laut.de-Kritik
Bewegend wie die Tindersticks.
Review von Giuliano BenassiDass das sechste Album unter eigenem Namen einen Bruch mit der Vergangenheit darstellt, zeigt sich schon am Cover. Ließ Matt Elliott bislang die meisten seiner Platten vom Graphiker Uncle Vanya gestalten, verwendet er hier zum ersten Mal ein Foto. Natürlich eines mit einer starken Symbolik: Ein elegantes Wohnzimmer im Retro-Chic-Stil, in dem eine Frau im schwarzen Abendkleid leblos vor einem großen Spiegel liegt. Darin sieht man sie beim Betrachten ihrer schlanken Figur. Der Mythos des Narziss' in einer zeitgenössischen Interpretation.
Auch der recht sperrige Titel ist neu, inklusive einer gewissen Ironie, denn übersetzt bedeutet er: "Nur ein Herzinfarkt verursacht ein gebrochenes Herz". Tatsächlich zeigt sich Elliott von seiner entspannten Seite – zumindest für seine Verhältnisse. Wie gewohnt hat er Konzertgitarre, Gesang und allerlei Hintergrundfrickeleien selbst aufgenommen, doch lässt er sich diesmal von einem Kontrabass (Jeff Hallam), einer Viola da Gamba (David Chalmin) sowie Perkussionen und einem sanften Schlagzeug begleiten (Raphael Séguinier). Der Opener beginnt mit einer gezupften Gitarre, die der Melodie folgt, und Elliotts tiefer, sanfter Stimme, die zwar wie gewohnt von Katastrophen, Liebeskummer und ähnlichen Annehmlichkeiten berichtet, sich dabei aber anhört, als wollte sie ein Kind zum Einschlafen bringen.
Nach und nach kommen unheimliche Hintergrundgeräusche dazu, zwischendrin wird es wieder ruhiger, auch kommen die für ihn typischen klagenden Männerchöre zum Einsatz. Nach knapp 16 Minuten setzt dann unvermittelt eine Klangorgie ein, die Ennio Morricone zu bester Spaghetti-Western-Zeit kaum besser hingekriegt hätte. Das Stück ist erst nach 17:18 Minuten zu Ende. Respekt. Dabei handelt es sich nicht um ein programmatisches Prog-Rock-Stück oder eine Suite, "The Right To Cry" fließt vor sich hin wie ein Bach durch ein Tal. Mal schneller, wo es eng ist, mal ruhiger, wo es breiter wird.
Die folgenden sechs Stücke fallen ruhiger (und kürzer) aus. "I Would Have Woken You With This Song" ist ein Instrumental, "Prepare For Disappointment" enthält Flamenco-Elemente, das abschließende "De Nada" dürfte das entspannteste Stück sein, dass Elliott jemals aufgenommen hat.
Auf die wüsten Drum and Bass-Trips seines Alter Egos Third Eye Foundation verzichtet er diesmal weitgehend. Zumindest in der CD-Version, denn wie gewohnt erscheint das Album auch in aufwändigen Vinyl-Ausgaben (je nachdem, wie schnell man bestellt, in unterschiedlichen Farben und mit Autogramm), die dann auch zwei Remixe enthalten. Der Titel des ersten, "All Of Our Leaders Are Sociopathic, Criminal Monsters Who Should Be Locked Away Far From Any Kind Of Power For The Good Of All Humanity" sagt viel über Elliotts Einstellung zur aktuellen politischen Lage aus.
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