laut.de-Kritik
Das Last Minute-Abenteuer in die ferne Dümmlichkeit.
Review von Karim ChughtaiEs ist Sommer. Die Zeit, in der Marquess hemmungslose Bedürfnisse in Wallung geratener Club-Animateure befriedigen. Glücklicherweise ist auch nach dreijähriger Kreativ-Siesta Verlass auf die deutsch-spanische Arschbombe ins erfrischend falsche Nass. "Bienvenido". Ole.
Integration gelingt spielend, denkt man sich auch im Lager des deutschen Trios. Denn auch wer der spanischen Sprache nicht mächtig ist, kann zu mantraartig verabreichten Gröhl-Kastagnetten mitträllern. "Oh Oh", "Uuuuuh Uuuuh", "Ah Ah Ah Ah Ah", "Heyo Heyho". Und jetzt alle zusammen. Das sorgt für Stimmung in der Vollabsturz-Kaschemme nebenan.
Inhaltlich lassen lyrische Anker von Noche, Fuego, Passion, Luna bis Playa, Fulminante, Gigante auch jeden kulturell engstirnig gemaschten Sandalenstrumpf irgendwie erahnen, worüber die drei Möchtegern-Mariachis plaudern. "Bienvenido" kann genau durch dieses Konzept nicht ernstgenommen, sondern eher als Kamikaze-artiger Crashkurs für die deutsche Simulation des wilden Auslandes verstanden werden.
Musikalisch erinnert das an Mikrowellen-Paella mit verkochten Dosenzutaten aus Pop, Dance und ZDF-Fernsehgarten-Exotik. Guetta-Gamba, ("Bienvenido"), LMFAO-Flamenco ("Salva el dia"), Trash-Caramba ("Gigante"), Bacardi-Sonnenstich ("Como te llamas"), Sangria-Suizid ("Disco Volante"), Gipsy Kings-Curry Kings ("Mas"), Torero-Tragödie ("Por que"), Lyrik-Pleite ("Hijos de la luz"), Cowboy-Tapa ("Por el momento"). Für das regionale Hinterland ist das Villarriba als daheim gebliebenes Last Minute Abenteuer in die ferne Dümmlichkeit.
Und während in Villabajo noch geschrubbt wird, feiern Marquess schon längst die nächste Sause am Strand der akustischen Verdammnis. Ob mit ungelenken Sprechgesangseinlagen, balladesken Gefühlsduseleien oder unfassbar willkürlicher Feierei fernab jeglichen Niveaus, Marquess bieten ihren Stoff konstant lieblos, oberflächlich und zielgerichtet dar. Nicht einmal Urlaubskampagnen spielen Klischee-gespicktere Inhalte.
Die Strategie von "Bienvenido" ist zugleich auch dessen Problem: Der Versuch, spanische Musik kompromisslos einzudeutschen. Ein profitorientierter Import in Schlager-Schemen mit temporärer Pop-Referenz und ländercharakteristischer Note.
Es ist Sommer. Ja. Eine Veröffentlichung, deren Daseinsberechtigung von einer Jahreszeit legitimiert wird, ist eigentlich mehr als unnötig.
9 Kommentare
Richtig peinlich-dümmliche Musik - braucht keiner, will auch keiner hören!
"Will auch keiner hören!" - Schön wärs!
Wann auch immer ich im örtlichen REAL bin, mindestens ein Lied dieser.. äh, Band(?) müssen die mir immer antun. Sollen ja ganz nette und lustige Kerlchen sein, aber ihr Output ist einfach nur scheiße. Sorgt eher für Aggressionen, als für Urlaubsstimmung.
Ihr seid doch nur neidisch auf die weil die mehr Platten verkauft haben als du!
@TomKay:
Bei deinem Satz ist was schiefgelaufen!
Haha. Wunderschöner Text.