laut.de-Kritik
Musik aus dem Herz.
Review von Giuliano BenassiWie entspannt sich Marc Knopfler mittlerweile ins Studio begibt, um mal wieder ein Album aufzunehmen, zeigt sich zu Beginn des ersten Stücks "5.15 a.m.": Zwei ruhige Gitarrenakkorde und Knopflers ruhige Stimme - das war's. Später unterstreichen ein leises Schlagzeug, eine zweite Gitarre und ein Klavier das Geschehen, aber sie stören nicht die ausgesprochen gelassene Stimmung.
Die sich auch im Titel von Knopflers vierter Soloplatte widerspiegelt: bei Shangri-La handelt es sich nicht um einen imaginären Ort oder einen religiösen Querverweis, sondern um das Studio in Malibu, in das er sich mit seinen treuen Begleitern Richard Bennett (zweite Gitarre), Jim Cox (Klavier, Orgel), Glenn Wolf (Bass), Chad Cromwell (Schlagzeug) und Chuck Ainlay (Co-Produzent) begab. "This is all the heaven we've got, right here were we are, in our shangri-la", fasst Knopfler die Atmosphäre am Ende des gleichnamigen Stückes zusammen.
Zwar knüpft er durch seine unverwechselbares Gitarrenspiel an seine Vergangenheit an, dennoch klingt das Album weit mehr nach Tom Petty in seiner ruhigen Phase als nach Dire Straits. Wie gewohnt handeln seine Texte von persönlichen Anliegen, ohne ins Private oder Kitschige auszuufern. Erinnert sich Knopfler in "5.15 a.m." an die Stimmung in der Heimat seiner Jugend, das nordenglische Newcastle, befasst er sich in "The Trawlerman's Song" mit dem Leben der Fischer. "All That Matters" ist eine Liebeserklärung an den Nachwuchs.
Es fehlen auch nicht Querverweise an verstorbene Vorbilder. "Back To Tupelo" ist eine kritische Auseinandersetzung mit Elvis' Filmkarriere, "Song For Sonny Liston" die Vertonung einer Aussage des Boxers ("Some day they gonna write a blues for fighters. It'll just be for slow guitar, soft trumpet and a bell"). "Donegan's Gone" ist eine Hommage an den irischen Skiffle-Musiker Lonnie Donegan. Eher ironisch fällt dagegen die erste Singleauskopplung "Boom, Like That" aus, die vom McDonald's-Erfinder Ray Kroc handelt.
Ob gewollt oder zufällig, Knopfler verwertet schon geschriebene Melodien. "Back To Tupelo" könnte von Bob Dylan stammen, während in "Postcards From Paraguay" Gordon Lightfoot seine Spuren hinterlassen hat. Das abschließende "Don't Crash The Ambulance" kommt Santanas "Smooth "nahe, auch wenn es langsamer ausfällt.
Mit "Shangri-La" liefert Marc Knopfler erneut ein spielfreudiges und harmonisches Album ab. Der Druck und die Erwartungen aus den Tagen mit den Dire Straits hat er längst hinter sich gelassen. Mittlerweile spielt er Musik, die ihm aus dem Herzen kommt. Dass er damit dennoch Charterfolge feiert, ist eine erfreuliche Nebensache. Dass ihm dabei nichts groß Neues mehr einfällt, sei ihm verziehen.
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