1. Juli 2003

In Las Vegas war ich natürlich ein Außenseiter

Interview geführt von

Doch alle Aufregung ist schnell verflogen, als sich am anderen Ende der Leitung ein super gelaunter Louie Austen meldet und mit zurück genommenem Wiener Akzent von der ersten Sekunde an munter drauf los plaudert.

Hallo Louie, hier ist Daniel von LAUT aus Konstanz. Wie geht es dir?

Hallo Daniel, mir geht es super. (lacht) Ein toller Tag. Ich hoffe, dir geht es am Bodensee genauso gut wie mir. Ich habe heute einen wunderschönen Tag hier in Berlin.

Danke, bestens. Bevor wir richtig mit dem Interview beginnen, möchte ich noch wissen, ob es ok ist, wenn ich dich duze.

Ja klar. Ich bitte sogar darum, sonst komme ich mir so alt vor. (lacht)

Ich habe in deinem Tourplan gesehen, dass du gerade aus Barcelona zurückgekommen bist. Wie hat das Publikum die Songs von deiner neuen Platte "Easy Love" aufgenommen?

Ich habe bei meinem Konzert in Barcelona eine Mischung aus alten und neuen Songs gespielt. Ich habe zwischen die Lieder von den alten Platten immer wieder Songs des neuen Albums eingestreut, so dass ich nicht genau sagen kann, wie den Leuten die Songs von "Easy Love" gefallen haben. Insgesamt war die Stimmung sehr gut. Es hat viel Spaß gemacht, dort zu spielen.

Du absolvierst einen Teil deiner Auftritte mit Band. In den Clubs bist du jedoch meist allein auf der Bühne. Wie kann ich mir einen Live-Auftritt von dir vorstellen? Nimmst du eine ganze Big Band mit auf Tour?

Nein, nein. Wenn ich mit meiner Band spiele, dann sind wir als Trio auf der Bühne. Das läuft im kleinen Rahmen ab. Eine Big Band wäre viel zu teuer, um auf Tour zu gehen. Die ganzen Musiker, das wäre auch viel zu aufwendig. Bei den meisten Auftritten spiele ich ein Halb-Playback, das heißt die Musik wird eingespielt und ich singe natürlich live dazu. Das hat sich als guter Kompromiss erwiesen, der in den Clubs auch gut umzusetzen ist, weil er nicht so viel Aufwand erfordert wie das Touren mit einer Band.

Was für Leute kommen zu deinen Konzerten? Wer ist dein Publikum?

Das ist relativ unterschiedlich und hängt auch immer davon ab, wo ich gerade auftrete. In die Clubs kommen meist ganz junge Leute zu meinen Konzerten. Das ist eine tolle Erfahrung. Die jungen Leute sind total offen und unvoreingenommen. Die nehmen mich einfach so wie ich bin und verbreiten eine unglaublich positive Stimmung. Dafür bin ich sehr dankbar, dass ich endlich das machen kann, was ich möchte und von einem Publikum ein überwältigendes Feedback bekomme. Das ist ein sehr großes Glück.

Spielst du auch noch im Hyatt in Wien?

Nein, das lässt sich schon zeitlich nicht mehr vereinbaren. Ich habe vor rund zwei Jahren damit aufgehört. Seitdem reise ich sehr viel und spiele so oft wie möglich in Clubs. Dort ist mein Publikum, das mich für das liebt, was ich gerne mache. Da habe ich keine Konventionen, kann einfach ausprobieren und rumexperimentieren, verrückte Sachen machen, die in einer Hotelbar einfach nicht drin sind. Man spielt da eher sein Repertoire runter. Das macht auch Spaß, befriedigt mich auf die Dauer aber nicht wirklich. Jetzt bin ich in der glücklichen Lage, dass ich genau das machen kann, was ich schon immer wollte und damit auch noch genug Geld verdiene, um meinen Lebensunterhalt zu bestreiten.

Du hast ein klassische Ausbildung als Sänger. Der Weg in die Clubs ist damit nicht unbedingt vorgezeichnet. Wie bist du zur elektronischen Musik, zu House und Techno gekommen?

Richtig, ich habe in Wien am Konservatorium Gesang und Schauspiel studiert. Die klassische Musik stand hier natürlich im Vordergrund, aber ich habe mich schon immer auch für experimentelle Musik interessiert. Nur das eine zu machen, ist mir auf die Dauer zu langweilig. Ich bin jemand, der immer wieder etwas neues erforschen muss, sich neuen Herausforderungen stellt. In der neuen Musik gab es eine ganze Reihe von Komponisten und Musikern, die schon früh mit elektronischer Musik experimentierten. Wenn ich zu Hause bin, höre ich mir Musik an, die nichts mit dem zu tun hat, was ich mache. So habe ich Jazz und Blues gespielt, mir aber gleichzeitig auch Platten von Ligeti oder anderen Komponisten der neuen Musik angehört. Diese Neugier für das Neue war es auch, die mich vor einigen Jahren für moderne elektronische Musik fasziniert hat. Ich bin immer auf der Suche nach Neuem, muss mich ständig selbst herausfordern.

