laut.de-Kritik

Am Ende bleibt Musik deine beste Freundin.

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Man schwelgt gerne in Erinnerungen, und bei manchen Namen fällt sofort der Groschen. Auch, wenn man ein wenig den musikalischen Kontakt verloren hatte: Bei Maximilian Hecker beamt man sofort ins Jahr 2001. Da war dieses Debüt, Infinitive Love Songs. Schon damals, im Bann der englischen Gitarrenmusik gefangen, musste man seiner Stimme einfach folgen. "Leise ist das neue laut", hieß es vor 23 Jahren, und das gilt auch für seine mittlerweile 10. Veröffentlichung "Neverheart".

Will you please be quiet? Ja, bitte. Immer gerne. Bereits beim ersten Song "Two-Toned Love" sitzt man ganz still da und schweigt. Zwischen Hoffnung und Enttäuschung, jemanden an sich ranziehen und wieder wegdrücken. Ereignisse, die jeder einmal erlebt hat oder erleben musste. Aber dann hörst du ein Piano - ein Instrument, das alle Wunden zu heilen vermag. Ein wunderbares Instrument in der Popmusik, das perfekt mit Heckers melancholischer Stimmfarbe ("Falling Star") harmoniert.

Seinen Sigur Rós-Vibe hat Hecker nicht verloren. Klavier ist die neue Gitarre: Wenn sich Künstler wie Damon Albarn oder Nick Cave an die Tasten setzen, kommen noch mal ganz andere Gefühle auf. Wer träumt nicht vom Mann, der in einer großen Altbauwohnung an den Tasten sitzt, wenn du nach Hause kommst? Da ist die Welt wieder in Ordnung, auch wenn sie eigentlich ziemlich am Arsch ist.

Maximilian wuchs in Ostwestfalen auf und landete später in Berlin. Hier spielte er mit seinen bittersüßen Songs zuerst auf der Straße, bevor man ihn auf die Bühne holte. Die Liebe vergeht, aber Maximilian bleibt sich treu. Der Hang zur Romantik und tiefe Emotionen spiegeln sich in seinen Balladen wieder. Seine Melodien tragen jeden Liebesschmerz ("Long-Lost Crazy Love"). Da ist man einerseits in der Nimmerland-Welt Peter Pans gefangen. Niemals erwachsen werden, und sich lieber um die Sorgen anderer kümmern als um sich selbst. Ein stetiger Kampf zwischen Hoffnung und Verzweiflung.

Auf der anderen Seite nimmt "Neverheart" auch Bezug auf das Märchen "Das Kalte Herz" von Wilhelm Hauff. Für die Liebe verliert man schnell mal sein gutes Herz und wird zum eiskalten Gefühlsbanausen. Liebe macht glücklich, aber ist doch meistens kompliziert und ernüchternd. "You're crying in the face of love / Crying out your wasted heart / You're drying up while you're falling down apart." ("Trying Hard To Never Understand")

Hecker pendelt zwischen Literatur und Popmusik, dabei zieht sich das Thema Liebe wie ein roter Faden durch das Leben des Musikers. "Lottewelt" heißt sein neues Buch, auch hier steht das Zwischenmenschliche im Vordergrund. Traumatische Erlebnisse beherrschen und begleiten das Liebesleben des Protagonisten. Es steckt viel Autobiografisches in der Geschichte, die u.a. in Korea spielt. Über seine Eindrücke als Musiker in Berlin schrieb er bereits 2012: "The Rise And Fall Of Maximilian Hecker".

Asien gehört zu Heckers großen Leidenschaften, dort besitzt er immer noch eine bedeutende Fangemeinde. In China tourte er ebenfalls. Zu verdanken hat er das seinem ersten Label, Kitty-yo, das damals international aktiv war, so landeten seine Dreampop-Alben u.a. in Seoul und Peking in den Plattenläden. Wir hoffen nun auf Live-Events im Zuge der neuen Platte. Denn am Ende bleibt Musik deine beste Freundin.

Trackliste

  1. 1. Two-Toned Love (Part I)
  2. 2. Suspended Heart
  3. 3. Falling Star
  4. 4. Long-Lost Crazy Love
  5. 5. Losing Heart
  6. 6. Leave-Taking Song
  7. 7. Two-Toned Love (Part II)
  8. 8. Trying Hard to Never Understand
  9. 9. Fall in Love, Fall Apart
  10. 10. Neverheart

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