Porträt

laut.de-Biographie

Level 42

Level 42 - schon um die Herkunft des Bandnamens ranken sich etliche Spekulationen. Dabei ist die Geschichte so einfach: Ursprünglich nannte sich die britische Band, die mancherorts als maßgeblich für die Entwicklung des Funk in Europa betrachtet wird, schlicht "42". Jeder, der seinen Douglas Adams aufmerksam gelesen hat, weiß warum. Drängen der Plattenfirma versieht die schöne Zahl mit dem Zusatz "Level", um dem Bandnamen mehr Kontur zu verleihen.

Bei Level 42 handelt es sich um ein Phänomen der 80er. Mark King und die Gebrüder Phil und Rowland "Boon" Gould stammen sämtlich von der Isle of Wight; bereits in ihrer Teenagerzeit spielen sie in verschiedenen Bands. Phil lernt 1979 an der Londoner Guildhall School of Music and Drama Mike Lindup kennen, der dort Klavier und Percussion studiert. Er stellt ihm seinem Freund Mark vor, der (wie er selbst sagt) eigentlich gerne Schlagzeuger geworden wäre, "irgendwie aber an Bass und Gesang hängen geblieben" ist. Zwischen Mark und Mike stimmt die Chemie; schnell stellen sie fest, gemeinsame musikalische Vorbilder zu haben. Miles Davis, John McLaughlin, Keith Jarrett und Jan Hammer verbinden. Es dauert nicht lange, und man jammt gemeinsam: Mark King (später auch bei Gizmodrome) am Bass, Mike Lindup an den Keyboards, die Gitarren in den Händen von Boon Gould. Phil Gould sorgt am Schlagzeug für den Rhythmus. Die Herren spielen eine Fusion aus Jazz und Funk.

Im Mai 1980 erregen sie die Aufmerksamkeit Andy Sojkas, der sie umgehend bei seinem kleinen Independent-Label Elite Records unter Vertag nimmt. Bereits zwei Monate später erscheint die Debüt-Single "Love Meeting Love", die prompt in die Funk-Disco-Charts einsteigt. Das entgeht auch den Großen im Geschäft nicht; die zweite Single "(Flying On The) Wings Of Love" erscheint bereits bei Polydor. Es ist die Plattenfirma, die Level 42 mit dem Produzenten Mike Vernon zusammenführt. Eine gute Entscheidung: Gleich die erste gemeinsame Produktion ("Love Games", 1981) springt in die britischen Top 40. Das im Sommer folgende Album "Level 42" bietet einen Mix aus jazzigen Instrumentals und Funk und kommt ebenfalls gut an; eine erste Tour nach Deutschland und Holland sichert eine stabile Fangemeinde auf dem Kontinent.

Die Arbeit am zweiten Album wird kurzzeitig unterbrochen: Polydor entschließt sich zur Veröffentlichung von Demo-Bändern von Juli und August 1980 aus der Zeit bei Elite Records. Level 42s "zweite" Veröffentlichung ist somit im Grunde genommen ihr Debüt: "Strategy / The Early Tapes". Zwischen mehreren Touren spielen sie 1982, ebenfalls unter den Augen von Mike Vernon, "The Pursuit Of Accidents" ein. Viel mehr als drei freie Wochen bleiben 1982 nicht übrig; Zeit genug für Mark King, um mal eben zu heiraten. Phil Gould geht unterdessen Windsurfen - auch eine Freizeitbeschäftigung.

Ende '82 hören Larry Dunn und Verdine White von Earth, Wind and Fire von der britischen Funk-Combo. Gelinde ausgedrückt "begeistert" bieten sie an, das nächste Level 42-Album zu produzieren; man packt also zusammen und fliegt nach Los Angeles. "Out Of Sight, Out Of Mind" bietet einen ersten Vorgeschmack auf "Standing In The Light". Kaum sind die Bänder im Kasten, geben Level 42 ein Konzert in New York, nur, um dann hastig zurück nach Europa aufzubrechen: In Montreux werden sie auf dem Jazz-Festival erwartet. Im Jahr 1983 befinden sich Level 42 so gut wie ununterbrochen auf Tournee. Zeugnis darüber legen verschiedene Videodokumentationen ab, die zum Teil Jahre später erst veröffentlicht werden.

Anfang 1984 gönnt sich die Band eine kleine Pause. Mark King nutzt die Zeit, um Soloprojekte zu verfolgen. Im Sommer erscheint sein erster Alleingang, "Influences". Eine neue Level 42-Single folgt allerdings auf dem Fuße: "Hot Water" kündigt eine weitere LP ("True Colors") an. Auch die zweite Auskopplung chartet; wer es bis jetzt noch nicht begriffen hat: "The Chant Has Begun". 1985 dokumentiert "A Physical Presence", was die Band am besten kann: Live spielen, nämlich. Im zweiten Jahr in Folge werden Level 42 zum besten Funk-Act gewählt. "World Machine" liefert mit "Something About You" und "Leaving Me Now" zwei weitere Top-10-Hits. Ebenso steigt "Lessons In Love" in die Charts ein; die Entwicklung weg vom Jazz-Funk hin zum Mainstream-Pop ist unüberhörbar und zementiert sich in Level 42s größtem kommerziellen Erfolg "Running In The Family" (1987). Das Album erreicht innerhalb einer Woche Platin-Status. Level 42 treten als Special Guests in Madonnas Vorprogramm auf.

