laut.de-Kritik
Kahle Platte, pralles Büffet.
Review von Yan VogelFür alle, die einen Joe Satriani-Schrein im Schlafzimmer stehen haben, klingt der folgende Satz wie ein Sakrileg: Bei Guitar Hero wären seine Soli Einsteigerniveau. Verglichen mit Speed-Champs wie Steve Vai und Dream Theater-Flitzefinger John Petrucci mag dies stimmen. Aber wir wissen alle: Technik ist nicht alles. Satch kommt über den Sound und kombiniert faszinierende Klangwelten mit einem Gespür für Songs und singende Melodien, die dem Gros der Gitarren Helden abgeht.
"Blue Foot Groovy" steigt - der Titel deutet es bereits an - mit einem knorrigen Blues-Riff ein, bevor eine Hook die Himmelsdecke durchstößt, die Airplay und Anspruch verbindet. Ziemlich Bonamassa-mäßig mit Blick auf dessen letzte Alben "Royal Tea" und "Time Clocks", die Blues und Classic Rock vermählen.
Die Songs sind häufig in einem Stil gehalten. In der Verwendung und Verarbeitung des musikalischen Materials zeigen sich durchaus Unterschiede. "Sahara" und "Memory Lane" sind thematisch einheitlich gehalten, während etwa der Titeltrack in Sachen Intensität und Tempo kontrastierend angelegt ist. Die kahle Platte des Protagonisten täuscht nicht darüber hinweg, dass der Hörer ein pralles Büffet serviert bekommt.
Epische Ausschweifungen spendiert der 65-jährige Instrumentalist in "Tension And Release" und "Sailing The Seas Of Ganymede", die von düster-dräuenden Riffs geprägt sind und eine mystische bis apokalyptische Atmosphäre verbreiten. In der Funk- und Brass-gestützten Nummer "E 104th St NYC 1973" grassiert das Satch-Scratch-Fever. "Dancing Of The Spores" ist eine bunte Mischung aus Walzer, Musical und Horror-Elegie - wir nennen es Grusical - mit hohem Abwechslungsgrad und coolen Solo-Spots. "Night Scene" verfügt über den Neon-getränkten, repetitiven Moroder-Stil, ergänzt um Minimoog-Einsprengseln und sprunghafte Gitarren-Licks.
Die Band besteht aus Mitwirkenden aus Satrianis Dunstkreis. Kenny Aronoff, der bereits für John Fogerty und die Smashing Pumpkins die Kessel gerbte, gibt nach dem Debüt auf "Shapeshifting" sein zweites Stelldichein. Bassist Bryan Beller komplettiert die Rhythmus-Gruppe und taucht zum ersten Mal seit "Shockwave Supernova" auf der Gästeliste auf.
"Elephants On Mars" stellt bereits das 19. Studioalbum des Solokünstlers Joe Satriani dar. Kollaborationen wie etwa Chickenfoot sind nicht mitgezählt. Das Artwork fokussiert den Titel und ziert nicht das Konterfei des kahlköpfigen Gitarren-Großmeisters. Das Cover erinnert ein wenig an die Rorschach-Tests, zeigt bei genauem Blick doch die titelgebenden Dickhäuter, mit Gitarrenkorpus als Ohren und den Gitarrenhälsen als Rüssel. Wer etwas anderes erkennt (Umgedrehte Kreuze, Phallus-Symbole, Gerhard Schröder), wendet sich am besten an den Seelenheiler seines Vertrauens.
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