laut.de-Kritik
Dem Kaiserslauterer wünscht man mehr Mut zum textlichen Tiefgang.
Review von Simon LangemannUnd noch ein Singer/Songwriter. Mit Mark Forster stellte sich vor wenigen Wochen mal wieder einer dieser jungen, deutschsprachigen Pop-Sänger im Radio vor und machte bei seiner Debütsingle "Auf Dem Weg" alles richtig: Einfach gestrickte, aber intelligente Lyrics ergänzen sich mit leichtfüßig treibendem Drumcomputer, für sonniges Ambiente sorgt ein dünner Synthie-Teppich.
Die Frage, ob einem die klare und hohe Stimme des Wahlberliners zusagt, erübrigte sich recht schnell. Denn spätestens beim zweiten Durchlauf erfüllte der denkbar eingängige Refrain seine Pflicht und fraß sich tief ins Gedächtnis.
In froher Hoffnung wartete man also auf das dazugehörige Erstlingswerk. Doch der mit 13 Titeln gefüllte "Karton" entpuppt sich leider als Enttäuschung. "Auf Dem Weg" schlüpft hier in die Rolle des Openers und Höhepunkts, an dessen Leichtigkeit keines der verbleibenden Stücke ansatzweise heranreicht. In der Folge findet man zwar einen Haufen interessanter Ansätze, doch wirklich überspringen mag der Funke nicht mehr.
Dabei demonstrieren gerade die Instrumentalparts, wie viel besser dieses Album hätte werden können. Kombiniert mit den bewährten organischen Instrumenten generieren die Studiomusiker um Produzent Ralf-Christian Mayer vor allem mit kreativem Synthesizer-Einsatz immer wieder den unverzichtbaren Aha-Effekt und bewegen sich über weite Strecke fernab vom Mainstream.
Doch selbst ein interessantes Arrangement wie "Sie Ist Weg", das in seinen Höhepunkten gar an die Hundreds erinnert, macht unter gefühlt dutzendmal gehörten Zeilen ("Sie ist Weg und ich bin wieder allein, allein.") keinen Spaß. Die Nummer steht indes symptomatisch für das Scheitern des Albums. Denn was nützt schon innovatives Sounddesign, wenn es dem Sänger trotz deutlich vernehmbarem Stimmpotenzial und großer Hingebung nicht gelingt, den Zuhörer lyrisch wie melodisch zu fesseln?
Mit zunehmender Abspieldauer beschleicht einen nach und nach das Gefühl, dass dem gebürtigen Kaiserslauterer eine Portion Mut zum textlichen Tiefgang gut getan hätte. Zwar wimmelt es auf "Karton" von sehr persönlichen Songs, doch von außen betrachtet kratzen diese meist nur sachte an der Oberfläche. Selbst das Piano-Stück "Du Fliegst Davon", das den übergroßen Schritt vom Kaff Winnweiler in die Metropole Berlin behandelt, erscheint nachvollziehbar, aber überraschungsarm.
Über die inhaltliche Langeweile könnte man vermutlich noch hinwegsehen, doch auch aus musikalischer Sicht drängt sich aus dem Gesamtbild vor allem eine Tatsache auf: Das eingangs erwähnte "Auf Dem Weg" bleibt der einzig überzeugende Moment. Zu plump und gewollt wirkt vergleichsweise die Akustik-Reggae-Nummer "Die Kleinen Dinge", viel zu zaghaft das leicht technoide "Du Und Ich". Am ansprechendsten gerät noch die Ballade "Wo Ist Dein Feuer", deren ruhig schreitendes Instrumental in angenehmem Maß an Clueso erinnert.
Zur bisherigen Vita Mark Forsters zählen bereits Auftritte bei The Dome und im ZDF-Fernsehgarten. Doch mit der medialen Aufmerksamkeit könnte es ebenso schnell wieder vorbei sein. Denn der 28-Jährige überbringt in seinem "Karton" eine mäßige Deutschpop-Lieferung, die neben dem hübschen Eröffnungshit leider nur B-Ware enthält. Schade.
2 Kommentare
Zum inderhaengematteliegen und indiewolkengucken echt zu empfehlen. PS: auf dem cover sieht der haar genau aus wie sido. ach ja sido. mir ist aufgefallen dass der song "mein block" an sehr vielen stellen and "give it away" von den peppers erinnert
sido? sieht eher aus wie ein generischer berliner hipster