Innerhalb der Band herrscht jedoch keine ungeteilte Begeisterung; insbesondere Drummer Phil Gould zeigt sich mit der eingeschlagenen musikalischen Richtung unzufrieden. Zudem erschöpft vom Tourstress nimmt er im Oktober 1987 seinen Hut. Gleichzeitig verlässt auch sein Bruder Boon die Band, um seine Magenprobleme auszukurieren und um mit Frau und Kindern endlich sesshaft zu werden. Boon arbeitet zwar noch gemeinsam mit Mark an Songs für "Staring At The Sun", dennoch steht die Gruppe im Moment ohne Schlagzeuger und Gitarristen relativ dumm da. Kurzzeitig springen Neil Conti von Prefab Sprout und Paul Gendler an der Gitarre ein, hauptsächlich, um erst einmal die US-Tour mit Tina Turner zu Ende zu bringen. Dauerlösung ist das jedoch keine. Im Video "Children Say", das im Dezember herauskommt, sind nur Mark und Mike zu sehen - es muss etwas geschehen.

Die Rettung naht in Gestalt des neuen Schlagzeugers Gary Husband, der zwei Jahre zuvor schon einmal beinahe bei Level 42 eingestiegen wäre; damals vertrat er den für eine Woche abgängigen Phil Gould. Gary schlägt Steve Topping für die vakante Position an der Gitarre vor. Dieser verlässt die Band allerdings bereits im darauffolgenden Jahr und wird durch Alan Murphy, der bei Go West spielte und zu den angesehensten britischen Gitarristen zählt, ersetzt. Innerhalb rekordverdächtiger 26 Tage spielen sie "Staring At The Sun" ein und begeben sich dann, wer hätte es gedacht, auf Tournee.

Im Juli 1989 spielen Level 42 als "Hausband" beim "Prince's Trust Concert" und begleiten Acts wie Spandau Ballet, Mike And The Mechanics, Andy Bell und Alexander O'Neal. Im Oktober erliegt Alan Murphy seiner HIV-Infektion; die Band sagt alle Termine im Zusammenhang mit der soeben veröffentlichten Single "Take Care Of Yourself" ab. Im November präsentieren sie - auch im Gedenken an Alan Murphy - eine Best-of-Compilation.

Mike Lindup veröffentlicht 1990 sein Soloalbum "Changes". Mark schreibt an neuen Songs; er arbeitet allerdings nicht nur für Level 42, sondern stellt seine Fähigkeiten auch anderen Künstlern zur Verfügung. Gary Husband tourt unterdessen mit Allan Holdsworth, der als Guru der zeitgenössischen E-Gitarristen gilt. Der Jazzkomponist spielte bei verschiedenen Formationen, darunter die Avantgarde-Rockgruppe Gong. Er entwickelte Techniken, die elektrische Gitarren wie klassische Instrumente (Streicher, Oboen, etc.) klingen lassen, und die von zahllosen Gitarristen weltweit kopiert werden.

Anfang der 90er Jahre versuchen Level 42 wieder mehr von ihren früheren Einflüssen in ihre Musik zu integrieren und holen sich besagten Allan Holdsworth ins Studio. Das neue Album "Guaranteed" trifft allerdings den Geschmack der Plattenfirma nicht; Polydor hätte es gerne ein wenig kommerzieller. Die Band zeigt sich nicht kompromissbereit, es kommt zum Bruch. 1991 gehen Level 42 mit RCA/BMG einen neuen Vertrag ein. "Guaranteed" erscheint hier noch im selben Jahr. Bei der anschließenden Tour durch Großbritannien und Europa führen Level 42 Gitarristen Jakko Jakszyk (Swing Out Sister) im Handgepäck. Gary Husband verlässt die Band 1993, um sich etwas später wieder Allan Holdsworth anzuschließen. Ex-Drummer Phil Gould lässt sich für "Forever Now" noch einmal als Studio-Schlagzeuger, nicht jedoch für eine weitere Tour gewinnen. Mit den Singles "Forever Now" und "All Over You" haben Level 42 zum ersten Mal seit 1987 wieder zwei Titel gleichzeitig unter den Top 40; die dritte Auskopplung "Love Into A Peaceful World" schafft im Juli ebenfalls den Sprung in die Hitlisten. Die für lange Zeit letzte Tournee endet am 14. Oktober 1994 mit einer Show in der Londoner Royal Albert Hall.

