Porträt

laut.de-Biographie

Kap Bambino

Elektronische Musik aus Frankreich? Schon schade, wenn einem bei dem Stichwort lediglich die üblichen Verdächtigen von Ed Banger einfallen. Nein, französischer Elektro existiert auch außerhalb von Justice, Busy P oder Mr. Oizo. Dass der Sound von Kap Bambino allerdings zu abgedreht ausfällt, um in Großraumdissen die Tanzflächen zu füllen, macht die Geschichte wieder ein wenig tröstlicher.

Kap Bambino - Blacklist Aktuelles Album
Kap Bambino Blacklist
Gegen die Franzosen wirken Frittenbude oder Bratze fast spießig.

2001 treffen Caroline Martial und Orion Bouvier das erste Mal bei einer Party aufeinander. Eine folgenschwere Begegnung: Nach einer Reihe von Hardcore-Punkbands und eigenen Laptopspielereien im stillen Kämmerlein gründen die beiden zusammen Kap Bambino. Das Duo aus Bordeaux macht sofort Nägel mit Köpfen. Im selben Jahr noch heben Caroline und Orion das Label Wwilko aus der Taufe, um ihrem wilden Elektropunk eine Heimat zu geben.

Als hyperaktiv bezeichnen sich die beiden Franzosen selbst. Das spiegelt sich in ihrer unermüdlichen Lust am Aufnehmen und Touren wider. 2002 bringen sie ihr erstes Album heraus. Carolines geschrieener Gesang, Verzerrung, Übersteuerung und metallisches Elektrogeknister prägen "Love". Rastlos wie sie sind, touren Kap Bambino durch Europa, Japan und Mexiko.

Nach zwei 12-Inch-Platten folgt 2006 der nächste Longplayer. Mit "Zero Life Night Vision" setzen sie ihrem Rave-Synthiepunk die Krone auf. 2009 lösen die beiden bei ihrer Show auf dem SXSW-Festival im texanischen Austin ekstatische Begeisterungsstürme aus.

Das Publikum liebt die Noise-Einschläge, die nihilistischen bis sinnentleerten Texte, die wummernden Bässe und die Energie im Sound, die sich bei Kap Bambinos Live-Performances als gewaltiges, schwitzendes Tanz-Inferno entladen.

Wenn Caroline auf der Bühne zappelt, springt und zwischendurch wie in Trance ins Publikum starrt, sieht das aus wie ein epileptischer Hampelmann auf Acid. So, wie die blasse Französin mit der Vanessa Paradis-Zahnlücke abgeht, müsste sie nach der Show regelmäßig dicke Blutergüsse und gebrochene Rippen davon tragen. Die Attitüde nimmt man ihnen ab, der Junkie-Charme kommt an.

Orion ist neben Kap Bambino noch mit seinem Projekt Groupgris beschäftigt, Caroline macht als Khima France weniger aufgedrehten, fast schon poppigen Sound. 2010 veröffentlichen die beiden wieder gemeinsam eine Platte: "Blacklist" entfacht digitales Lo-Fi-Punkgetöse, in gebrochenem Englisch gekreischte Texte und stampfende Beats.

Zu ihren persönlichen Favoriten zählen Kap Bambino Suicide, The Horrors und These New Puritans, mit denen sie schon gemeinsam aufgespielt haben. Einflüsse? "Old French Punk Music", aber auch Sonic Youth, The Cure, Nirvana.

Die Wurzeln liegen im Noise-Rock, Grunge, Punk. "Wir versuchen, seltsame Musik zu machen", meint die blasse Französin, während sich der wortkarge Orion die meiste Zeit Kaugummi kauend zurückhält.

Die Schubladen können geschlossen bleiben. Vergleiche mit dem 8Bit-Sound der Kanadier Crystal Castles liegen zwar nahe. Trotzdem betont Caroline, Kap Bambino seien keine Nachahmer.

Mit einem Fuß in der Elektroszene und dem anderen im Rock'n'Roll, wie sie selbst sagen, machen sie ihr eigenes Ding. Ihre Leidenschaft fürs Musikmachen bringt Caroline auf den Punkt: "Wenn wir keine Musik machen würden, würden wir vermutlich früher sterben."

Alben

Kap Bambino - Blacklist: Album-Cover
  • Leserwertung: Punkt
  • Redaktionswertung: 4 Punkte

2010 Blacklist

Kritik von Anne Nußbaum

Gegen die Franzosen wirken Frittenbude oder Bratze fast spießig. (0 Kommentare)

Surftipps

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    Abgefahrene Bilder, abgefahrene Clips und Tourdaten.

    http://www.myspace.com/kapbambino

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