laut.de-Kritik
Strand-Disco im Traum-Nebel.
Review von Henrike MöllerDas Debüt des Londoner Duos aus dem Jahr 2009 war eine klare, geradlinige Sache: "La Roux" stand für einen rohen, direkten und kecken Electro-Pop, der genau das richtige Maß an 80er Appeal hatte, um einerseits retro, andererseits aber auch frisch und hip rüberzukommen. Songs wie "Bulletproof" und "In For The Kill" verkörperten den musikalischen Zeitgeist der späten Nullerjahre in Reinform.
Seitdem sind fünf Jahre vergangen – in der schnelllebigen Pop-Branche eine halbe Ewigkeit. Elly Jackson, die La Roux seit 2011 ohne ihren Partner Ben Langmaid stemmt, weiß das natürlich. Zumindest scheint sie ihr Trendgespür trotz ihrer langen Auszeit nicht verloren zu haben: "Synth-Pop ist tot", haute sie im Vorfeld zur Veröffentlichung ihrer neuen Platte heraus. Ob man das nun glauben mag oder nicht, Jackson hat sich auf "Trouble in Paradise" auf jeden Fall an ihre Prophezeiung gehalten.
Ihr Sound hat eine vielleicht nicht radikale, aber dennoch deutliche Umfärbung erhalten. Aus dem kühlen, unnahbaren, grauen Metall-Schimmer ist eine artenreiche Palette aus warmen und hellen Tönen geworden. Bunt – ja, aber Gott sei Dank nicht so knallig, wie das Plattencover vermuten lässt. Vielmehr überzieht die Klanglandschaften stets ein diffuser, träumerischer Nebel, eine Art dämpfender Schleier, der dafür sorgt, dass die zahlreichen, sonnigen Up-Tempo-Nummern nicht zu überschwänglich werden.
"Trouble in Paradise" findet sound-technisch nämlich im Gegensatz zum Vorgänger nicht im Club oder der angesagten Szene-Bar statt, sondern wurde an den Strand einer tropischen Insel verlagert. Ein Großteil der Songs durchzieht ein ausgelassener Beach-Vibe, der von Funk-Gitarren, tuckernden Bässen, Disco-Anleihen und 80er Synthies ergänzt wird.
Besonders luftig und groovend kommt der Track "Kiss And Not Tell" daher: Er klingt in seinen Instrumental-Parts wie die Vertonung einer Spielwiese voll tollender Kinder. Noch rhythmischer und tanzbarer gibt sich "Tropical Chancer", in dem Jackson mit Reggae und Calypso experimentiert. Der Opener "Uptight Downtown" hingegen mutet wie ein feierwütiger Mix aus ABBA, Daft Punk und David Bowies "Let's Dance"-Album an.
Interessanterweise stehen die Lyrics von La Roux im krassen Gegensatz zu den fröhlich übersprudelnden Melodien, die sie heraufbeschwört: In "Sexotheque" lässt sie sich über einen zwielichtigen Typen aus, der lieber Bordelle aufsucht, als sich um seine Familie zu kümmern; das rhythmische "Cruel Sexuality" mit seinen lieblich-verschwommenen Synthie-Betten und dem weichen Falsett-Gesang handelt von einem besitzergreifenden, groben Ex-Freund. "Why must you keep me in a prison at night?"
Mit "Trouble in Paradise" legt La Roux zweifelsfrei eine bemerkenswerte Platte vor. Während ihr Debüt noch darauf abzielte, den aktuellen Trends bestmöglich zu entsprechen, hat sich Jackson inzwischen so weit emanzipiert, dass sie den Sound von morgen selbst vorgibt. Trotz der Befreitheit, die die neuen Songs versprühen, lassen sie ein Qualitätsmerkmal der alten Tage leider schmerzlich missen: Alles Schroffe, Schmissige und Kantige wurde fast komplett glatt gespült.
13 Kommentare mit 4 Antworten
Ich war am Anfang ein bisschen enttäuscht von der Platte, doch mittlerweile gefällt sie mir sehr gut. Nach fünf Jahren zurückzukehren und ein entspanntes Sommeralbum abzuliefern hat durchaus auch Respekt verdient.
das video gefällt mir schonmal sehr...ich hab die ersten songs damals gemocht,also Grund genug mir mal das Album anzuhören
"sommeralbum" triffts perfekt. hübsche melodien, sehr elegant produziert. macht spaß!
da kann ich nur zustimmen. sehr angenehmes album. zusammen mit bleachers mein favorit dieses jahr.
Yep. Passt. Ist nächstes Jahr zwar wieder vergessen, aber bislang fast schon ein Highlight des bisherigen eher durchwachsenen Sommers. Kein Vergleich zu letztjährigen Bomben wie Comedown Machine von den Strokes, den Imagine Dragons (großartige One-Album-Wonder), dem Daft Punk Ding und dem Electric Album der grandiosen Pet Shop Boys. Bisher warte ich noch auf vergleichbares...
Schönes Ding, einziges manko war für mich das sich die songs bei einem kompletten Durchlauf teils etwas gleich anhören.
Ansonsten perfekter Sound zum schwülen Wetter.
Passt. Bisher das Sommeralbum 2014. Gibt ja auch kaum Konkurrenz. Letztes Jahr hatten wir die Strokes, Imagine Dragons, die wie immer grandiosen Pet Shop Boys, das wechselhaft-genialische Daft Punk Ding, die bisher beste Platte von Retro Stefson, Bastille und The Naked and Famous.
Ich warte immer noch auf die großen Bringer, aber bislang ist das schonmal ganz okay. Mando Diao und Future Islands können es doch noch nicht gewesen sein... große Hoffnung auf das neue Aydo Abay Album. Und sonst so...?!
letztes album way better