Was gefällt dir an Techno?

Das Tollste an Techno ist der Bass. Dieser Wumms! (lacht). Es ist eine sehr körperliche Art der Musikerfahrung, die vor Techno keine große Rolle gespielt hat. Der Bass ist ja nicht nur ein Ton, sondern vor allem auch eine Schwingung, eine Vibration, die vom ganzen Körper erfahren werden will. Der Bass muss dir richtig in den Arsch treten, muss aus dem Bauch heraus gefühlt werden. Wenn man sich ein Oper von Wagner zum Beispiel anhört, dann entsteht dort ein ähnliches Gefühl. In der Popmusik hat das lange Zeit keine Rolle gespielt. Wenn man sich ein Aufnahmen von vor zwanzig Jahren anhört, dann sind die Unterschiede enorm. Das war alles total zahm und flach im Vergleich zu den Songs von heute, die auf diese körperliche Erfahrung von Musik hin produziert sind. Das ist finde ich ein sehr wichtiger Aspekt beim Musik Hören. Die Musik muss dich packen und mitreißen. Das Verdienst von Techno ist es, dem Bass wieder zu einem neuen Stellenwert, einer anderen Wertschätzung in der populären Musik verholfen zu haben.

Du bist weit gereist in deinem Leben, hast als junger Mann Österreich verlassen und bist in die weite Welt hinaus gezogen. Warum?

Österreich war mir damals einfach zu eng. Hier hatte ich keine Perspektive, nachdem mit meiner Ausbildung fertig war. Also bin ich erst nach Südafrika, dann weiter nach Australien bis ich schließlich in New York gelandet bin, wo ich meine Band getroffen habe: The Harlem Blues & Jazz Band. Das waren alles alte schwarze Musiker, von denen ich sehr viel habe lernen können. Sie haben mir gezeigt, dass es nur auf die Musik ankommt, die von Herzen kommen muss. Der ganze Glamour und das Star-Gehabe sind überhaupt nicht wichtig. Man muss vor allem mit sich im Reinen sein, das tun, was man tun will, die Musik vor sich selbst rechtfertigen können. Das ist wichtig. Das ganze Drumherum ist nur schmückendes Beiwerk zur Musik. Deshalb ist mir Geld auch nicht so wichtig. Klar sollte man genug haben, um die Miete bezahlen und sich was zu essen kaufen zu können. Mehr ist nicht nötig. Die Gefahr bei kreativen Leuten besteht, dass sie mit der Zeit faul und träge werden, sich mit dem abfinden, was sie gerade tun, nicht mehr forschen, nichts Neues mehr entdecken. Deshalb zwinge ich mich immer zu einer Askese, die es mir erlaubt, mich immer neu zu hinterfragen, herauszufordern.

Du hast auch in Las Vegas gesungen, bist auf den Spuren von Frank Sinatra und Dean Martin gewandelt. Welche Erinnerungen hast du an diese Zeit?

A: Die Zeit in Las Vegas war sehr hart. Als ich dort ankam, kannte mich natürlich niemand. Ich war ein Österreicher, der in Las Vegas singen wollte. Ich war ein Außenseiter im Geschäft. Das ist ungefähr so, als ob ein Amerikaner nach Wien kommt, um Heurigen-Sänger zu werden. Ich habe in dieser Zeit viel gehungert und in Armut gelebt. Langsam ist es mir dann aber doch gelungen, mir einen Ruf aufzubauen. Mich hat es wahnsinnig gefreut, als ich langsam positives Feedback bekommen habe. Wenn Leute nach dem Auftritt zu mir kamen, dem unbekannten Barsänger (lacht), und mir erzählt haben, dass ihnen meine Musik gefallen hat, dann war das super. So habe ich Charlton Heston kennen gelernt und auch Engelbert Humperdinck, mit dem ich auch zusammen aufgetreten bin. Ich finde das total wichtig, den Leuten auch ein Feedback zu geben. Wenn ich heute mit einem DJ zusammen auftrete und mir gefällt die Musik, die er spielt, dann gehe ich immer hin und zeige ihm das auch, weil es für einen Künstler das Schönste ist, positives Feedback für seine Arbeit zu bekommen.

Dann wünsche ich dir für deinen Auftritt nachher viel positives Feedback. Und lass es im Club richtig krachen.

Das werde ich auf alle Fälle tun (lacht). Ich hoffe wir sehen uns mal bei einem meiner Auftritte.

Wenn du demnächst in die Nähe von Konstanz kommst bestimmt.

Das Interview führte Daniel Straub

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