Was ist seitdem geschehen? Boon Gould veröffentlicht 1995 "Tin Man". 1996 erscheinen unter dem Titel "Live At Wembley" Aufnahmen eines 1989 absolvierten Auftritts. 1998 stellt Mark King sein Soloalbum "One Man" in die Läden und im Jahr 2000 kommt es im Rahmen einer privaten Veranstaltung beinahe zu einer Reunion; zumindest sind mit Mike Lindup und den Gould-Brüdern zwei Drittel des ursprünglichen Line Ups am Start. Mark King sichert sich unterdessen die Rechte am Namen "Level 42" und bringt "Live On The Isle Of Wight" und "Level 42 Live At Reading" unter die darbende Fangemeinde. Auf sein Betreiben hin kommt es 2002 zu einer Greatest-Hits-Tour, bei der von der ehemaligen Besetzung allerdings nur noch King selbst und Drummer Gary Husband am Start sind.

Im darauffolgenden Jahr nährt Boon die Gerüchteküche, indem er auf seiner Website verkündet, dass er gemeinsam mit Mark, Phil und Mike (der Urbesetzung) dabei sei, ein neues Album einzuspielen. 2006 hat für die Fans das zwölfjährige Darben ein Ende. "Retroglide" schlägt zwar kein neues Kapitel der Bandgeschichte auf, liefert aber dennoch altbewährte Hausmannskost in guter Qualität. Dennoch: Die alte Soße (die aus der Zeit zu stammen scheint, als Level 42 bereits mit Mitteln des Pop und Rock auf Verkaufszahlen schielten) neu aufzuwärmen, freut zwar die treuen Fans, Neue lassen sich damit nur bedingt rekrutieren. Für ein furioses Comeback fand stilistisch einfach zu wenig Entwicklung statt. Die Urkraft der Band, jener kantige Mix aus Funk und Jazz, ist nicht erst seit "Retroglide" einer etwas beliebigen Pop-Attitüde gewichen, die mit eingängigen Melodien nach Kommerzialität hechelt.

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Fotogalerien

Köln, E-Werk, 2018 Mit Mark King zurück in die Achtziger.

Mit Mark King zurück in die Achtziger., Köln, E-Werk, 2018 | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof) Mit Mark King zurück in die Achtziger., Köln, E-Werk, 2018 | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof) Mit Mark King zurück in die Achtziger., Köln, E-Werk, 2018 | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof) Mit Mark King zurück in die Achtziger., Köln, E-Werk, 2018 | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof)

Live In Stuttgart Bei den Jazz Open ließen Mike King und Co. die Funk-Sau raus.

Bei den Jazz Open ließen Mike King und Co. die Funk-Sau raus., Live In Stuttgart | © laut.de (Fotograf: Marek Oczko) Bei den Jazz Open ließen Mike King und Co. die Funk-Sau raus., Live In Stuttgart | © laut.de (Fotograf: Marek Oczko) Bei den Jazz Open ließen Mike King und Co. die Funk-Sau raus., Live In Stuttgart | © laut.de (Fotograf: Marek Oczko) Bei den Jazz Open ließen Mike King und Co. die Funk-Sau raus., Live In Stuttgart | © laut.de (Fotograf: Marek Oczko) Bei den Jazz Open ließen Mike King und Co. die Funk-Sau raus., Live In Stuttgart | © laut.de (Fotograf: Marek Oczko) Bei den Jazz Open ließen Mike King und Co. die Funk-Sau raus., Live In Stuttgart | © laut.de (Fotograf: Marek Oczko) Bei den Jazz Open ließen Mike King und Co. die Funk-Sau raus., Live In Stuttgart | © laut.de (Fotograf: Marek Oczko) Bei den Jazz Open ließen Mike King und Co. die Funk-Sau raus., Live In Stuttgart | © laut.de (Fotograf: Marek Oczko) Bei den Jazz Open ließen Mike King und Co. die Funk-Sau raus., Live In Stuttgart | © laut.de (Fotograf: Marek Oczko) Bei den Jazz Open ließen Mike King und Co. die Funk-Sau raus., Live In Stuttgart | © laut.de (Fotograf: Marek Oczko) Bei den Jazz Open ließen Mike King und Co. die Funk-Sau raus., Live In Stuttgart | © laut.de (Fotograf: Marek Oczko) Bei den Jazz Open ließen Mike King und Co. die Funk-Sau raus., Live In Stuttgart | © laut.de (Fotograf: Marek Oczko) Bei den Jazz Open ließen Mike King und Co. die Funk-Sau raus., Live In Stuttgart | © laut.de (Fotograf: Marek Oczko) Bei den Jazz Open ließen Mike King und Co. die Funk-Sau raus., Live In Stuttgart | © laut.de (Fotograf: Marek Oczko) Bei den Jazz Open ließen Mike King und Co. die Funk-Sau raus., Live In Stuttgart | © laut.de (Fotograf: Marek Oczko) Bei den Jazz Open ließen Mike King und Co. die Funk-Sau raus., Live In Stuttgart | © laut.de (Fotograf: Marek Oczko) Bei den Jazz Open ließen Mike King und Co. die Funk-Sau raus., Live In Stuttgart | © laut.de (Fotograf: Marek Oczko) Bei den Jazz Open ließen Mike King und Co. die Funk-Sau raus., Live In Stuttgart | © laut.de (Fotograf: Marek Oczko) Bei den Jazz Open ließen Mike King und Co. die Funk-Sau raus., Live In Stuttgart | © laut.de (Fotograf: Marek Oczko)

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