die Hauptprotagonistin in der Folge ("All My Love", "The Best Thing") etwas lockerer an, ehe Band und Sängerin mit der harmonischen Hymne "Bad Love" erneut aufs Gaspedal treten.
Für Taylor steht der Song stets im Mittelpunkt. Vom kratzigen Intro bis zum letzten Beckenschlag: Das organische Miteinander steht an erster Stelle. So haben auch Bluesrock-Freunde außerhalb der Nerd-Mauern, hinter denen am besten den lieben, langen Tag nur gefrickelt wird, ihren Spaß.
"I've Been Loving You Too Long" erinnert an "Nothing Else Matters" und hinterlässt genauso große Spuren wie groovende Grüße in Richtung Alannah Myles ("Reckless Heart"). Ein paar Cowboy-Chords für den Lagerfeuer-Abend ("Break My Heart Anyway") und wehklagende Emotionen als Betthupferl ("I'm Only Lonely") runden schließlich ein Album ab, das von Anfang bis Ende fesselt. Hier gibt’s wirklich nichts zu meckern. Wer auf erdige Bluesrock-Kost ohne überflüssige und ellenlange Soli und Jams steht, der kommt hier voll auf seine Kosten.
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