laut.de-Kritik
Ausgefeilte Songgemälde einer einzigartigen Künstlerin.
Review von Artur SchulzNahezu überraschend, fast aus dem Nichts, taucht nach zwölf Jahren Kate Bush wieder aus der Versenkung auf. Seit ihrem 93er Album "The Red Shoes" war die Künstlerin scheinbar aus der Musikszene verschwunden. Nun sind endlich wieder neue Kompositionen der großen britischen Künstlerin zu hören, die nichts von ihrer Klasse verloren hat. Das aktuelle Album zeigt sich rundum gelungen und dokumentiert eindrucksvoll die Reife und unnachahmliche Präsenz von Kate Bush.
Viel Musik hat sie auf "Aerial" gepackt: Satte 16 Titel verteilen sich auf zwei CDs. Die erste Hälfte ist mit "A Sea Of Honey" betitelt und der ruhigere, besinnlichere Teil des Doppelalbums. Die Vorabsingle "King Of The Mountain" eröffnet die Reise in den Klangkosmos der Künstlerin. Auf breiten Soundteppichen schwebt melodisch Kates Stimme über einem dezenten Midtempobeat. Die beruhigende Erkenntnis: Kates Stimme verzaubert wie vor über zwanzig Jahren. Der Aufbau gestaltet sich abwechslungsreich. Zunächst streicheln sphärische Klänge, später folgen die Beats, noch weiter hinten im Song erklingen erstmals E-Gitarren - das alles ohne Hetze und Hektik präsentiert.
Originell der Song "Pi": Wer außer der phantasievollen Britin würde es wagen, einen Song zu schreiben über einen Mann, der Zahlen liebt? Äußerst verführerisch, wie Kate hier schlichte Zahlenreihen lockend und sinnlich intoniert. Ob "Mrs. Bartolozzi", "How To Be Invisible" oder der Schlussakkord "A Coral Room" - Kate Bush bereitet mit einem gelungenen Mix aus Synthieklängen, oft in den Vordergrund gestellten Pianoakkorden und allerlei Soundüberraschungen den Hörer gekonnt auf den eigentlichen Höhepunkt des Albums, CD 2 vor.
Unter der Überschrift "A Sky Of Honey" nimmt das Album immer mehr Fahrt auf. Nach dem "Prelude"-Morgenerwachen samt zwitschernder Vögel und den Gedanken eines Kindes zieht das Tempo weiter an auf "Prologue" und "An Architects Dream". Nach dem kurzen Intermezzo "The Painter's Link" startet "Sunset" zunächst verhalten. Im zweiten Teil des Songs setzt dann eine straighte Schlagzeugarbeit ein - einer der stärksten Titel des neuen Albums. "Somewhere In Between" und "Nocturn" halten das hohe Niveau. Im finalen Track "Aerial" werden dann sehr deutlich akzentuierte E-Gitarren ausgepackt, zu denen Kate mit sinnlicher Stimme flirrt und girrt.
Mit eleganter Zauberhand führt Kate Bush den erwartungsfrohen Hörer in ihr Wunderland aus sphärischen Klängen und sehnsüchtigen Melodien, verpackt in edle arrangementtechnische Raffinesse. Vieles weckt Erinnerungen an den (Bush-)Sound der achtziger Jahre, ist aber stets zeitgemäß auf dem Stand der heutigen Technik instrumentiert und umgesetzt. Oft steht nicht die Melodie im Vordergrund, es fasziniert dann die Atmosphäre, in die Kate ihre vielschichtigen Arbeiten hineintaucht.
"Aerial" ist kein Album zum nebenbei Konsumieren. Etwa zwei Minuten in einen Song hineinhören zu wollen, um ihn danach vorschnell zu beurteilen, funktioniert hier nicht. Dazu passiert einfach zu viel, und überraschende Wendungen und Umstrukturierungen innerhalb eines Titels sind nahezu immer zu finden. Kate fordert den Zuhörer und belohnt ihn reich für seine Aufmerksamkeit. Es bleibt die Hoffnung, dass die Künstlerin die Fans bis zu ihrem nächsten Album nicht wieder warten lässt.
Denn "Aerial" zeigt nachhaltig, welche Ausnahmestellung Kate Bush noch immer einnimmt. Ihre Phantasie, gepaart mit großem Einfühlungsvermögen, erschafft noch immer wunderbare und erhabene Musikgemälde.
39 Kommentare
@vapourtrail (« (12.06.05)
@kukuruz...2005 könnte das kate bush jahr werden. erst das gute futureheads cover und eben auf dem flohmarkt waren ihre platte so fein herausgeputzt wie nie zuvor! »):
Sag mal, woher wusstest Du das?
Jetzt kommt doch tatsächlich am 7.11 ein neues Kate Bush-Album raus. 12 Jahre nach ihrem letzten ("The Red Shoes"). Und am 24. Oktober eine Vorab-Single.
Ich mein, ich finds wunderbar, aber das wird schwierig. Die Frau wird von ihren getreuen Fans ja förmlich vergöttert, und die lange Auszeit bewirkte eine ausgesprochene Legenden-Bildung. Jetzt wird ein realer Output auf diese doch sehr überzogenen Erwartungen treffen.
Na mal sehen. Vielleicht erscheint am 7. November ja sowas wie der Stern von Bethlehem am Himmel
Intro-Artikel (http://www.intro.de/musik/news/1125479525)
Da bin ich aber echt mal gespannt, was die gute Kate da aus dem Ärmel zaubert! Man hat ja schon jahrelang Gerüchte über ein neues Album gehört, und nun ist es endlich soweit! Schön!
Was ist im Moment eigentlich los? Alle möglichen Musik-Legenden geben grad' Platten raus: Die Stones, Eric Clapton, Kate Bush, Paul McCartney, Neil Young (kommt Ende September). Sind wir in eine Zeitschleife geraten?
Nö echt? VIER Jahre??? Ja dann wirds ja mal Zeit, diesem Meisterwerk ein weiteres hinzuzufügen - und 10 Jahre möchte ich dafür nicht wieder warten müssen!!
@awi («
Wenn man nach einem Beispiel für ewige Musik sucht - bei Kate wird man fündig. »):
Ohh Jaha!! Ich höre das "Aerial" Album immer noch rauf und runter...
Und ich entdecke immer noch hier und da etwas neues...
"Aerial" ist wirklich ein Meisterwerk!!
Eine meiner absoluten Lieblingsscheiben!!
für mich schuf k.b. mit aerial ihr reifstes werk. die musik hat ein selbstverständnis, strahlt aus einer inneren ruhe und gewissheit eine kraft aus, die ein gefühl vermittelt, kate bush sei angekommen, habe ihr absolutes glück gefunden. anyway .. .. .. aerial entfaltet vor allem auf der 2. cd seinen ganz speziellen, unter die hörschnecken gehenden charme, mit nocturn findet aerial ihren faszinierenden höhepunkt, um mit dem titelsong aerial noch sanft rockend auszuklingen. das ist großes soundkino für die seele - ein wundervolles album. und nun wieder sennheiser auf, kate hören!