laut.de-Kritik

Das "Alice im Wunderland" unter den Liveshows.

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Am 1. Februar 2015 steigt Katy Perry in den Olymp der Kaugummi-Powerpop-Göttinnen auf: Da nämlich bestreitet das Popphänomen die Halbzeit-Show des Super Bowl. Größer geht's nichts, schon klar. Unterstützt von Lenny Kravitz und Missy Elliott überzeugt Katy mit einer quietschfidelen, abgespacten Sesamstraßen-Konzertmontage - gigantisches Feuerwerk und feierliches Als-Sternschnuppe-davon-schweben inklusive.

Perrys Show ist ein echter Trip und schürt selbstredend die Erwartungen für ihre als "Konzertfilm" angekündigte Live-DVD zu ihrer umfangreichen, 151 Konzerte starken "Prismatic World Tour". Bereits das Cover lässt jedoch böses erahnen: Pink wird hier zum Mantra, und die in einem symbolischen Dreieck verordnete, bunt umhüllte Katy wirkt auf den ersten Blick wie eine Yogalehrerin.

Der Inhalt verspricht aber einiges mehr als meditative Bewegungslehre. Aufgezeichnet in Sydney präsentiert die DVD ein komplettes Perry-Konzert-Rundumpaket. Und das hat es in sich. Der Bühnenaufbau der "Prismatic World Tour" ist absolut atemberaubend. Das Dreieck ist die überall wiederkehrende, geometrische Form: Die Bühne erinnert an die legendäre Pyramid Stage des Glastonbury, wird hier aber durchgehend mit Projektionen beballert. Davor entspannt sich aus weiteren Vieleckschenkeln ein begehbares Muster aus Bühnenelementen, das sich tief in den Konzertraum gräbt.

Katy kämpft sich darauf durch Massen an Rollen, Kostümen, Tänzen, Inszenierungen und Musikrichtungen. Alles brennt und wackelt und leuchtet und jodelt und springt und tönt und explodiert und tanzt in einer kaum zu fassenden Vielfalt und Detaildichte. Das ist das "Alice im Wunderland" der Liveshows. Mit einem Konzert im klassischen Sinne hat diese Blockbuster-Darbietung allerdings nur noch wenig am Hut. Katy Perry inszeniert eine echte Cartoon-Popoper, ein kunterbuntes Science-Fiction-Theater, eine in Zuckerwatte gegossene Implosion der Sinne am Rande des Kollaps.

So imposant der Bühnenaufbau und die Choreografie daher kommen, so mager ist leider die filmische Umsetzung des Spektakels. Regisseur Russel Thomas hat unzählige Kameras in der Konzertarena verteilt. Im Publikum, auf der Bühne, hinter der Bühne, ganz weit weg, ganz nah dran, irgendwo in der Mitte, links, rechts, vorne, hinten, mittendrin, nur dabei - beinahe hat man das Gefühl, dass pro Konzertbesucher auch ein Kameramann im australischen Rund platziert wurde. Das tonnenweise angehäufte Material an Schnittbildern ballert der Filmemacher nun mit wenig Feingefühl zusammen. Hier ein paar über beide Ohren strahlende Fans, da ein wenig Katy, hier die ganz große Menge, da ein abgefahren abtanzender Roboter, dazu ein paar Polygon-Katzenbilder, einige Leinwand-Pixel und ein Schuss digitales Leuchtfeuer. Und wieder von vorne.

Doch der Schnittrhythmus, der bei einem Konzertfilm eigentlich im Zentrum stehen sollte, ist so lieblos, so neben der Spur, dass das filmische Gesamtwerk den Eindruck von Stangenware macht. Zum Haare raufen, nein ausreißen, ist zudem die Tatsache, dass man im Jahr 2015 sogar auf Konzert-DVDs von gen Himmel gereckten Smartphones abgenervt wird. Und so bleibt da am Ende nur ein Urteil: Diese Aufbereitung wird der größenwahnsinnigen, hypnotisch hyperaktiven Show der Katy Perry schlicht und einfach nicht gerecht und dient allerhöchstens all jenen, die ohnehin Live dabei waren, als ein bewegtes Erinnerungsalbum.

Achja, als kleines Schmankerl gibt es selbstredend noch den Blick hinter die Kulissen. Die eigentliche Backstage-Doku mit Katy Perry selbst fällt mit knappen zehn Minuten etwas kurz und lieblos aus. Dafür sorgen eine Zeitraffer-Zusammenstellung des Bühnenaufbaus und eine O-Ton-Collage von Katys unzähligen Mitstreitern für solide Unterhaltung im informativen Gewand. Das geht in Ordnung.

Trackliste

  1. 1. Roar
  2. 2. Part of Me
  3. 3. Wide Awake
  4. 4. This Moment / Love Me
  5. 5. Dark Horse
  6. 6. E.T.
  7. 7. Legendary Lovers
  8. 8. I Kissed A Girl
  9. 9. Hot N Cold
  10. 10. International Smile
  11. 11. By the Grace of God
  12. 12. The One That Got Away / Thinking of You
  13. 13. Unconditionally
  14. 14. Walking On Air
  15. 15. It Takes Two
  16. 16. This Is How We Do / Last Friday Night (T.G.I.F.)
  17. 17. Teenage Dream
  18. 18. California Gurls
  19. 19. Birthday
  20. 20. Firework

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