laut.de-Biographie
Lauryn Hill
Eine amerikanische Karriere: In wenigen Jahren bringt es Lauryn Hill von der Tellerwäscherin beim Schnellimbiss zur Plattenmillionärin: Über 17 Millionen Mal ging die zweite Fugees-Platte "The Score" mit der 1975 geborenen Sängerin seit 1996 über den Ladentisch. Seither zählt es zu den meistverkauften Hip Hop-Album aller Zeiten.
Davor stand ein eher peinliches Zwischenspiel als Filmschauspielerin ("Sister Act 2") und ein weniger erfolgreiches Debütalbum mit den Fugees. Der Riesenerfolg von "The Score" samt dem Hit "Killing Me Softly" markiert allerdings zugleich den Höhepunkt ihrer Bandkarriere. Das schnelle Geld, das sich mit Hip Hop, Rap und R'n'B zeitweilig machen lässt, ruft viele Neider auf den Plan, und die Mordanschläge auf Tupac Shakur und Notorious BIG schaden dem Genre auch musikalisch.
Lauryn Hill wiederholt die Fehler vieler ihrer Kollegen nicht, obwohl auch sie aus ärmlichen Verhältnissen stammt. Zunächst steigt ihr der schnelle Reichtum nicht zu Kopf. Stattdessen nimmt sie sich viel Zeit für ihre Familie. Zudem engagiert sie sich im sozialen Bereich und gründet unter anderem eine Stiftung für Straßenkinder. Charisma, Bescheidenheit und gute Taten machen sie Ende der 90er Jahre zur moralischen Integrationsfigur der gebeutelten Hip Hop-Nation.
Dennoch erwartet niemand, dass ihr erstes Soloalbum den Fugees-Erfolg 1998 beinahe in den Schatten stellt. "The Miseducation Of Lauryn Hill" wird mit Grammys überhäuft. Auch MTV-Awards lassen nicht lange auf sich warten. Lauryn Hill erhält für "Doo Wop (That Thing)" die Preise "Video des Jahres", "Bestes Video einer Frau", "Bestes Rhythm'n'Blues-Video" und "Beste Art Direction". "Gott ist groß", wundert sich die Ausgezeichnete. Die Platte verkauft sich weltweit zwölf Millionen Mal.
Doch im neuen Jahrtausend geht es abwärts: Im Februar 2001 entscheidet ein New Yorker Gericht, dass Lauryn ein Drittel der erzielten Einnahmen ihres Soloalbums abgeben muss. Der Drummer Vada Nobles, Sänger Rasheem Pugh, Pianist Tejumold und Gitarrist Johari Newton reichten Klage ein und machten geltend, dass sie "maßgeblich an Komposition und Produktion mitgewirkt" haben, obwohl keiner ihrer Namen in den Credits der Platte steht.
Dessen ungeachtet, präsentiert Hill im Mai 2002 das live in New York aufgezeichnete "MTV Unplugged No. 2.0" mit einem Bob Marley-Cover und 20 neuen Songs, auf denen sie sich selbst mit der akustischen Gitarre begleitet. Auf ein neues Studioalbum warten ihre Fans weiter vergeblich.
Stattdessen kommt es im September 2004 völlig überraschend zu einer Reunion der Fugees auf der Bühne. In New York begraben Hill, Wyclef Jean und Pras das Kriegsbeil für eine Augenzeugen zufolge unvergessliche Show. "Lost Ones" leitet Wyclef mit den Worten ein: "Es ist Zeit, über unsere stadtbekannten Streitereien hinwegzukommen." Lauryn hatte den Song noch zu Fugees-Zeiten geschrieben, mit der Absicht, Wyclef eins auszuwischen.
Der Friede zwischen den Parteien gedeiht so weit, dass sogar ein neues Fugees-Album nicht länger ausgeschlossen erscheint. Im Februar 2005 nimmt Lauryn jedoch erst einmal mit John Legend den Grammy-nominierten Song "So High" auf.
Noch im selben Jahr sitzen die Fugees dann erstmals wieder gemeinsam im Studio und kündigen für den 27. Dezember ihr Comeback-Album an. Doch dazu wird es nie kommen. Wonach es zunächst nicht aussieht, schließlich erscheint tatsächlich eine Vorabsingle namens "Take It Easy". Konzerte in Hamburg, Köln und Zürich gehen ebenfalls über die Bühne, dann endet die Europa-Tournee aber abrupt: Die Gigs für den 29. und 30. November in Incheba in der Slowakei und in Wien entfallen ohne Angabe von Gründen.
Offensichtlich hatte Lauryn keine Lust mehr auf die Fugees. Ihr angekündigtes Album wird zunächst verschoben, doch lange bleibt der erneut entbrannte Zwist zwischen den drei Parteien nicht geheim. Pras und Wyclef lästern über die "Diva" und beschweren sich wiederholt über das Verhalten der Sängerin. Am 6. Februar 2006 geben sie dennoch zu dritt ein Konzert in Hollywood, danach wird es allerdings still um das Trio.
Ein ganzes Jahr später macht Pras deutlich, dass er sich eine Zusammenarbeit mit der Sängerin nicht mehr vorstellen könne: "Es ist wahrscheinlicher, dass George W. Bush und Osama Bin Laden im Starbucks einen Latte zusammen trinken, als dass ich noch einmal mit Lauryn Hill zusammenarbeite."
Im März 2007 rappt diese stattdessen auf dem Song "Music" von Joss Stone, die so versessen auf eine Zusammenarbeit gewesen sei, dass sie ihre Mutter anrief, wie Lauryn erzählt. Dem Soundtrack zum Animationsfilm "Surf's Up" steuerte sie die Single "Lose Myself" bei.
Die mittlerweile sechsfache Mutter unterschreibt im selben Jahr einen neuen Plattenvertrag bei Sony Music und veröffentlicht die Single "Neurotic Society". Auf ein neues Album wartet aber auch die Plattenfirma vergeblich.
2013 dann ein herber Rückschlag: Lauryn Hill muss für drei Monate ins Gefängnis, weil sie zwischen 2005 und 2007 Einkommen in Höhe von 1,8 Millionen Dollar aus Musik- und Filmtantiemen am Fiskus vorbei geschleust hat. Aus den Jahren 2008 und 2009 stehen ebenfalls Rückzahlungen aus, so die Staatsanwaltschaft. Insgesamt beläuft sich die Summe, die Hill Bund und Land schuldet, auf knapp über eine Million Dollar.
Trotz aller Tief- und Rückschläge hat Lauryn Hill einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf die Musikgeschichte ausgeübt. Sie ist für Hip Hop, was Frida Kahlo für die Kunstszene war: Beide setzten sich in einer von Männern dominierten Sparte durch und stellten ihre Konkurrenz um Längen in den Schatten.
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